In München leicht steigendes Preisniveau; Aschaffenburg, Fürth und Ingolstadt mit den höchsten Mietsteigerungen
Das Marktforschungsinstitut des IVD Süd e.V. hat am 25.04.2022 auf einer Video-Pressekonferenz den traditionellen Marktbericht „Wohnimmobilien Mietobjekte Bayern und Landeshauptstadt München Frühjahr 2023“ vorgestellt. Der Bericht gibt Auskunft über aktuelle Mietpreise sowie Markttrends auf dem bayerischen Mietmarkt und kann auf www.ivd-sued-shop.de erworben werden.
„Die aktuellen Rahmenbedingungen auf dem Immobilienmarkt mit weiterhin sehr hohen Immobilienpreisen und steigenden Hypothekenzinsen erschweren derzeit den Kauf von Eigentum und strahlen deutlich auf den Mietmarkt ab“, so Prof. Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungsinstituts. „Da die monatlichen Raten für eine Baufinanzierung aktuell in der Regel substantiell höher sind als die monatlichen Mietzahlungen, entscheiden sich viele potenzielle Kaufinteressenten derzeit für ein Mietobjekt und verstärken somit die ohnehin hohe Nachfrage auf dem Mietmarkt zusätzlich. Dies sorgt für weitere Engpässe auf der Angebotsseite sowie ein steigendes Preisniveau in den bayerischen Groß- und Mittelstädten.“
Der Anstieg des Zinsniveaus, verschärfte Kreditvergaberichtlinien sowie die hohe Inflation machen den Kauf von Wohneigentum für viele kaum noch erschwinglich. Nachdem sich die Zinsen innerhalb eines Jahres vervierfacht haben und zudem die Lebenshaltungskosten deutlich gestiegen sind, geht die Nachfrage nach Kaufobjekten deutlich zurück. Viele potenzielle Käufer nehmen derzeit von ihren Kaufabsichten Abstand und weichen auf den ohnehin angespannten Mietmarkt aus. Seit dem vergangenen Jahr geriet die Nachfrage auf den Mietmärkten insbesondere in den Ballungsräumen durch den Zustrom von Flüchtlingen aus der Ukraine zusätzlich unter Druck.
Während der Wohnraumbedarf stark zunimmt, geht die Wohnraumproduktion zurück. Angesichts der rückläufigen Baugenehmigungszahlen sowie einer Stornierungswelle im Wohnungsbau ist derzeit keine Entspannung auf den Wohnungsmärkten in den bayerischen Ballungsräumen in Sicht. Ohne einen quantitativen Angebotsausbau ist die Beruhigung der sehr angespannten Wohnungsmarktsituation in den kommenden Jahren kaum vorstellbar.
Angesichts der stark steigenden Nachfrage, heftig steigender Finanzierungskosten, der hohen Bau- und Energiekosten sowie strenger Sanierungsauflagen nehmen die Mietpreise sowohl im Neubau als auch im Bestand zu. Der Mietzuwachs für Wohnungen und Häuser hat im Bayern-Durchschnitt im Frühjahr 2023 gegenüber Herbst 2022 leicht zugenommen. Lag die durchschnittliche Mietsteigerung im Herbst 2022 bei +1,6 %, nahm diese in der aktuellen Erhebung im Frühjahr 2023 auf durchschnittliche +1,9 % leicht zu. Die höchsten Preisanstiege wiesen dabei die Mieten für Doppelhaushälften/Bestand mit +2,7 % sowie neuerrichtete Mietwohnungen mit +2,2 % auf; Mietwohnungen/Altbau, neuerrichtete Doppelhaushälften sowie Reihenmittelhäuser/Bestand verteuerten sich um jeweils +1,9 %. Die niedrigsten Anstiege im Vergleich zu Herbst 2022 verzeichneten Mietwohnungen/Bestand mit +0,9 % sowie neuerrichtete Reihenmittelhäuser mit +1,6 %. All diese Mietsteigerungen lagen hierbei allerdings deutlich unter der Inflationsrate.
