Etablierte Modeunternehmen schließen Filialen, während neue Marken München erobern.
Residenzstraße im Jahresvergleich bei einer Fluktuation von 19 % mit den meisten Veränderungen im Ladenbesatz; Quote in der Kaufingerstraße und in der Neuhauser Straße bei 11 % bzw. bei 9 %.
Das Marktforschungsinstitut des IVD Süd e.V. hat die Einzelhandelsfluktuation in zwölf Münchener 1a- und 1b-Einzelhandelslagen untersucht. „Gerade in der Modebranche kam es während der aktuellen IVD-Untersuchung zu mehreren Veränderungen. Das traditionsreiche Herrenmodehaus Eckerle musste seinen Betrieb komplett einstellen, die etablierte deutsche Marke S.Oliver zog sich nach Schließung ihres Flagship-Stores aus der Münchner Innenstadt zurück“, erklärt Prof Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungsinstituts. „Viele Unternehmen kämpfen mit rückläufigen Umsätzen, gestiegenen laufenden Kosten sowie einem hohen Wettbewerbsdruck, unter anderem durch den Online-Handel sowie auch neue stationäre Konkurrenz. Derweil wollen die japanische Marke Uniqlo, das türkische Label Lufian sowie der US-amerikanische Sportartikelhersteller New Balance mit ihren ersten Münchner Stores auch die bayerische Landeshauptstadt erobern.“
München gilt als einer der führenden internationalen Einzelhandelsstandorte. Vergleichsweise gute wirtschaftliche Rahmenbedingungen, eine hohe Kaufkraft in der Stadt sowie in der umliegenden Region, aber auch hohe Tourismuszahlen sorgen für gewöhnlich für eine gute Nachfrage nach Einzelhandelsflächen. Zahlreiche Neuvermietungen im Ladenbesatz der Münchner Top-Einzelhandelslagen spiegeln dies in der aktuellen IVD-Untersuchung Herbst 2024 zu 2025 wider.
Ausgewählte Entwicklungen in den Einkaufsstraßen
Die in der aktuellen Studie vorgestellten Ergebnisse basieren auf einer Vor-Ort-Sichtung des Ladenbesatzes in den Münchner 1a- und 1b-Einzelhandelslagen, die im Herbst 2025 stattfand. Die IVD-Fluktuationsquote gibt den Anteil der Veränderungen gemessen an der jeweiligen Gesamtzahl der Läden wieder, der im langfristigen Zeitraum 2005/2006 zu 2025 bzw. im Jahresvergleich 2024 zu 2025 registriert wurde.
In der Kaufingerstraße, die als die Münchner Top-Einkaufsmeile mit der höchsten Passanten-Frequenz gilt, wurde in der langfristigen Betrachtung 2005/2006 zu 2025 mit 93 % der höchste IVD-Fluktuationsquotient ermittelt. Das bedeutet, das in 93 % der dortigen Ladeneinheiten über die Jahre hinweg mindestens ein Mieterwechsel stattfand. Eine der wenigen Ausnahmen ist das Stammhaus des renommierten Herrenausstatters Hirmer, dass seit 1962 in der Kaufingerstraße 28 ansässig ist. Das Kaufhausgebäude, das derzeit noch der Hirmer Gruppe gehört, steht kurz vor dem Verkauf – vermutlich an den Münchner Wirtschaftsanwalt und Immobilienunternehmer Erich Schwaiger. Das Modeunternehmen will seine Filiale jedoch künftig als Mieter weiterführen. Im aktuellen Herbstvergleich 2024 zu 2025 lag der Fluktuationsquotient bei 11 %. In der Einkaufsstraße gibt es 27 Ladeneinheiten; bei drei kam es zu einer Veränderung.
