PN 101 – IVD-Einzelhandelsfluktuations-Studie für München: Kaufingerstraße und Leopoldstraße mit meisten Veränderungen im Jahresvergleich

Steigende Leerstände in hochfrequentierten Einkaufsstraßen; Mehrere Traditionsgeschäfte überleben Corona-Krise nicht

Das Marktforschungsinstitut des IVD Süd e.V. hat die Einzelhandelsfluktuation in Münchener 1a- und 1b-Einzelhandelslagen untersucht. Die Publikation kann über ivd-sued.net bestellt werden. „Abermals konnten in der Münchener Innenstadt während des vergangenen Jahres zahlreiche Veränderungen im Ladenbestand registriert werden, zu großen Teilen auch in Folge der Corona-Krise“, so Prof. Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungsinstituts. „Kann man nicht unbedingt von einem Ladensterben sprechen, so sind durchaus vermehrt Geschäftsaufgaben auch in Top-Lagen zu beobachten.“

München gilt seit jeher als einer der führenden Einzelhandelsstandorte in Deutschland. Dank hervorragender wirtschaftlicher Rahmenbedingungen, einer starken Kaufkraft in der Stadt und der Region sowie hoher Passantenzahlen in den Top-Einkaufsmeilen fanden sich über die Jahre zahlreiche nationale sowie internationale Einzelhändler ein. Neben den Global Players, die oftmals mit großen Flagship-Stores vertreten sind, sorgen genauso die vielen Traditionsgeschäfte für das vielfältige Straßenbild in der bayerischen Landeshauptstadt.

Von den ökonomischen Auswirkungen der Corona-Krise blieb auch der Standort München nicht verschont. Aufgrund landesweiter Lockdown-Maßnahmen sowie globaler Reisebeschränkungen blieben Kunden und somit auch Umsätze im ohnehin kriselnden stationären Einzelhandel sowie in der Gastronomie und Hotellerie aus. Mussten während des ersten Lockdowns im Frühjahr alle drei Sparten ihren Betrieb einstellen, so darf während des „Lockdown light“ immerhin der stationäre Einzelhandel sein Geschäft unter strengen Hygienevorschriften fortführen. Eine Verlängerung der derzeitigen Corona-Maßnahmen in die Vorweihnachtszeit hinein, also in die für gewöhnlich umsatzstärkste Zeit des Jahres, wird den stationären Händlern weiter zusetzen.

Die in der aktuellen Studie vorgestellten Ergebnisse basieren auf einer Vor-Ort-Sichtung des Ladenbesatzes in den Münchner 1a- und 1b-Einzelhandelslagen, die im September 2020 stattfand. Die IVD-Fluktuationsquote gibt den Anteil der Veränderungen gemessen an der jeweiligen Gesamtzahl der Läden wieder, der im Zeitraum September 2019 – September 2020, also innerhalb eines Jahres, registriert wurde.

Das Münchner Straßenbild wird heute vielerorts von Geschäften aus der Kategorie “Fashion/Accessoires/Beauty“ geprägt, aber auch ein vielseitiges gastronomisches Angebot ist vorzufinden. Der Filialisierungsgrad in der Innenstadt hat über die Jahre spürbar zugenommen, so zu sehen in den beiden Top-Einkaufslagen: In der Kauffingerstraße liegt der Anteil der Filialisten 2020 bei 96 % (2005/2006: 92 %), in der Neuhauser Straße bei 83 % (2005/2006: 77 %).

An der Fluktuation der Einzelhändler gemessen, ist in der Münchner Innenstadt eine dynamische Bewegung am Markt zu beobachten.

Zu vier Veränderungen im Ladenbestand kam es in der aktuellen Untersuchung in der Kaufingerstraße – mit einer Fluktuationsquote von 13 % im Jahresvergleich 2019 zu 2020 steht die Top-Einkaufsmeile zusammen mit der Leopoldstraße, die ebenfalls eine Fluktuationsquote von 13 % aufweist, an der Spitze der diesjährigen Betrachtung.

Mit u.a. Pimkie, Orsay und s.Oliver mussten mehrere Filialisten aus der Sparte „Fashion/Accessoires/Beauty“ ihre Läden schließen. Douglas eröffnete Ende November in der Kaufingerstraße 17 seinen neuen Münchner Flagship-Store. Das US-Modelabel Urban Outfitters bezog bereits im Spätsommer seine Filiale – im größten Store auf dem europäischen Festland bietet das Unternehmen seine umfangreiche Produktpalette an.

In der ebenfalls hochfrequentierten Neuhauser Straße kam es im Jahresvergleich 2019 zu 2020 zu sechs Veränderungen. Bei einem Besatz von 65 Läden liegt die Fluktuationsquote bei 9 %. Der erst Ende 2017 eröffnete Disney-Store sowie die ehemaligen Filialen von H&M, Desigual und Zara mussten, u.a. auch in Folge der Corona-Pandemie schließen – die zu beobachtenden Leerstände sind ein ungewohntes Bild für die Topeinkaufsmeile. Zum Ladenbestand hinzugekommen sind eine Feinkostfiliale von Gepp´s – die fünfte ihrer Art in München – sowie eine trend optic-Filiale.