Im 10-Jahres-Vergleich (nicht inflationsbereinigt) werden die Mietsteigerungen in Bayern deutlich spürbarer. Seit Frühjahr 2013 sind die Mieten vor allem im Segment der Häuser kräftiger gestiegen als bei Wohnungen. Der Mietzuwachs bei Reihenmittelhäusern fiel dabei sowohl im Bestand als auch im Neubau mit jeweils +57 % am stärksten aus. Bei Doppelhaushälften wurde ein Mietpreisanstieg von +50 % (Bestandsobjekte) bzw. +49 % (Neubauobjekte) gemessen. Etwas geringere Anstiege verzeichneten Mietwohnungen (Altbau: +41 %, Bestand: +42 %, Neubau: +47 %).
Im Hinblick auf die erheblich gestiegenen Wohnungsnebenkosten aufgrund der hohen Energiepreise sowie wieder stärker steigenden Kaltmieten erhöht sich die Wohnkostenbelastung gerade für Haushalte mit einem niedrigen und mittleren Einkommen. Die monatliche Wohnkostenbelastung in 2022 stieg für Mieter nach Angaben des IW Köln um +11 %; die Erschwinglichkeit einer Mietwohnung insbesondere in den unteren Einkommensgruppen ist somit deutlich gesunken.
Das Thema „Energieeffizienz“ hat sowohl im Kauf- als auch Mietsegment deutlich an Bedeutung gewonnen hat. Da die Energiekosten einen sehr viel höheren Anteil an den monatlichen Wohnungsgesamtkosten ausmachen als vor der Energiekrise, achten immer mehr Interessenten auf die Energiebilanz der zur Vermietung stehenden Objekte.
Um die finanziellen Belastungen der Bürger aufgrund der Energiekrise etwas abzufedern, hat die Bundesregierung Entlastungsmaßnahmen auf den Weg gebracht. Einige Maßnahmen wie der Heizkostenzuschuss für Wohngeldberechtigte, die Energiepauschale, der Kinderbonus usw. wurden bereits 2022 als Einmalzahlungen ausgezahlt. Seit Januar bzw. März 2023 entlastet die sogenannte Strom- bzw. Gaspreisbremse, zunächst bis April 2024 befristet, die Verbraucher zusätzlich von den hohen Energiepreisen.
Die Landeshauptstadt München
Der traditionell sehr dynamische Münchner Immobilienmarkt, der durch eine anhaltend große Nachfrage, ein geringes Angebot und ein hohes Preisniveau gekennzeichnet ist, erlebte Mitte 2022 den Beginn einer Trendwende. Infolge sprunghaft gestiegener Bauzinsen kam es zu einer deutlichen Abkühlung des Marktgeschehens und einer spürbaren Zurückhaltung der Kaufinteressenten.
Während der Kaufmarkt spürbare Preisabschläge zu verzeichnen hatte, verfestigt sich auf dem Mietmarkt der Trend zu weiter steigenden Mieten. Im Frühjahr 2023 zogen die Mietpreise bei allen untersuchten Objekttypen an. Den höchsten Anstieg im Vergleich Herbst 2022 – Frühjahr 2023 vermeldeten Reihenmittelhäuser/Bestand mit +1,9 %. Die Mieten für Altbauwohnungen sowie Bestandswohnungen verteuerten sich gegenüber der vorherigen Erhebung um jeweils +1,6 %; bei Neubauwohnungen wurde ein Mietzuwachs von +1,4 % vermeldet.
Verzeichneten Häuser zur Miete im Herbst 2022 gegenüber der Vorperiode in allen Segmenten stabile Werte, wurden im Frühjahr 2023 in diesem Bereich leichte Mietanstiege registriert. So stieg das Mietniveau bei Doppelhaushälften/Bestand um +1,3 %; neuerrichtete Reihenmittelhäuser sowie Doppelhaushälften wiesen Mietpreiszunahmen von jeweils +0,9 % auf.