Derzeit wird das denkmalgeschützte Singer-Haus in der Kaufingerstraße 11a grundlegend saniert. Ende 2024 – nach mehr als 70 Jahren – ist der Mietvertrag von C&A hier ausgelaufen. Die Modekette ist jedoch in der Hauptfußgängerzone geblieben und in die Neuhauser Straße umgezogen. Die Arbeiten am Singer-Haus dauern voraussichtlich bis Mitte 2027. Das neue Geschäftshaus soll dann in den unteren drei Etagen rund 6.500 m² an Einzelhandelsflächen bieten. Als Hauptmieter soll die deutsche Modekette New Yorker mit einem großen Flagship-Store einziehen und damit, nach Schließung der bisherigen Filiale in der Kaufingerstraße im Jahr 2022, wieder in die Münchner Hauptfußgängerzone kommen.
Ähnlich wie C&A ist auch das Augenoptik-Unternehmen Apollo innerhalb der Münchner Hauptfußgängerzone umgezogen, allerdings von der Neuhauser Straße in die Kaufingerstraße. Im Sommer 2025 hat in München, nach Düsseldorf und Frankfurt am Main, der dritte deutsche Apollo-Flagship-Store eröffnet.
Die Neuhauser Straße bildet die zweite große Einkaufsmeile in der belebten Münchner Fußgängerzone zwischen Stachus und Marienplatz. Mit einem Fluktuationsquotienten von 68 % im langfristigen Vergleich 2005/2006 zu 2025 sowie 9 % im Herbstvergleich 2024 zu 2025 kam es hier prozentual zu weniger Veränderungen als in der Kaufingerstraße. Derzeit befinden sich 66 Ladeneinheiten in der beliebten Einkaufsstraße, bei sechs kam es zu einer Veränderung.
Das denkmalgeschützte Gebäude am Stachus, in dem bis 2020 Karstadt-Sports beheimatet war, wurde nach einer umfassenden Sanierung im Sommer 2025 unter dem Namen „Herzog Max“ wiedereröffnet. In der gemischt genutzten Immobile ist das Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb als Ankermieter eingezogen. Mit dem ersten Münchner Store des US-amerikanischen Sportartikelherstellers New Balance hat sich zudem ein großer internationaler Einzelhändler eingefunden.
Seit Ende 2024 ist die Modekette C&A, nach Umzug aus der Kaufingerstraße, an ihrem neuen Standort im Joseph-Pschorr-Haus zu finden, wo sie das Traditionsunternehmen SportScheck als Mieter ablöste. C&A betreibt auf drei Etagen eine Verkaufsfläche von rd. 5.000 m². In der Neuhauser Straße 3, wo Ende 2024 der deutsche Bekleidungshersteller S.Oliver seinen Münchner Flagship-Store aufgab, ist inzwischen die spanische Modemarke MANGO eingezogen.
Nach der Insolvenz der Signa-Gruppe stehen die Bauarbeiten an der Alten Akademie in der Neuhauser Straße bereits seit Herbst 2023 still. Nach einer umfassenden Revitalisierung sollten in dem ehemaligen Jesuitenkolleg Geschäfte, Büros, Wohnungen und Gastronomie unterkommen. Nun steht ein Verkauf des Gebäudekomplexes nach einem Bericht der Abendzeitung unmittelbar bevor: Die Stiftung der Münchner Unternehmerfamilie Thiele und die Immobilienfirma Hammer AG werden als die wahrscheinlichen neuen Eigentümer der Alte Akademie samt zugehörigen Grundstück gehandelt. Die Immobilie soll demnach langfristig im eigenen Bestand gehalten und entwickelt werden. Als Interessent wurde zuletzt auch immer wieder der lokale Immobilienunternehmer Erich Schwaiger genannt, von dessen Seite keine konkreten Planungen für das Gebäude an die Öffentlichkeit gelangt sind.
