PN 44 – Trotz Corona muss der Gewerbemieter zahlen!

LG München II, Urt. v. 22.09.2020 – 13 O 1657/2020

Zum Sachverhalt:

Der Vermieter verlangte ausstehende Miete von einem Mieter, der die Mieträume zu Gewerbezwecken angemietet hatte. Aufgrund einer Allgemeinverfügung des bayerischen Gesundheitsministeriums vom 16.03.2020 musste der Mieter die Galerie in der Zeit vom 18.03. bis 27.04.2020 schließen. Der Mieter bezahlte für die Monate April bis Juni 2020 keine Miete und berief sich auf Anpassung der Vertragsgrundlage (§ 313 BGB).

Aus den Gründen:

Das Landgericht gab dem Vermieter Recht. Eine Minderung läge nicht vor, weil die Nutzbarkeit in den Risikobereich des Mieters falle und ein unmittelbarer Zusammenhang mit der Allgemeinverfügung, die ganz Bayern betreffe, nicht vorläge. Eine Unmöglichkeit der Nutzung, welche die Mietzahlungspflicht entfallen ließe (§ 326 Abs. 1, § 275 Abs. 1 BGB), läge nicht vor, weil die Vermietung nicht gegen ein gesetzliches Verbot verstoße. Die Allgemeinverfügung habe gerade keinen Verbotscharakter. Das Risiko, das Mietobjekt nach dem vom Mieter angedachten Betriebskonzept nutzen zu können, liege nach der gesetzlichen Wertung des § 537 BGB beim Mieter. Eine Anpassung des Vertragsverhältnisses wegen Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 Abs. 1 BGB) entfalle, weil dem seit 01.04.2020 geltendem Corona-Kündigungsverbot (Art. 240 § 2 EGBGB) Sperrwirkung zukomme, soweit es um die Reduzierung oder Stundung der Miete gehe. Unter Hinweis auf das Gesetzgebungsverfahren, in dem von einer politischen Fraktion ein Teilmieterlass gefordert worden sei, dieser jedoch keinen Eingang in das Gesetz gefunden habe, bleibe die Pflicht zur vollständigen Mietzahlung vom Corona-Kündigungsverbot unberührt. Der Gesetzgeber habe in der Gesetzesbegründung ausdrücklich ausgeführt: Die Verpflichtung des Mieters zur Zahlung der Miete bleibt im Gegenzug im Grundsatz bestehen und hat damit bewusst an der Pflicht zur vollständigen Mietzahlung festhalten wollen.

Gegen das Urteil wurde Berufung beim OLG München eingelegt.

Praxishinweis:

Das Urteil gibt die übergreifende Meinung der Instanzjudikatur wieder, die dem Corona-Kündigungsverbot Sperrwirkung für die Fragen der Minderung, Unmöglichkeit und Störung der Geschäftsgrundlage beimisst. Mit einem Hinweisbeschluss vom 17.02.2021 (Az. 32 U 6358/20) in einem gleichgelagerten Rechtsstreit hat jedoch das OLG München als Berufungsgericht mitgeteilt, dass es die Regeln über die Anpassung des Vertragsverhältnisses wegen Störung der Geschäftsgrundlage grundsätzlich für anwendbar hält!

Hier erhalten Sie die PN als PDF-Datei