PN 138 – Minderungsrecht bei öffentlich-rechtlicher Beschränkung?

KG, Urt. v. 16.03.2023 – 8 U 76/21

Zum Sachverhalt:

Dem Mieter waren Geschäftsräume als Laden, Büroräume, Lagerraum und WC zur Nutzung als Büro vermietet. Nach Abschluss des Mietvertrages erwies sich die Nutzung als Büro wegen der geringen Raumhöhe als baurechtlich unzulässig. Das Bauamt sandte dem Mieter ein Anhörungsschreiben, mit dem es auf die unzulässige und auch seiner Meinung nach nicht genehmigungsfähige Nutzung hinwies. Darauf machte der Mieter gegenüber dem Vermieter einen Sachmangel geltend und minderte die Miete. Die Vermieter wollte das nicht gelten lassen und klagte Zahlung.

Aus den Gründen:

Das Minderungsrecht wird dem Mieter nur teilweise zugesprochen. Öffentlich-rechtliche Gebrauchshindernisse und -beschränkungen, die dem vertragsgemäßen Gebrauch entgegenstünden, stellten grundsätzlich einen Sachmangel gem. § 536 BGB dar, wenn sie mit der Beschaffenheit der Mietsache in Zusammenhang stünden und nicht in persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters ihre Ursache hätten. Würden Mieträume zu einem konkreten Betriebszweck überlassen, müssten sich deshalb die Räume in einem Zustand befinden, der die Aufnahme des Betriebs in rechtlicher Hinsicht uneingeschränkt zulasse. Der Vermieter schulde nämlich nach § 535 Abs 1 Satz 2 BGB die Überlassung in einem genehmigungsfähigen Zustand. Er habe daher etwaige Baumaßnahmen, die zu dessen Erreichung erforderlich seien, auf eigene Kosten zu veranlassen. Allerdings gelte auch, dass öffentlich-rechtliche Nutzungsbeschränkungen der Räume zur Minderung nicht berechtigten, wenn der Mieter in seinem vertragsgemäßen Gebrauch mangels Einschreitens der zuständigen Behörde nicht tatsächlich eingeschränkt sei. Dieses Einschreiten sieht das Gericht in dem baubehördlichen Anhörungsschreiben. Erst ab diesem Zeitpunkt stehe dem Mieter ein Minderungsrecht zu.

Praxishinweis:

Öffentlich-rechtliche Nutzungsbeschränkungen sind gerade bei Gewerberaummietverhältnissen von großer wirtschaftlicher Bedeutung für beide Mietvertragsparteien. Nicht selten sind bei Vertragsabschluss noch nicht alle öffentlich-rechtlichen Voraussetzungen für die beabsichtigte gewerbliche Nutzung erfüllt. Die Parteien vertrauen dann darauf, dass diese Voraussetzungen geschaffen werden können und erforderliche Genehmigungen erteilt werden. Ist das nicht der Fall, stehen dem Mieter Minderungsrechte zu oder es wird dem Mietvertrag durch Nutzungsuntersagung die gesamte Grundlage entzogen. Ob die Minderung berechtigt ist oder nicht entscheidet sich dann danach, in wessen Verantwortungssphäre die Schaffung der öffentlich-rechtlichen Voraussetzungen fällt. Dies ist regelmäßig der Vermieter, da er zur Gebrauchsüberlassung zum vertraglich vereinbarten Zweck verpflichtet ist. Einzelne öffentlich-rechtliche Pflichten wie z.B. Genehmigungserfordernisse, können aber auch mietvertraglich auf den Mieter abgewälzt werden.

Der Entscheidung ist im Ergebnis nicht zu folgen. Richtig ist, dass öffentlich-rechtliche Nutzungsbeschränkungen zur Minderung berechtigten, aber erst, wenn der Mieter in seinem Gebrauchsrecht beeinträchtigt ist. Bei einem Anhörungsschreiben ist das nicht der Fall. Die Behörde muss die Nutzung, wenn auch nur teilweise, untersagen.

2023 – PN 138 – PS BaWü H2023 Recht