Seitens der Stadt hofft man, dass die Arbeiten an der unansehnlichen Bauruine im Herzen Münchens nach einem Eigentümerwechsel bald fortgeführt und schließlich zu Ende gebracht werden. Die Skepsis ist hinsichtlich möglicher Umplanungen, die in äußerst zeitintensiven Genehmigungsverfahren verlaufen könnten, jedoch groß. Es ist daher dringend notwendig, dass Investoren ihre Planungen sowie Geldgeber von Anfang an möglichst transparent kommunizieren – gerade angesichts der schlechten Erfahrungen infolge der Signa-Pleite, die gezeigt hat, welche Risiken davon ausgehen, wenn zu viele wichtige Immobilienprojekte gleichzeitig in einer Hand vereint sind. Die Notwendigkeit, Transparenz herzustellen, gilt speziell für den Immobilienunternehmer Erich Schwaiger. Dieser hat bereits mehrere Schlüsselstandorte in der Münchner Innenstadt erstanden und versucht darüber hinaus, weitere Immobilien zu erwerben, die für München eine Art Landmark-Charakter haben.
Dank der Umwandlung in eine Fußgängerzone vor wenigen Jahren, konnte die Aufenthaltsqualität in der Sendlinger Straße spürbar gesteigert werden. Die beliebte Einkaufsmeile stellt dennoch bei Weitem keine 1-Geschäftskernlage, wie es die Neuhauser Straße und die Kaufingerstraße sind, dar. Im Herbstvergleich 2024 zu 2025 lag der IVD-Fluktuationsquotient in der Sendlinger Straße bei einem Ladenbestand von 86 Geschäften bei 14 %. Bei zwölf Geschäftseinheiten kam es zu einer Veränderung im Ladenbesatz. Im langfristigen Vergleich 2005/2006 zu 2025 wurde, vor allem bedingt durch die Befreiung vom Autoverkehr und einer dadurch gestiegenen Attraktivität, eine vergleichsweise hohe Veränderungsdynamik mit einer Fluktuation von 83 % ermittelt.
Das britische Bekleidungshaus Superdry hat angesichts rückläufiger Umsätze eine große Umstrukturierung eingeleitet und europaweit mehrere Filialen geschlossen, so auch in der Sendlinger Straße. In die Räumlichkeiten unweit des Marienplatzes ist inzwischen die luxuriöse Beauty-Klinik Aesthetify by DR. RICK & DR. NICK eingezogen. Die Klinik erstreckt sich auf mehrere Etagen über rd. 3.500 m². Weitere Klinik-Standorte in innerstädtischen Top-Lagen wurden unlängst unter anderem am Berliner Ku’damm sowie auf der Frankfurter Zeil eröffnet. „Dies zeigt, dass durchaus auch alternative Konzepte und Dienstleister in gute Einzelhandelslagen drängen. In der Sendlinger Straße selbst fehlt es jedoch eher an großen, bekannten Ankermietern aus dem Einzelhandel, um die Einkaufsmeile hinsichtlich der Außenwirkung und der Passanten-Frequenz im Vergleich zur großen Münchner Hauptfußgängerzone zwischen Stachus und Marienplatz konkurrenzfähig zu machen“, so Prof. Stephan Kippes. „„Ein derartiger leistungsfähiger Ankermieter wäre speziell im hinteren Teil, also in der Nähe des Sendlinger-Tor-Platzes ideal. Dieser Bereich hat unter anderem durch die Schließung des Filmtheaters Sendlinger Tor Anfang 2025 weiter an Attraktivität verloren – das beliebte Groß-Kino war dort insgesamt 112 Jahre ansässig.“
Im aktuellen Betrachtungszeitraum haben zudem die türkische Modemarke Lufian mit ihrem ersten Münchner Store, das schwedische Sportswear-Label Peak Performance sowie das ebenfalls schwedische Outdoor-Sportgeschäft Klättermusen neu in der Sendlinger Straße eröffnet.
Prozentual am meisten Veränderungen im Herbstvergleich 2024 zu 2025 konnten in der Residenzstraße mit einer Fluktuationsquote von 19 % ermittelt werden. Der Ladenbestand liegt bei 32 Geschäften, in sechs davon kam es zu einer Bewegung. Ende 2024 eröffnete das französische Unternehmen Biologique Recherche, das Hautpflegeprodukte entwickelt, in der Residenzstraße seine erste eigene deutsche Filiale. Neu hinzugekommen ist unter anderem auch das französische Modelabel Isabel Marant. Das italienische Modeunternehmen Diesel hat derweil seinen Store geschlossen.
