PN 103 – Mieterhöhung: Wie ist die Vergleichsmiete gerichtlich zu vermitteln? (BGH, Urt. v. 26.05.2021 – VIII ZR 93/20)

Zum Sachverhalt:

Der Vermieter kann während eines laufenden Mietverhältnisses vom Mieter die Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen (§ 558 Abs. 1 BGB). Dabei ist „die ortsübliche Vergleichsmiete“ ein unbestimmter Rechtsbegriff. Das Gesetz bestimmt lediglich, dass die ortsübliche Vergleichsmiete aus den üblichen Entgelten gebildet wird, die in der Gemeinde oder einer vergleichbaren Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage einschließlich der energetischen Ausstattung und Beschaffenheit in den letzten sechs Jahren vereinbart oder, von Modernisierungsmieterhöhungen abgesehen, geändert worden sind (§ 558 Abs. 2 BGB). Die Ermittlung muss also empirisch anhand dieser Grundsätze durch den Tatrichter im Wege der Beweisaufnahme- und -würdigung erfolgen. Was dieser dabei zu beachten hat, hat der BGH klargestellt.

Aus den Gründen:

Der Tatsachenrichter sei grundsätzlich auch dann berechtigt, zur Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete ein von der beweisbelasteten Partei angebotenes Sachverständigengutachten einzuholen, wenn ein Mietspiegel vorliegt, der tabellarisch Mietspannen ausweist und zusätzlich eine Orientierungshilfe für die Spanneneinordnung enthält. Das gelte bei solchen Mietspiegeln nicht nur in den Fällen, in denen zwischen den Parteien Streit über die Voraussetzungen für das Eingreifen bzw. die Reichweite einer dem Mietspiegel gegebenenfalls zukommenden Vermutungs- oder Indizwirkung herrscht, sondern unabhängig davon in der Regel auch dann, wenn die ortsübliche Vergleichsmiete unstreitig innerhalb der für das einschlägige Mietspiegelfeld ausgewiesenen Spanne liegt und deshalb lediglich die Einordnung der konkreten Einzelvergleichsmiete in diese Spanne einer Klärung bedarf. Einfache Mietspiegel könne der Tatsachenrichter zwar als Indiz im Prozess heranziehen, jedoch müsse er das nicht. Er müsse sich nicht mit Indizien begnügen, wenn er über die Haupttatsache auch anders Beweis erheben kann. Im Übrigen gehe die indizielle Wirkung eines einfachen Mietspiegels ebenso wie die Vermutungswirkung des qualifizierten Mietspiegels nur dahin, dass die ortsübliche Vergleichsmiete innerhalb der Spanne liegt. Bei einer großen Spanne könne der Sachverständige die konkrete Einzelvergleichsmiete auf unterschiedliche Weisen ermitteln. Neben der arithmetischen Mittel sei eine Nutzwertanalyse auf Basis der wissenschaftlichen Zielbaummethode möglich.

Stichtag für die Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete sei allerdings der Zeitpunkt des Zugangs des Erhöhungsverlangens. Wenn sich aus dem vom Gericht eingeholten Sachverständigengutachten nicht entnehmen lasse, dass alle vom Sachverständigen ausgewerteten Vergleichsmieten nur aus diesem Zeitraum stammen, dann sei das Gutachten nicht verwertbar.

Praxishinweis:

Die Entscheidung zeigt auf, wie komplex und kostenintensiv der Streit zwischen Vermieter und Mieter über die ortsübliche Vergleichsmiete ist. Einfachheit und Rechtssicherheit für beide Parteien schaffen Index- und Staffelmietvereinbarung.

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