PN 96 – IVD-Institut analysiert Passanten-Frequenz in den Münchner Top-Einzelhandelslagen – spürbare Belebung gegenüber der Corona-Zeit

Höchste Lauffrequenz in der Kaufingerstraße, die Rosenstraße überholt den Karlsplatz knapp, Fußgängerzonen-Impuls ist in der Sendlinger Straße erst bedingt angekommen.

Das Marktforschungsinstitut des IVD Süd e.V. hat die Passanten-Frequenz in der Münchner Innenstadt gemessen und die Ergebnisse im Rahmen einer Video-Pressekonferenz am 20.09.2022 vorgestellt. „Wenngleich das Vor-Corona-Niveau noch nicht ganz erreicht wurde, zeigte sich die Münchner Innenstadt ab Frühjahr 2022 wieder spürbar belebter als zu vergleichbaren Zeiten in den beiden ersten Corona-Jahren 2020 und 2021“, fasst Prof. Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungsinstituts, die Ergebnisse zusammen. „Nach Wegfall der Maskenpflicht im Einzelhandel Anfang April kehrten die Menschen gerne in die beliebten Münchner Einkaufsmeilen zurück – der stationäre Handel erfuhr wieder großen Zuspruch.“

Die zentrale Aussage der IVD-Passanten-Frequenzzählung liegt nicht in der Frequenzzahl an sich, sondern in der Relation der Frequenzen an den Messpunkten. Da Einflüsse wie Wetter, Wochentag, Veranstaltungen, aber auch coronabedingte Einschränkungen, die Resultate teilweise stark beeinflussen können, ist nur ein bedingter Vergleich der Passanten-Zahlen über die Jahre möglich bzw. sinnvoll. Insofern wird der IVD-Frequenz-Quotient ermittelt, der eine Vergleichbarkeit der verschiedenen Messpunkte untereinander ermöglicht.

Die IVD-Passanten-Frequenzzählung fand im Juli 2022 kurz vor Beginn der Sommerferien in Bayern statt. Im Rahmen der Studie wurde das Passanten-Aufkommen an insgesamt 12 Messstandorten in den 1a- und 1b- Münchner Innenstadtlagen gemessen und analysiert. An 9 Standorten wurden die Passanten klassisch gezählt, an 3 weiteren Standorten wurde auf die Daten von hystreet.com (per stationärer Dauerfrequenzzählung) zurückgegriffen. Im Durchschnitt der 12 Messpunkte wurde eine Passanten-Frequenz von 3.326 Personen pro Stunde ermittelt. Der ermittelte Wert lag somit deutlich über dem Vorjahresniveau (2021: 2.425 Passanten pro Stunde); die Zählung 2021 wurde im September, direkt nach den Sommerferien, durchgeführt.

Die höchste Lauffrequenz in der aktuellen Zählung wurde erneut in der Kaufingerstraße gemessen. Durchschnittlich passierten 8.061 Personen pro Stunde den Messpunkt in der beliebten Einkaufsmeile mit ihrem umfangreichen Shopping-Angebot. Dieser Wert gilt insofern als Maximalwert für den IVD-Frequenz-Quotient (= 1,0).

Im Zeitverlauf seit Anfang 2020 unterliegt die Frequenz-Kurve in der Münchner Kaufingerstraße deutlichen Schwankungen. Durchquerten in Kalenderwoche KW 8/20 im Februar 2020, also kurz bevor die Corona-Pandemie Deutschland erreichte, insgesamt rd. 522.000 Menschen den Messpunkt, so wurden während der beiden großen Corona-Lockdowns mit rd. 31.000 Passanten (KW 13/20) bzw. 46.000 Passanten (KW 2/21) die jeweiligen Tiefpunkte erzielt. Die Top-Frequenz aus dem ersten Quartal 2020 (KW 8/20), konnte erstmalig im Juni 2022 wieder überschritten werden (526.000 Passanten in KW 23/22).*

Mit deutlichem Abstand auf die Kaufingerstraße belegte die Rosenstraße den zweiten Rang in der diesjährigen Betrachtung. Bei einem Frequenz-Quotienten von 0,64 durchquerten 5.139 Passanten pro Stunde den Messpunkt. Die direkt vom Marienplatz ausgehende Rosenstraße mit unmittelbarem U- und S- Bahnanschluss fungiert als Durchgang zur Sendlinger Straße bzw. zum Rindermarkt, beheimatet aber auch selbst attraktive stationäre Händler – zu nennen sind insbesondere der ansässige Apple-Store sowie das Sporthaus Schuster.