In der Leopoldstraße im beliebten Stadtteil Schwabing lag die Fluktuationsquote im aktuellen Untersuchungszeitraum bei einem Ladenbestand von 75 Einheiten bei 15 %, was elf Veränderungen entspricht. Ein prominenter Mieterwechsel fand in der Leopoldstraße 35 statt. Das beliebte Fast-Fashion-Unternehmen Zara hat seine Filiale Anfang 2025 geschlossen. Die spanische Kette ist mit ihren beiden verbliebenen Stores in der Neuhauser Straße sowie in der Theatinerstraße jedoch weiterhin in den Münchner Geschäftskernlagen vertreten. Die Räumlichkeiten in der Leopoldstraße wurden im Herbst 2025 vom japanischen Modehändler Uniqlo bezogen, der sich in Europa auf Expansionskurs befindet. Ursprünglich wollte Uniqlo seinen ersten Münchner Store in absoluter 1a-Lage in der Alten Akademie in der Neuhauser Straße eröffnen. Wegen des Baustopps infolge der Signa-Pleite ist das Unternehmen schließlich in die Leopoldstraße ausgewichen.
In der Theatinerstraße sind zahlreiche Einzelhändler, insbesondere aus der Kategorie „Fashion/Accessoires/Beauty“, sowie auch einige Cafés vorzufinden. Bei einer Fluktuationsquote von 15 % kam es hier im Herbstvergleich 2024 zu 2025 zu acht Veränderungen in den insgesamt 53 Ladeneinheiten. Besonders bedauerlich war die Schließung des Herrenmodehauses Eckerle, das hier über 70 Jahre ansässig war, im Sommer 2025. Nach Filialschließungen in Frankfurt am Main, Nürnberg und Augsburg musste auch das Münchner Stammhaus angesichts rückgängiger Umsätze und eines hohen Wettbewerbsdrucks seinen Betrieb einstellen.
Am zentralen Münchner Marienplatz lag die Fluktuationsquote im Langzeitvergleich 2005/2006 zu 2025 mit 42 % unter den untersuchten Straßen am niedrigsten. Im aktuellen Herbstvergleich 2024 zu 2025 lag der Quotient bei 10 %; bei 31 Geschäftseinheiten entspricht die drei Veränderungen. Nachdem die Deutsche Bank vor wenigen Jahren das Geschäftshaus mit der Hausnummer 21 verlassen hat, stand dieses längerfristig leer. In das Baudenkmal, das als einziges Gebäude an der Südseite des Marienplatzes den Zweiten Weltkrieg überstanden hat, ist im Sommer 2025 die international bekannte Marke Nespresso, die zur Schweizer Nestlé-Gruppe gehört, mit ihrem Nespresso House eingezogen.
In seiner Analyse hat das IVD-Institut zudem die Einzelhandelsfluktuation in der Dienerstraße (Fluktuationsquotient 2024 zu 2025: 11 %), im Tal (10 %), in der Weinstraße (9 %), in der Maximilianstraße (8 %) sowie in der Rosenstraße (keine Veränderungen im Ladenbesatz) untersucht. Die ausführlichen Ergebnisse zu allen Straßen sind im Einzelhandelsfluktuations-Report München 2025 zu finden.
Ein klares Signal für die Bedeutung und die Stabilität des Einzelhandelsstandorts München ist, dass längerfristige Leerstände in den Münchner 1a-Geschäftskernlagen ein absolutes Ausnahme-Phänomen sind. Wenn Geschäfte in den Top-Lagen leer stehen, dann meist temporär bedingt durch einen Mieterwechsel oder durch Umbaumaßnahmen. Demgegenüber sind im 1b-Geschäftkern vereinzelt und speziell im Nebenkernlagen auch häufiger Leerstände zu beobachten; dort ist die Vermietungssituation wesentlich schwieriger und langwieriger.
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