PN 103 – Zur Verjährung von Vermieteransprüchen. BGH, Urteil vom 31.08.2022 – VIII ZR 132/20

Leitsatz:

548 Abs. 1 BGB enthält für die von dieser Bestimmung erfassten Ansprüche des Vermieters eine abschließende Sonderregelung, die der allgemeinen Regelung des § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BGB vorgeht, so dass eine Anspruchsverjährung vor Rückgabe der Mietsache an den Vermieter nicht eintreten kann, auch wenn die in der vorgenannten Vorschrift bestimmte Frist von 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an bereits im laufenden Mietverhältnis verstrichen ist.

Zum Sachverhalt:

Die Wohnungsmieter habe in 1984 das Bad der Wohnung (ursprünglich mit Holzdielenboden ausgestattet) mit Fliesenboden und einem Bodenabfluss ausgestattet, dies aber unfachmännisch vorgenommen. 2016 drang dann in der darunter liegenden Wohnung „schwallartig“ Wasser aus der Decke. Es wurde daraufhin festgestellt, dass die Decke einsturzgefährdet war infolge dauerhafter Durchfeuchtung, die ihre Ursache in dem unfachgemäßen Bodenablauf hatte. Die beklagten Mieter berufen sich nun gegenüber dem Schadensersatzanspruch des Vermieters auf Verjährung. Gem. § 199 Abs. 3 Ziff. 2 seien solche Ansprüche spätestens 30 Jahre nach Begehung der schadensstiftenden Handlung verjährt. Beim BGH bleibt diese Verteidigungsstrategie ohne Erfolg!!

Die Entscheidung:

199 Abs. 3 Nr. 2 BGB regle eine Verjährungshöchstfrist. Diese sei aber neben der mietrechtlichen Spezialvorschrift zur Verjährung von Ansprüchen in § 548 BGB nachrangig und daher nicht anwendbar. § 548 BGB regelt – soweit in diesem Zusammenhang von Interesse: „Die Ersatzansprüche des Vermieters wegen Ver-änderungen oder Verschlechterungen der Mietsache verjähren in sechs Monaten. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem er die Mietsache zurückerhält.“

Der BGH führt dazu kurz und knapp aus: „Die von § 548 Abs. 1 Satz 1 BGB vorgesehene Verjährung von sechs Monaten beginnt – unabhängig von der Anspruchsentstehung – mit dem Zeitpunkt, in dem der Vermieter die Mietsache zurückerhält (§ 548 Abs. 1 Satz 2, § 200 Satz 1 BGB). Der kurzen Verjährung unterliegen nicht nur mietvertragliche Ansprüche wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache, sondern auch aus demselben Sachverhalt herrührende konkurrierende Ansprüche des Vermieters aus unerlaubter Handlung“.

Es ist also nach dieser Rechtsprechung – weiterhin – so, dass etwaige Ersatzansprüche des Vermieters gegen den Mieter wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache immer erst zu verjähren beginnen, wenn der Vermieter die Mietsache zurückerhält. Die Verjährungshöchstfrist von 30 Jahren in § 199 Abs. 3 Nr. 2 BGB sei daneben nicht anwendbar, weil zum einen § 548 BGB für die dort genannten Ansprüche (Veränderungen/Verschlechterungen der Mietsache) eine abschließende Sonderregelung enthalte, die den allg. verjährungsrechtlichen Bestimmungen nach dem Wortlaut, der Entstehungsgeschichte, der Systematik der Normen und deren Sinn und Zweck vorgehe. Insbes. wertvoll ist der Hinweis des Gerichts auf Sinn und Zweck der Sonderregelung in § 548 BGB: Wie alle Verjährungsregelungen (also grds. auch § 199 Abs. 3 Nr. 2 BGB) bezwecke § 548 BGB, „Rechtsfrieden und Rechtssicherheit dadurch herzustellen, dass er die Verjährung – unabhängig von der Entstehung des Anspruchs – einerseits erst an die Rückgabe der Mietsache geknüpft hat, die Verjährungsfrist andererseits aber – unabhängig von der Entstehung des Anspruchs – auf sechs Monate beschränkt hat.“

Diese Rechtsprechung ist für alle Mieter und Vermieter von Bedeutung (unabhängig ob Wohnraum oder Nichtwohnraum). Alles, was der Mieter in der Wohnung während seiner Mietdauer verändert bzw. beschädigt, kann vom Vermieter nach Rückgabe des Mietobjekts auch dann geltend gemacht werden, wenn der Vorgang bereits lange (insb. über 30 Jahre) zurück liegt. Andererseits, und das ist aus Vermietersicht ebenfalls von wesentlicher Bedeutung, verjähren solche Ansprüche dann in 6 Monaten ab Rückerlangung der Mietsache. Dann ist also für den Vermieter durchaus Eile geboten!

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