Der Druck auf dem Münchner Mietmarkt steigt weiter an. Der Rückgang der Neubautätigkeit und sinkende Baugenehmigungen werden das dringend benötigte Wohnraumangebot weiter reduzieren und dadurch für ein weiter steigendes Mietniveau in der Landeshauptstadt sorgen.
Anfang März 2023 wurde der neue Mietspiegel der Landeshauptstadt München 2023 vorgestellt. Demnach stieg das Mietpreisniveau in der Stadt binnen zwei Jahren um +21 % und liegt somit sogar über der Kappungsgrenze von +15 %, die für Mieterhöhungen in München gilt. Dies ist der höchste Anstieg in der Geschichte des Münchner Mietspiegels. Als Grund für die dramatische Steigerung der ortsüblichen Vergleichsmiete nennt die Stadt München die Tatsache, dass in diese Erhebung besonders viele Wohnungen aus den zentralen Stadtlagen aufgenommen wurden. Nach der Veröffentlichung des neuen Mietspiegels wird nun befürchtet, dass vielen Mieterhaushalten beachtliche Mieterhöhung drohen.
Entwicklung in ausgewählten bayerischen Groß- und Mittelstädten
Im Halbjahresvergleich Herbst 2022 – Frühjahr 2023 wurden im Durchschnitt der bayerischen Großstädte bzw. im Durchschnitt der großen bayerischen Mittelstädte in fast allen Marktsegmenten weiter steigende Mietpreise beobachtet. Insgesamt fielen die Steigerungsraten in den Großstädten im Schnitt etwas höher aus als in den Mittelstädten. Die Ausnahmen stellten Reihenmittelhäuser/Bestand sowie Doppelhaushälften/Neubau dar. Hier stieg das Preisniveau in den Mittelstädten im Schnitt etwas deutlicher an.
Augsburg
Augsburg erfreut sich aufgrund einer guten Infrastruktur, des hohen Freizeitwerts sowie der guten Arbeitsmarktsituation großer Beliebtheit. Nicht zuletzt profitiert die Fuggerstadt auch von der Nähe zur Landeshauptstadt München. Die Anspannung am lokalen Mietwohnungsmarkt hat sich in den letzten Jahren weiter verstärkt. Das Mietpreisniveau verzeichnete im Frühjahr 2023 in fast allen untersuchten Marktsegmenten leichte Preissteigerungen.
Erlangen
Aufgrund der attraktiven Lage und der guten Infrastruktur ist die Nachfrage nach Wohnraum in Erlangen besonders hoch. Erlangen ist eine Universitätsstadt, daher besteht hier eine große Nachfrage nach Studentenwohnungen. Aktuell entscheiden sich zudem viele Familien mit Kindern aufgrund der hohen Zinsen und Kaufpreise oft gegen den Immobilienerwerb und suchen nach Mietoptionen. Dies erhöht die Nachfrage auf dem Mietmarkt und sorgt für eine weiter steigende Mietpreisdynamik.
Fürth
Wie in vielen bayerischen Städten ist auch in Fürth ein allgemeiner Trend steigender Mietpreise zu beobachten, insbesondere in begehrten Lagen bzw. in einzelnen Marktsegmenten.
Insgesamt beeinflussen die gestiegenen Energiekosten die Kauf- und Mietentscheidungen der Interessenten am Markt. Da die Energiekosten einen bedeuten-den Teil der monatlichen Haushaltskosten ausmachen, achten immer mehr Käufer und Mieter auf die Energieeffizienz von Wohnungen und Häusern. Die Nachfrage nach Wohnungen und Häusern mit guter Dämmung, moderner Heiztechnik und Solaranlagen steigt in Fürth spürbar an.
