PN 111 – Die große Koalition überlegt die Fortbildungsverpflichtung zu streichen – es gäbe wesentlich sinnvollere Maßnahmen zum Bürokratieabbau

Editorial von Prof. Stephan Kippes in der in Kürze erscheinenden Fachzeitschrift „IMMO PROFESSIONAL“ des IVD Süd (Ausgabe 4/25).

Im Koalitionsvertrag vom Frühjahr 2025 hat die große Koalition „einen umfassenden Rückbau von Bürokratie vereinbart, der dazu beitragen soll, den Staat wieder leistungsfähig zu machen. Die Bürokratiekosten für die Wirtschaft sollen um 25 % (16 Milliarden Euro) und der Erfüllungsaufwand für Unternehmen, Bürgerinnen und Bürger sowie Verwaltung um mindestens zehn Milliarden Euro reduziert werden.“ Dies klingt zunächst einmal gut.

Was dann kommt und jetzt in der Phase der Verbändeanhörung ist, klingt weniger überzeugend: So soll „die regelmäßige Pflicht zur Weiterbildung von Immobilienmaklern und Wohnimmobilienverwaltern nach § 34c Absatz 2a der Gewerbeordnung“, die sogenannte Fortbildungsverpflichtung aufgehoben werden.

Um den Unmut zu verstehen, gehen wir in das Jahr 2013 zurück – und zwar zum Koalitionsvertrag, der ebenfalls von einer großen Koalition aus Union und SPD ausgehandelt worden war: Dort wurde, neben diversen Unerfreulichkeiten für die Immobilienwirtschaft, der Sachkundenachweis versprochen – er war quasi der einzige substantielle positive Punkt aus immobilienwirtschaftlicher Perspektive, wobei er in erster Linie Verbraucherschutz ist. Die wenigen anderen positiven Punkte für die Immobilienbranche waren unter Finanzierungsvorbehalt gestellt und wurden schließlich in der Endphase der Koalitionsverhandlungen gekippt bzw. später nicht umgesetzt.

Der Sachkundenachweis wäre die höchst überfällige und vom IVD und anderen Branchenverbänden lange geforderte fachliche Zugangsvoraussetzung für Immobilienunternehmen gewesen. Wenn man überlegt, was für ein verantwortungsvolles Berufsfeld dies ist und mit welchen Summen hantiert wird, wäre dies ein wichtiges Stück Verbraucherschutz gewesen. Die Betonung liegt auf wäre gewesen, denn der Sachkundenachweis kam nie. Er ging ins Gesetzgebungsverfahren und war dort sogar schon sehr weit, aber leider war er bis zum Ende der Legislaturperiode nicht beschlossen und damit war alles vergebens.

Das Einzige, was stattdessen kam, war die Fortbildungsverpflichtung für Immobilienmakler und Wohnimmobilienverwalter: 20 karge Stunden in nicht einem, sondern drei Jahren. Ich schrieb damals: „Der Berg kreiste und gebar nicht einmal eine Maus.“ Und das war noch sehr wohlwollend formuliert.

Wie kam es dazu? Der Gesetzesentwurf ging damals sehr spät ins parlamentarische Verfahren, das sich schleppend hinzog, die Bundestagswahl rückte immer näher. Die Unionsparteien argwöhnten ein Stück Marktregulierung und waren dann nicht mehr bereit den Sachkundenachweis mitzutragen. So eine kritische Ablehnung von Eingriffen in den Markt hätte man sich beim Bestellerprinzip und der Mietpreisbremse gewünscht, aber das sei hier nur ganz nebenbei angemerkt.

Während die Diskussion um den Sachkundenachweis wogte, waren viele Makler oder Verwalter sehr verunsichert, ob ihre bisherige Ausbildung oder Tätigkeit ausreichend sei oder ob sie irgendwelche Prüfungen nachholen müssten. Wie sich dann herausstellte, war alles eine völlig unnötige Aufregung.

Der geplante und dann kurz vor der Ziellinie kläglich verendete Sachkundenachweis war ein riesiges Branchenverunsicherungs-Programm und eine mindestens ebenso große Enttäuschung. Jetzt zu überlegen, auch noch die ultra-karge Fortbildungspflicht als vermeintlichen Bürokratieabbau zu verkaufen und dann zu streichen, ist der völlig falsche Weg. Wer sich etwa künftig als Makler betätigen will, benötigt dann wie bisher keine einzige Stunde fachliche Vorbildung – was eigentlich schon ein Skandal ist. Käme die Gesetzesänderung tatsächlich, wäre er nicht einmal mehr verpflichtet, sich mit ein paar kärglichen Seminarstunden im Jahr weiterzubilden.

Das ist kein Bürokratieabbau, sondern bestenfalls symbolischer Aktionismus – und einer, der mehr schadet, als dass er nützt. Wenn man für die Immobilienbranche Bürokratieabbau betreiben will, sollte man lieber an anderen Dingen ansetzen: Bauämter, die teilweise noch prähistorisch arbeiten, technisch zeitgemäß ausstatten, so dass sie Bauwillige oder auch Immobilienunternehmen schnell unterstützen können und nicht durch langwierige Prozesse Bauvorhaben abwürgen. Darüber hinaus gilt es, digitale Grundbuch- und Katasterprozesse zu schaffen. Weiter wäre es notwendig, das wichtige Geldwäschegesetz (GwG) endlich praxistauglich zu machen und nicht nur mit wuchtiger Strafbewährung Meldungen auf Geldwäscheaktivitäten aus der Branche einzufordern, sondern diesen dann auch nachzugehen, und zwar zeitnah. Und dann gilt es, den Abmahnmissbrauch einzudämmen, der Abmahnern wegen kleinlicher Pseudo-Formalien und harmlosen Fehlern höchst lukrative Einnahmequellen erschließt.

Die Liste ließe sich leicht fortsetzen. Was es braucht ist nicht die Streichung der ohnehin minimalen Fortbildungspflicht, die einst anstelle des längst notwendigen Sachkundenachweises eingeführt wurde. Vielmehr braucht es solide fachliche Voraussetzungen für den Berufseinstieg – und das speziell zum Wohle der Verbraucher.

Ihr  Prof. Stephan Kippes