Kakerlakenbefall mindert die Miete! OLG Karlsruhe, Urt. v. 21.06.2022 – 9 U 112/19

Zum Sachverhalt:

Der Mieter mietete ein Ladengeschäft für Damenbekleidung. Aufgrund von Mietrückständen kündigte der Vermieter das Mietverhältnis und klagt auf Räumung und Herausgabe der Mietsache. Im Rechtsstreit wendet der Mieter ein, nicht die volle Miete zu schulden, weil diese wegen eines Kakerlakenbefalls im Inneren der Mietsache gemindert sei. Diesen Befall hätte er bereits 2016 umgehend nach Beginn des Mietverhältnisses dem Vermieter gegenüber angezeigt. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Vermieter dem Mieter den Einsatz eines Kammerjägers angeboten und dieser ihn abgelehnt hat. Das Landgericht verurteilte den Mieter zur Räumung und Herausgabe. Hiergegen wendet sich der Mieter mit der Berufung.

Aus den Gründen:

Mit Erfolg! Das OLG Karlsruhe gibt der Berufung statt und weist die erhobene Klage ab. Es sieht keinen kündigungsrelevanten Mietrückstand als gegeben an, da der Mieter berechtigt war, die Miete wegen des Kakerlakenbefalls mindestens um 30 % zu mindern. Das Vorhandensein von Ungeziefer in einem gemieteten Ladengeschäft stelle einen Mangel der Mietsache dar, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch nicht unerheblich beeinträchtige. Ein Mieter eines Ladengeschäfts müsse mit einem solchen Befall nicht rechnen. Auf die Ursache des Mangels komme es nicht an. Unerheblich sei für das Bestehen des Mangels auch, ob und wieweit den Vermieter ein Verschulden an der Entstehung des Mangels treffe. Kunden in Deutschland würden keinen Ungezieferbefall in einem Bekleidungsgeschäft erwarten. Der Mieter müsse jederzeit damit rechnen, dass Kakerlaken von der Kundschaft wahrgenommen würden, was zur Beeinträchtigung des Rufs des Bekleidungsgeschäfts führen würde. Zudem müsste der Mieter mit Fraßschäden durch Kakerlaken rechnen. Die Tauglichkeit des vertragsgemäßen Gebrauchs der Mietsache sei unter diesen Umständen um mindestens 30 % gemindert. Gründe, die zum rechtlichen Ausschluss der Minderung führen würden, sah das Berufungsgericht nicht als erwiesen an, insbesondere nicht, dass der Vermieter dem Mieter den Einsatz eines Kammerjägers angeboten und dieser ihn abgelehnt hätte.

Praxishinweis:

Vermieter sollten Mängel an der Mietsache schnell abhelfen. Im Falle von vom Mieter verschuldeten Mängeln, kann der Vermieter erforderliche Mängelbeseitigungskosten im Wege des Schadensersatzes vom Mieter erstattet verlangen. Sollte der Mieter die Mängelbeseitigungsmaßnahmen ablehnen, sollte der Vermieter dies beweissicher dokumentieren und die angebotenen Mängelbeseitigungsmaßnahmen aus Gründen der Rechtssicherheit durchsetzen.

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