Ingolstadt
Die geänderten Marktrahmenbedingungen aufgrund der deutlich angezogenen und weiterhin steigenden Zinsen bringen mehr Dynamik auf den Ingolstädter Mietmarkt. Die monatlichen Raten für eine Baufinanzierung sind aktuell in der Regel höher als die monatlichen Mietzahlungen, so entscheiden sich viele Interessenten zumindest vorerst für ein Mietobjekt. Dies lässt die Nachfrage und auch das Preisniveau auf dem Mietmarkt in Ingolstadt wieder steigen.
Rosenheim
Die Nachfrage nach Mietobjekten ist in Rosenheim traditionell sehr hoch; die Wohnraumproduktion ist dagegen unzureichend. Aktuell wird die Lage auf dem Mietmarkt zusätzlich durch die Verlagerung der Nachfrage vom Kauf- in den Mietbereich stark beeinflusst. Die Vermarktungszeiten der inserierten Mietobjekte werden noch kürzer; das Mietpreisniveau zieht in allen untersuchten Marktsegmenten leicht an. Die Preiszuwächse im Vergleich Herbst 2022 – Frühjahr 2023 lagen zwischen +0,6 % und +2,3 %.
Im Einzelnen berichtete Prof. Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungsinstituts, von folgenden marktrelevanten Tendenzen:
- Nominaler vs. inflationsbereinigter Anstieg der Mieten: Bei den Mieten für Bestandswohnungen mit einem guten Wohnwert konnte in Bayern seit 2000 ein nominaler (also nichtinflationsbereinigter) Anstieg von +93 % gemessen werden. Inflationsbereinigt lag der Mietanstieg bei +39 %. In München fiel die nominale Mietsteigerung für Wohnungen/Bestand im untersuchten Zeitraum mit +82 % niedriger als im bayerischen Durchschnitt aus. Der inflationsbereinigte Mietanstieg betrug +24 %.
- Baugenehmigungen: Die Zahl der Baugenehmigungen lag 2022 bayernweit bei rund 65.300 Objekteinheiten und somit -4,7 % unter dem Vorjahresniveau. Die Zahl der zum Bau freigegebenen Wohnungen ging in der Landeshauptstadt München 2022 gegenüber dem Vorjahr um beachtliche -14 % zurück und lag bei rund 6.700 Wohnungen. (Quelle: Bay. Landesamt für Statistik)
- Die Inflation in Deutschland: Die Inflation in Deutschland stieg seit der zweiten Jahreshälfte 2021 kontinuierlich an. Im Jahresdurchschnitt 2022 betrug die Quote 6,9 %. Anfang des Jahres 2022 kam es erneut zu einem Anstieg der Teuerungsrate (Januar/Februar jeweils bei 8,7 %). Im März 2023 sank die Quote auf 7,4 %, was vor allem an den niedrigeren Energiepreisen lag. (Quelle: Destatis)
- Den stärksten Anstieg unter den Wohnungsnebenkosten haben seit 2020 die Kosten für Strom, Gas und andere Brennstoffe erfahren. Gegenüber 2020 lag die Verteuerung im Februar 2023 in dieser Kategorie im Durchschnitt bei beachtlichen +57,3 %, wobei einzelne Untergruppen (flüssige Brennstoffe wie z.B. leichtes Heizöl +108 %, Gas +116 %) noch höhere Zunahmen aufwiesen. (Quelle: Bay. Landesamt für Statistik)
- Die Wohnfläche pro Person betrug bayernweit 2021 rein rechnerisch im Durchschnitt 49 m² und lag damit um +18 % höher als im Jahr 2000. In der Landeshauptstadt München fiel die beanspruchte Wohnfläche mit 39,9 m² pro Person deutlich niedriger als im gesamtbayerischen Durchschnitt aus. In den vergangenen 21 Jahren hat der Wohnflächenverbrauch hier lediglich um +2,1 % zugelegt, was auf das hohe Mietniveau sowie ein begrenztes Flächenangebot zurückzuführen ist. (Quelle: Bay. Landesamt für Statistik)