Marketing in Zeiten des neuen § 26 Abs. 3 WEG, der Eigentümergemeinschaften kurzfristige Kündigungen ermöglicht.
Der neue § 26 Abs. 3 WEG ist hart und eindeutig: „Der Verwalter kann jederzeit abberufen werden. Ein Vertrag mit dem Verwalter endet spätestens sechs Monate nach dessen Abberufung.“ Die Neuregelung ist hart, aber man kommt mit ihr klar, wenn man sich entsprechend aufstellt. Zunächst einmal zum Inhalt der neuen Regelung: sie ermöglicht Eigentümergemeinschaften eine relativ kurzfristige Kündigung des Verwaltervertrages, auch wenn dieser eigentlich noch eine lange Laufzeit hätte, und es muss nicht einmal ein sogenannter wichtiger Grund vorliegen. Der Verwalter hat darüber hinaus nicht einmal das Recht, den Abberufungsbeschluss anzufechten. Im Gegensatz zur Kündigung aus wichtigem Grund besteht der Verwaltervertrag noch maximal sechs Monate fort, für die der Verwalter zu vergüten ist. Dies ist – freundlich gesprochen – eine relativ seltsame Gesetzesänderung aus völlig fehlgeleiteten Verbraucherschutzgedanken, aber es hat keinen Sinn hier zu lamentieren. Grundsätzlich gibt es gegenüber diesen stark vereinfachten Kündigungsmöglichkeiten keine Patentlösungen, aber es gibt einige Marketingoptionen, die helfen, das Risiko zu minimieren.
Wichtig ist zunächst einmal ein Marketing nach innen, d.h. in Richtung der eigenen Mitarbeiter. Dieses interne Marketing wird vielfach unterschätzt, dabei ist es ein Schutzschild gegenüber derartigen Kündigungen. In Mitarbeiterschulungen sollte den Mitarbeitern klargemacht werden, dass letztendlich alle in einem Boot sitzen und dass das Wohl des Unternehmens, aber vor allem auch ihre eigene Arbeitsplatzsicherheit, davon abhängt, derartige Kündigungen zu verhindern und dass es ihre Aufgabe ist, die Geschäftsleitung zu informieren, wenn sich mögliche Probleme abzeichnen, um gemeinsam aktiv zu werden. Wichtig ist, dass die Mitarbeiter, von den Sachbearbeitern über die Hausmeister (auch wenn diese bei den Anlagen beschäftigt sind) bis hin zu den Telefonzentralen, im Frühstadium die „schwachen Signale“ erkennen, wenn sich negative Stimmung aufbaut und entsprechende Informationen umgehend weitergeben. Dass dies im Frühstadium geschieht ist wichtig, da sich hier noch keine harten Fronten aufgebaut haben und sich noch viel mit relativ geringem Aufwand einrenken lässt – ganz im Gegensatz zum Spätstadium, wenn im Extremfall schon der Kündigungsantrag auf dem Tisch liegt und man nur noch Pathologie betreiben kann.
Zur Sensibilisierung ist es zunächst hilfreich, die Haupt-Abberufungsgründe bei WEG-Verwaltern herauszuarbeiten. Dies sind zumeist Abrechnungsstreit, schwierige WEG-Eigentümer, Ärger bei Sanierungsmaßnahmen, mangelnde Kundenorientierung, Mitarbeiter, die in der Anlage nicht sichtbar genug sind, Streit mit Verwaltungsbeiräten und teilweise gerät der Verwalter beim Streit unter den Eigentümern zwischen die Fronten.
Wie auch immer, viele dieser Gründe liegen im zwischenmenschlichen Bereich und am unzureichenden Kundenservice. Auch diesbezüglich sollten die Mitarbeiter vor dem Hintergrund der verschärften Abberufungsmöglichkeiten systematisch geschult werden.
Grundsätzlich empfiehlt sich für Immobilienverwaltungen ein Scanning wie auch ein Monitoring. Beim Scanning wird versucht, die eigenen Anlagen, die zentralen Akteure auf Kundenseite, aber auch Anspruchsgruppen in der Nachbarschaft der Objekte sowie die Kommunalpolitik systematisch im Hinblick auf potentielle Themen bzw. Problemquellen im Auge zu behalten. Hierauf setzt das Monitoring auf; einmal erkannte Themen werden konsequent weiterverfolgt, teilweise werden bereits Abwehrmaßnahmen ergriffen.
Ein relativ einfaches und absolut kostengünstiges Verfahren, um sich aufbauende negative Stimmungen und damit Abwahlrisiken zu erkennen, sind Kundenbefragungen. Notwendig sind hier nicht komplexe Fragebögen, sondern kompakte, die vor allem auch offene Frageblöcke enthalten, da diese Stimmungen relativ gut auffangen und den Befragten die Chance geben, ihr Herz auszuschütten. Soweit die Verwaltung ihre Kunden anmailen darf, kann dies elektronisch erfolgen, ansonsten kann ein ein- bis zweiseitiger Fragebogen auch der jährlichen Abrechnung beigelegt werden.
Ein ganz wichtiger Player, wenn es um die Abberufung oder noch besser die Verteidigung gegen eine solche geht, sind die WEG-Beiräte. Dort, wo diese hinter dem Verwalter stehen, wird es vielfach auch nicht zur Abberufung kommen. Dort, wo die Rufe den Verwalter abzulösen aus den Reihen der Beiräte kommen, besteht eine maximale Gefährdung. Insofern ist ein konsequentes Marketing in Richtung dieser wichtigen Zielgruppe von großer Bedeutung. Denkbare Marketingmaßnahmen hierfür sind beispielsweise die verstärkte Kommunikation mit den Verwaltungsbeiräten, ein eigener Newsletter für die WEG-Beiräte der eigenen Anlage, ein eigener Beirats-Ordner mit entsprechenden Einlegeblättern, in den schon Kernunterlagen eingeheftet sind, bis hin zu eigenen Beirats-Seminaren oder auch Webinaren.
Soweit das unschöne Thema Abberufung trotz aller Vorsichtsmaßnahmen bei der Eigentümerversammlung oder in deren Vorfeld diskutiert wird, empfiehlt es sich deutlich zu machen, dass die Anlage für die sechs Monate zwei Verwalter gleichzeitig bezahlen muss – dies sollte den einen oder anderen zum Nachdenken bringen.
Wenn die Vertragslaufzeit allerdings an die Bestellungszeit des Verwalters gekoppelt ist, führt dies „…dann dazu, dass [sich] auch bei einer Abberufung des Verwalters ohne Grund der Verwaltervertrag entgegen der gesetzlichen Regelung sofort ändert, also kein Fortbestand des Vergütungsanspruchs (in welcher Höhe auch immer) für die kommenden sechs Monate besteht.“ (Bergerhoff, Skript zum IVD-Verwalterkongress am 5.2.21). Diese Koppelungen sollten daher unbedingt vermieden werden. Darüber hinaus sollten neue aber auch laufende Verwalterverträge im Hinblick auf die neue Gesetzeslage untersucht und angepasst werden.
Fazit: die erleichterten Abberufungsmöglichkeiten sind für Immobilienverwalter ein lästiges Thema, das die kaufmännische Planung deutlich erschwert. Soweit sich Verwaltungen allerdings der Risiken bewusst sind, sich entsprechend aufstellen und ein konsequentes Marketing betreiben, sollte das Thema jedoch handhabbar sein.