BGH, Urteil vom 21.06.2024, V ZR 79/23
Leitsatz:
Als Wohnung verkaufte Räume im Souterrain eines Altbaus, die bei Gefahrübergang erhebliche Wandfeuchtigkeit aufweisen, sind regelmäßig weder für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung noch für die gewöhnliche Verwendung zum Wohnen geeignet und infolgedessen mangelhaft.
Der Sachverhalt:
Verkauft wurde eine im Souterrain eines Altbaus (Baujahr 1904) gelegene Wohnung. Die Verkäufer haben im Exposé zum einen eine „Kernsanierung“ im Jahr 1999 angegeben, zum anderen angegeben: „Sanierung Mauerwerksfeuchte: Eine Außenwand weist Feuchtemängel auf. Die Kosten für die Behebung gehen zulasten des jeweiligen Eigentümers der Wohnung, nicht zu Lasten der Eigentümergemeinschaft. Die Kosten sind daher bereits bei der Preisfindung berücksichtigt.“ Bei einer Besichtigung der Immobilie war der Oberboden in einem der Räume entfernt und in anderen Räumen teilweise geöffnet. Im Nachhinein stellte sich für die Käufer heraus, dass die Wohnung umfänglich Feuchtigkeitsschäden aufweist. Im Kaufvertrag war ein Haftungsausschluss vereinbart, in dem ebenfalls von einem Feuchtigkeitsschaden an der Außenwand eines Zimmers sowie dem Baujahr des Gebäudes die Rede war, gleichzeitig der Hinweis enthalten war, dass zukünftige Probleme mit Feuchtigkeit nicht ausgeschlossen werden könnten. Die Käufer machen wegen der Feuchtigkeitsschäden Schadensersatz wegen der im Zeitraum der notwendigen Sanierung aufgewendeten Mietkosten geltend. Die Klage wurde in erster und zweiter Instanz zurückgewiesen. Der BGH hat auf Revision hin das zurückweisende Urteil des Oberlandesgerichts aufgehoben und den Fall ans Oberlandesgericht zurückverwiesen, weil noch weitere Sachverhaltsfragen zu klären waren. Für diese Pressenotiz entscheidend ist die Stellungnahme des BGH zu dem Mangelbegriff und dazu, welche Aufklärungspflichten einen Verkäufer einer solchen mit einem Feuchtigkeitsmangel belegten Wohnung treffen.
Die Entscheidung:
Zunächst bestätigt der BGH seine Rechtsprechung, dass Angaben in einem Exposé, wenn sie nicht im Kaufvertrag selbst Eingang finden, nicht zu einer Beschaffenheitsvereinbarung führen (vgl. mittlerweile § 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt der BGH aber zu dem Ergebnis, dass die verkauften Wohnungen wegen der erheblichen Wandfeuchtigkeit nicht mehr der üblichen und zu erwartenden Beschaffenheit einer im Jahr 1904 errichteten Liegenschaft entsprechen. Die Feuchtigkeit stelle vielmehr einen Sachmangel dar, weil die Wohnung mit einem solchen umfassenden Feuchte-Schaden nicht mehr die Beschaffenheit aufweist, die bei einem Kaufobjekt derselben Art üblich ist und die der Käufer erwarten kann (vergleiche § 434 Abs. 3 S. 1 Nr. 2a BGB). Ob darüber hinaus die Angaben im Exposé eine solche von der üblichen Beschaffenheit abweichende Mangeleigenschaft begründet, konnte der BGH offenlassen (siehe dazu § 434 Abs. 3 S. 1 Nr. 2b BGB, worin geregelt ist, dass sich die übliche und für den Käufer zu erwartende Beschaffenheit auch aus öffentlichen Äußerungen, etwa einem Exposé ergeben kann). Er kommt nämlich zu dem Ergebnis, dass zwar bei alten Häusern nicht mit einem Baustandard zu rechnen ist, wie ihn moderne Bauten haben, die gegen Grund-Feuchtigkeit besser geschützt sind. Wenn aber die Trockenheit von Räumen für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung erforderlich ist, hat der BGH schon für reine Kellerräume entschieden, dass auch bei Altbauten nicht der (schlechtere) altersmäßige Standard zu erwarten sei, sondern der Standard, der eben einzuhalten ist, damit die Immobilie zu dem nach dem Vertrag vorausgesetzten Verwendungszweck genutzt werden kann. Da es sich vorliegend um eine Wohnung handelt, die vertraglich vorausgesetzte Verwendung also das Wohnen ist, kann nach BGH der Käufer regelmäßig erwarten, dass die Wohnung trocken ist, auch wenn sie in einem Altbau gelegen ist. Der BGH hat zu dem Haftungsausschluss geurteilt, dass dieser nicht einschlägig ist, wenn die Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen haben. Insoweit ist nach Zurückverweisung an das Berufungsgericht noch Beweis zu erheben. BGH hat dazu aber ausgeführt, dass im Falle einer Täuschung durch Verschweigen eines offenbarungspflichtigen Mangels arglistig handelt, wer einen Sachmangel mindestens für möglich hält und gleichzeitig weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Vertragsgegner den Sachmangel nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte. Insoweit waren von dem Berufungsgericht verschiedene Beweisangebote nicht erhoben worden, was allein schon zur Zurückverweisung geführt hat. Wichtig ist noch, dass laut BGH – wenn Mängel bei einer Besichtigung dem Käufer ohne weiteres zugänglich und erkennbar sind – eine Offenbarungspflicht zwar nicht besteht. Arglistiges Verschweigen nimmt der BGH aber in den Fällen an, in denen der Verkäufer den wahren Umfang der aufklärungspflichtigen Tatsachen nicht angibt, sondern diese bagatellisiert. Nicht ohne weiteres hätten im zu entscheidenden Fall die Käufer wegen der Bauteilöffnungen bei Besichtigung auf umfangreiche Feuchtigkeitsschäden schließen müssen. Der BGH kommt sogar zu dem Ergebnis, dass vorliegend reine Arglist deswegen in Betracht kommt, weil die Verkäufer ja angegeben haben, dass Feuchtigkeitsprobleme in einem bestimmten Raum bestünden, während sie tatsächlich die ganze Wohnung betreffen.
Auch eine Kenntnis der Käufer, die Mängelrechte ausschließen würde, verneint der BGH grundsätzlich. Er lehnt es insbesondere ab, aus dem Umstand, dass der Kaufpreis wegen des Feuchtigkeitsschadens herabgesetzt wurde, eine Kenntnis der Käufer abzuleiten. Auch insoweit bezieht sich der BGH darauf, dass die Verkäufer die Feuchtigkeit ausdrücklich ja nur für eine Außenwand angegeben haben, nicht aber für die gesamte Wohnung.
Anmerkungen und Tipp:
Das Urteil kann als Fortschreibung der bisherigen Rechtsprechung des BGH zu Aufklärungspflichten des Verkäufers, der Kenntnis von einzelnen Mangelsymptomen der verkauften Immobilie hat, gewertet werden. Erkennt ein Verkäufer, dass Mangelsymptome vorliegen, hat er insoweit vollständig aufzuklären und es zu unterlassen, die damit verbundenen Nachteile zu bagatellisieren.