PN 131 – Studentisches Wohnen – ein besonders trauriges Dauerthema

Editorial von Prof. Stephan Kippes in der Fachzeitschrift „IMMO PROFESSIONAL“ des IVD Süd (Ausgabe 4/24)

 Es gibt auf den ersten Blick unscheinbare Kennzahlen, die sehr viel über den jeweiligen Wohnungsmarkt aussagen. Eine dieser Kennzahlen ist die Unterbringungsquote – ein rein begrifflich sehr seltsames, antiquiert klingendes Wortungetüm, das irgendwie Assoziationen in Richtung von geschlossenen Anstalten bis hin zu Gefängnissen auslöst. Ein alles andere als sympathisch klingendes Wort.

Wie auch immer, die Unterbringungsquote bringt zum Ausdruck, wie viel Prozent der Studierenden in einer bestimmten Stadt in Wohnheimen Platz finden. Berücksichtigt sind in den Studierendenwerk-Zahlen (Übersicht 2023) Wohneinheiten mit öffentlicher Belegungs- und Mietbindung, aber auch Wohnheimplätze, die ohne öffentliche Förderung errichtet wurden bzw. nach Ende der Miet-/Belegungsbindung zu sozialen Mieten an Studierende vermietet werden. Betrachtet man dann neben der Unterbringungsquote noch die Mieten für Wohnungen mit einfachem Wohnwert, auf die sich vorzugsweise Studenten bewerben, oder um die sie sich rangeln müssen, bekommt man ein erstes, durchaus aussagekräftiges Bild des jeweiligen Mietmarktes, und zwar nicht nur für das studentische Wohnen. Denn: die Situation in dem zumeist angespannten Marktsegment Studentenwohnungen ist ein guter Gradmesser für den gesamten Mietwohnungsmarkt der jeweiligen Stadt.

Mit weniger als 10% Unterbringungsquote fallen beispielsweise Berlin (5,1%), Köln (6,9%), Hannover (7,1%), Hamburg (7,9%), Bremen (8,1%), München (8,8%) und Frankfurt (9,3%) sehr unschön auf. Nur auf die Unterbringungsquote zu starren ist allerdings zu wenig, denn fällt diese niedrig aus, kommt es sehr stark auf die übrige Marktsituation an. Eine niedrige Quote bei einem entspannten Markt und bezahlbaren Mieten ist unproblematisch. Kritisch wird es, wenn es sich um einen angespannten Mietwohnungsmarkt mit wenig Studentenwohnungen und einem hohen Preisniveau handelt. Dies ist aber leider vielfach der Fall.

Je nach Stadt gibt es jedoch beträchtliche Unterschiede, wenn man die Unterbringungsquote in Relationen zu den Mieten für Bestandswohnungen im einfachen Wohnwert (IVD Preisspiegel 2024) setzt. Einige Beispiele: Berlin (5,1%/9,50€ in 2023), Köln (6,9%/10€), Hannover (7,1%/8,40€), Hamburg (7,9%/10,05€), Bremen (8,1%/8,50€), München (8,8%/14€) und Frankfurt (9,3%/11,15€).

Ein besonders trauriges Bild gibt in diesem Zusammenhang München ab: Hier gibt es die höchsten Mieten der oben aufgeführten Städte und die Unterbringungsquote sank von, vor dem Hintergrund des sehr schwierigen Münchner Mietmarktes, sehr mäßigen 12,3% im Jahr 2003 auf den noch niedrigeren Wert von 8,77% im Jahr 2023. Ca. 1.800 Wohnheimplätze (davon ca. 1.500 in der Studentenstadt) stehen aufgrund umfassender Sanierungen und längerem Kompetenzgerangel nicht zur Verfügung und das schon seit mehreren Jahren und für einige weitere Jahre.

Die Zahlen zeigen sehr plastisch, es besteht ein dringender Handlungsbedarf, speziell weil die Studentenzahlen an vielen Standorten über die Jahre gestiegen sind, aber hinsichtlich der Wohnsituation viel zu wenig passiert ist. Der Mangel an Wohnheimplätzen hat damit in diesen Städten den normalen Mietmarkt, der dort vielfach ebenfalls sehr angespannt ist, noch zusätzlich belastet. Dabei sind die verantwortlichen Ministerien nicht zu verstehen, die einerseits die Studentenzahlen an den Hotspots weiter steigen ließen, ohne entsprechend engagiert Wohnraum zu schaffen. Hätte man mehr Studienplätze in der Fläche, d.h. in eher ländlichen Regionen geschaffen, in denen Wohnraum günstig ist und vielfach sogar Leerstand herrscht, hätte das Problem nicht diese Dimension erreicht. Gleichzeitig hätte man auch ein wichtiges Stück Strukturpolitik geleistet.

Es ist höchste Zeit aktiv zu werden, und zwar nicht nur in München, sondern in vielen anderen Groß- wie auch Studentenstädten. Einerseits postuliert die Politik einen hohen Bedarf an qualifizierten Hochschulabsolventen und andererseits ist die Wohnraumversorgung vielfach indiskutabel und Studenten sind wochenlang mit Wohnungssuche blockiert. Es kann nicht sein, dass Studenten zu Beginn eines Wintersemesters bei Minustemperaturen notgedrungen irgendwo in Wohnwägen übernachten müssen, oder aber wie etwa zu Beginn dieses Wintersemesters in Münster zu Dutzenden einige Tage in Turnhallen ausharren müssen, weil sie keine Wohnung finden. Das Thema muss endlich engagiert angegangen werden.

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