BGH, Beschluss vom 13.02.2020; V ZB 3/16.
Nichtamtlicher Leitsatz:
Die in § 925 Absatz 1 Satz 1 BGB für die Auflassung bestimmte Form kann – wenn sie gegenüber einem Notar erfolgen soll – nur durch deren Erklärung durch die gleichzeitig anwesenden Beteiligten vor einem im Inland bestellten Notar gewahrt werden. Es ist auch unter dem Gesichtspunkt einer unionsrechtskonformen Auslegung nicht geboten, ausländische Notare als zulässige Stelle für die Beurkundung einer Auflassung bzgl. eines in Deutschland belegenen Grundstücks anzuerkennen.
Zum Sachverhalt:
Bzgl. eines nahe der Grenze zur Schweiz, noch in Deutschland, belegenen Grundstücks einigten sich die Parteien über den Verkauf und auch gleich über den Eigentumsübergang, also die Auflassung. Die Beurkundung fand vor einem in der Schweiz ansässigen Notar statt. Das deutsche Grundbuchamt lehnte den Antrag auf Eigentumsumschreibung im Grundbuch ab – laut BGH zu Recht!
Begründung:
Gem. § 20 GBO darf die Eintragung der Auflassung nur erfolgen, wenn die dazu erforderliche Einigung der Vertragsparteien erklärt ist und dem Grundbuchamt in der Form des § GBO § 29 GBO nachgewiesen wird. Zwar bestimme sich die Formwirksamkeit von Verträgen aufgrund von Art. 9 Abs. 1 EVÜ (Europäisches Schuldvertragsübereinkommen) auch nach dem Recht des Staates, in dem er geschlossen wurde (sog. Ortsform). Der Kaufvertrag wäre daher im entschiedenen Fall wirksam, soweit er dem Schweizer Recht genügt. Das gilt aber nach Art. 9 Abs. 6 EVÜ nicht für Verträge, die ein dingliches Recht an einem Grundstück zum Gegenstand haben. Dafür gelten die zwingenden Formvorschriften des Staates, in dem das Grundstück belegen ist. Ob dies zwingend erfordert, dass eine Auflassung eines in Deutschland belegenen Grundstücks der Beurkundung durch einen deutschen Notar bedarf, war bislang umstritten. Beispielsweise für die Abtretung des Geschäftsanteils an einer deutschen GmbH ist in § 15 Absatz 3 GmbHG die notarielle Form vorgeschrieben. Dieses Formerfordernis des deutschen Rechts kann aber unstreitig auch durch eine Beurkundung durch einen z.B. in der Schweiz bestellten Notar erfüllt werden, weil sie der Beurkundung durch einen in Deutschland bestellten Notar gleichwertig ist. Der BGH diskutiert daher die verschiedenen Auffassungen zur Auflassung durch einen ausländischen Notar und verneint deren Zulässigkeit insbes. mit Hinweis auf die Entstehungsgeschichte des § 925 Abs. 1 S. 2 BGB: „Zur Entgegennahme der Auflassung ist, unbeschadet der Zuständigkeit weiterer Stellen, jeder Notar zuständig.“
Ursprünglich sollte § 925 BGB so formuliert werden, dass eine Auflassung nur vor den Grundbuchämtern erklärt werden kann. Dieser Entwurf des damals zuständigen Reichsjustizministeriums konnte sich aber nicht durchsetzen und so wurde im EGBGB die Fortgeltung von Regelungen in den einzelnen Ländern des damaligen Deutschen Reichs bestimmt, die Auflassungen u.a. auch vor Notaren und sonstigen Behörden für zulässig erklärt haben. Gemeint waren damit nur die Notare der jeweiligen Länder. Daran hat der Gesetzgeber, so der BGH, nie etwas geändert, obwohl sich sonstige Zuständigkeiten für die Entgegennahme von Auflassungserklärungen durchaus geändert haben.
Die fachliche Expertise der in Deutschland bestellten Notare (und zur Entgegennahme von Auflassungen ebenfalls ermächtigten Konsularbeamten) stelle sicher, dass die Auflassungen nicht nur den materiell-rechtlichen Vorgaben, sondern auch den grundbuchtechnischen Vorgaben entsprechen. Diese Gesetzeskonformität werde auch durch die Notaraufsicht durchgesetzt, die bei im Ausland bestellten Notaren nicht gegeben sei. Gegen das EU-Freizügigkeitsrecht verstoße die Entscheidung des BGH nicht, weil dieses durch Maßnahmen eingeschränkt werden dürfe, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigt und verhältnismäßig sind. Da die ordnungsgemäße Führung des Grundbuchs ein wesentlicher Teil der vorsorgenden Rechtspflege ist, sei es gerechtfertigt, die Entgegennahme der Auflassungserklärung und deren Beurkundung als Voraussetzung der Eintragung im Grundbuch bei in Deutschland belegenen Grundstücken den deutschen Notaren vorzubehalten.
Praxishinweis:
Die Beurkundung von Grundstücksgeschäften bzgl. in Deutschland belegener Grundstücke sollte immer in Deutschland erfolgen, die Auflassung muss hier erfolgen. Ggf. sollte eine Bevollmächtigung durch einen im Ausland ansässigen Vertragspartner, sofern dieser nicht zur Beurkundung nach Deutschland anreisen kann, geprüft werden.