In der Sendlinger Straße fand durch die Schaffung einer Fußgängerzone im Jahr 2017 eine erhebliche Aufwertung statt, der Filialisierungsgrad nahm zu. In Folge dessen kam es in den vergangenen Jahren zu zahlreichen Veränderungen im Ladenbesatz, die Fluktuationsquote im Zeitraum 2019 zu 2020 beträgt 7 % (sechs Veränderungen). Derzeit sind auch in der beliebten Einkaufsstraße Leerstände zu beobachten. Das Traditionsunternehmen Jeans Kaltenbach, das bereits seit 1953 am Markt ist, musste in Folge der Corona-Krise Insolvenz anmelden und mit der Filiale in der Sendlinger Straße eines seiner beiden Geschäfte in der Münchner Innenstadt schließen.

Nur zu einer Veränderung im Ladenbesatz (Fluktuationsquote: 3 %) kam es seit vergangenem Jahr am Marienplatz. Bereits im Frühjahr schloss das temporäre Kaufhaus Coco Monaco, ein Pop-Up-Store, der im September 2019 eröffnete, wieder. Zum Jahresende 2020 wird das traditionsreiche Sportgeschäft Münzinger, das bereits auf eine 130-jährige Firmengeschichte zurückblickt, aus dem Straßenbild verschwinden. War die Lage für das Kaufhaus bereits vor der Corona-Krise angespannt, so verschärfte sich die Situation mit Beginn der Pandemie weiter.

Bei einer Fluktuationsquote von 11 % zwei Veränderungen innerhalb des vergangenen Jahres gab es in der Dienerstraße. Als neuer Mieter unlängst hinzugekommen ist der Pop-Up-Store der Münchner Buchmacher, ein Zusammenschluss von sieben kleinen Münchner Verlagen.

In der Residenzstraße, die vom Marienplatz aus gesehen die Verlängerung der Dienerstraße darstellt, lag die Fluktuationsquote bei drei Veränderungen im Ladenbesatz bei 10 %. In der kurzfristigen Betrachtung seit 2019 kam es auch hier zu einigen Leerständen. Mit der Welser Kuche am Odeonsplatz schloss eine weitere Traditionsgaststätte ihre Pforten.

Im Tal kam es bei einer Fluktuationsquote von 5 % zu 3 Verschiebungen im Ladenbesatz. Im Mai 2020 meldete das bekannte Paulaner im Tal als einer der ersten prominenten Gastronomiebetriebe in München in Folge ausbleibender Besucherzahlen Insolvenz an. Die Adresse wird bereits seit 1524 als Wirtshaus genutzt – ob sie auch in dieser Form erhalten bleibt, wird sich zeigen.

Ein neuer Mieter im Tal kam mit Almwelt hinzu – auf insgesamt drei Stockwerken bietet das Unternehmen eine exklusive Auswahl an traditioneller Trachtenmode. Neben mehreren Filialen im süddeutschen und österreichischen Raum präsentiert Almwelt sein Sortiment nun auch in der bayerischen Landeshauptstadt. Derzeit ist die Münchner Filiale geschlossen

Auch in der Maximilianstraße – der Edelmeile Münchens – gab es bei einer Fluktuationsquote von 5 % seit vergangenem Jahr nur drei Änderungen im Straßenbild. U.a. eröffnete die spanische Marke Loewe, die hochpreisige Lederwaren und andere Luxusgüter der Modebranche anbietet, ihren ersten eigenständigen Flagshipstore in der Bundesrepublik.

Zu keinen Veränderungen im Untersuchungszeitraum der Studie kam es in der Weinstraße. Mit dem direkt zum Marienplatz ausgerichteten Gasthaus Donisl, das kaum mehr aus dem Straßenbild wegzudenken ist, wird eine weitere traditionsreiche Gaststätte die Krise nicht überleben. Nach einvernehmlicher, vorzeitiger Auflösung des Pachtvertrags hat das beliebte Wirtshaus nun zum Jahresende seine Pforten geschlossen.

Auf den Grundstücken der Weinstraße 7 und 7a soll derweil auf einer Fläche von rd. 3.500 m² die neue „FC-Bayern-Welt“ noch in diesem Jahr ihre Pforten öffnen. Mit dem neuen Flagship Store des deutschen Rekordmeisters, einem Boutique-Hotel sowie einem umfangreichen gastronomischen Angebot warten mehrere Highlights auf die Besucher.

Bei einem Ladenbestand von nur 8 Einheiten konnten auch in der Rosenstraße keine Veränderungen registriert werden. Der Signa-Konzern des österreichischen Investors und Kaufhof-Eigners René Benko hat unlängst das Kaut-Bullinger-Haus in der Rosenstraße gekauft. Das gleichnamige ansässige Büro-Fachgeschäft Kaut Bullinger bleibt nach derzeitigem Stand im Gebäude.

In der Leopoldstraße wurden, wie in der Kaufingerstraße, bei einer Fluktuationsquote von 13 % die meisten Veränderungen im Ladenbesatz registriert – insgesamt kam es zu neun Verschiebungen. Mit der vodafone-Filiale, der mobilcom debitel-Filiale, sowie einer der beiden o2-Filialen schlossen gleich mehrere Läden aus der Sparte „Telekommunikation“. Hinzugekommen sind hingegen einige neue, meist kleinere, gastronomische Angebote.

Hier erhalten Sie die PN als PDF-Datei