Mit einem Frequenz-Quotienten von 0,63 schließt der Karlsplatz (Stachus) die
Top-3 der diesjährigen Untersuchung ab. Im Schnitt durchquerten 5.051 Personen pro Stunde den Zählpunkt. Im letzten Jahr lag der Frequenz-Quotient an dem beliebten Standort, der das Tor zur zentralen Münchner Fußgängerzone darstellt, bei 0,89. Ursächlich für den stark rückläufigen Frequenz-Quotienten war u.a. die Tatsache, dass mehrere U-Bahnlinien an der Station am Karlsplatz während der diesjährigen Zählung nicht hielten.

Betrachtet man die Entwicklung der Passanten-Frequenz im Zeitverlauf in der Neuhauser Straße, der zweiten großen Münchner Einkaufsmeile, die an den Karlsplatz anschließt und über die Kaufingerstraße in Richtung Marienplatz führt, so wird er-sichtlich, dass das Passanten-Niveau aus Vor-Corona-Zeiten noch nicht ganz wieder erreicht wurde. Im Juli bzw. September 2019, also vor der Pandemie, durchquerten zu den Hauptzeiten an Samstagen im Schnitt gut 11.000 Passanten den Messpunkt; im Juli 2022 lag der entsprechenden Frequenz-Wert bei gut 10.000.**

Die Sendlinger Straße, die sich unmittelbar an die Rosenstraße anschließt, wurde durch die Umwandlung in eine autofreie Fußgängerzone bis Ende 2019 spürbar aufgewertet. In der Folge fanden sich zahlreiche neue Mieter ein, aber auch die Filialisierung nahm zu Lasten des traditionellen mittelständischen Einzelhandels spürbar zu. In der Sendlinger Straße/Ecke Hackenstraße wurden bei einem IVD-Frequenz-Quotienten von 0,30 im Schnitt 2.387 Passanten pro Stunde gezählt (Rang 7). Der Messpunkt in der Sendlinger Straße 7, der im weiteren Straßenverlauf folgt, belegt Platz 10 in der aktuellen Betrachtung. Hier war eine Lauffrequenz von durchschnittlich 1.789 Personen pro Stunde festzustellen, die einem IVD-Frequenz-Quotienten von 0,22 entspricht. Speziell der hintere Bereich der Sendlinger Straße leidet hierbei erheblich unter den Baumaßnahmen im Bereich Sendlinger Tor bzw. im U-Bahn-Bereich.

Auch das Tal soll zeitnah – voraussichtlich bis 2023 – in eine Fußgängerzone umgewandelt werden. In Folge einer Verlängerung der Fußgängerzone vom Marienplatz aus bis zum Isartor könnte das Tal, in dem heute vorwiegend gastronomische Angebote zu finden sind, künftig auch für viele Händler ein interessanter Standort werden. Mit einem IVD-Frequenz-Quotienten von 0,24 belegte das Tal Platz 9 in der aktuellen Untersuchung. Die Anzahl der Passanten pro Stunde lag im Schnitt bei 1.971. Derzeit fällt der Standort somit deutlich im Vergleich zu den beliebten großen Einkaufsstraßen ab.

Am Ende der diesjährigen Zählung steht die Maximilianstraße (Rang 12). Im Schnitt durchquerten 768 Passanten pro Stunde (IVD-Frequenz-Quotienten = 0,10) den Messpunkt in der exklusiven Einkaufsmeile, die vorwiegend nur einen ausgewählten, besonders zahlungskräftigen Kundenkreis anspricht.

„Trotz der durchaus wieder hohen Passanten-Zahlen bleibt die Lage für den Handel angespannt,“ so Prof. Stephan Kippes. „Die anhaltend hohe Inflation, steil anwachsende Energiepreise und unterbrochene Lieferketten in Folge des Ukraine-Kriegs sowie erneut strikter Corona-Maßnahmen in China ließen die Sorgen ab dem zweiten Jahresquartal wieder wachsen. Die Konsumlaune der Deutschen hat sich in den letzten Monaten wieder deutlich abgekühlt.“

* Berechnungen des IVD-Instituts auf Basis von hystreet.com am Messpunkt Neuhauser Straße (Ost). Für die Betrachtung herangezogen wurden die Samstage im Juli bzw. September des jeweiligen Jahres (keine Feiertage, keine Lockdowns) im Zeitraum zwischen 10:00 Uhr und 20:00 Uhr.

** Berechnung des IVD-Instituts auf Basis von hystreet.com am Messpunkt Kaufingerstraße

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