OLG Dresden (5. Zivilsenat), Hinweisbeschluss vom 27.02.2024 – 5 U 2077/23
Leitsatz:
Rechtsfolge des Verstoßes eines befristeten Mietvertrages über Geschäftsräume gegen die gesetzliche Schriftform aus §§ 550, 578 Absatz 1 und 2 BGB ist nicht nur gemäß § 550 Satz 1 BGB, dass das Mietverhältnis als für unbestimmte Zeit abgeschlossen gilt. Vielmehr ist eine (in dem gegen die Schriftform verstoßenden Mietvertrag) vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist jedenfalls dann nicht maßgeblich, wenn diese länger ist als die gesetzliche Kündigungsfrist aus § 580a Abs. 2 BGB.
Der Sachverhalt:
Eine GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) schloss als Vermieterin mit einer Einzelperson einen Vertrag über Büroräume. Allerdings unterzeichnete auf Seiten der GbR nur einer der beiden Gesellschafter, ohne dass er einen Vertretungszusatz aufnahm. Das Mietverhältnis wurde für 3 Jahre abgeschlossen, mit einer Verlängerungsklausel, wonach es sich jeweils um 1 Jahr verlängern sollte, wenn nicht bis 3 Monate vor Ablauf eine der Vertragsparteien einer Verlängerung widerspricht. Während der Mietzeit wurden zwei Nachträge geschlossen, die sich jeweils nur auf die Miethöhe bezogen haben, nicht aber darauf, dass der Mietvertrag nur von einem der GbR-Gesellschafter und das noch ohne Vertretungszusatz unterschrieben wurde. Im Verlauf des Mietverhältnisses hat auf Vermieterseite ein Eigentümerwechsel stattgefunden. Der neue Eigentümer kündigte nun dem Mieter mit der gesetzlichen Frist des § 580a Abs. 2 BGB (Ablauf des nächsten Kalendervierteljahres bei Kündigungsausspruch bis 3. Werktag des Vierteljahres). Der Mieter wehrte sich gegen die Räumungsklage mit dem Argument, für den Mietvertrag gelte nicht die gesetzliche Kündigungsfrist aus § 580a Absatz 2 BGB, sondern die sich aus der Verlängerungsklausel im Mietvertrag ergebende Regelung.
Die Entscheidung:
Das OLG hat im Hinweisbeschluss festgehalten, dass der Mieter räumungspflichtig ist, weil der Vermieter innerhalb der gesetzlichen Kündigungsfrist kündigen konnte und nicht die nächste Kündigungsmöglichkeit aufgrund der Verlängerungsklausel im Mietvertrag abwarten musste. Grund: Der Mietvertrag hat die Schriftform nicht eingehalten, die § 550 BGB für Mietverträge fordert, die eine längere Laufzeit als 1 Jahr haben sollen. Die Wahrung der gesetzlichen Schriftform erfordere es, dass sich die wesentlichen Vertragsbedingungen, zu denen insbesondere der Mietgegenstand, die Höhe der Miete und die Dauer sowie die Parteien des Mietverhältnisses zählen, aus der Vertragsurkunde ergeben. Werde eine der Vertragsparteien grds. durch eine Mehrzahl an Personen (also die Gesellschafter) vertreten (wie das bei der GbR der Fall ist), wahrt die Unterschrift nur eines der vertretungsberechtigten Gesellschafter die Schriftform nur, wenn sie den Hinweis enthält, dass der unterzeichnende Gesellschafter die anderen vertretungsberechtigten Gesellschafter vertritt. Das OLG beruft sich dabei auf eine Entscheidung des BGH aus 2013, bei der man durchaus fragen kann, ob der BGH sie heute noch in gleicher Weise fällen würde. Grundsätzlich haben alle Gesellschafter umfassende Vertretungsbefugnis, sodass – wenn klar ist, dass die GbR Partei werden soll – das Weglassen eines Vertretungszusatzes jedenfalls nicht in formaler Hinsicht relevant sein sollte. Will man freilich keine Risiken eingehen, ist entweder die Unterschrift aller Gesellschafter anzuraten, oder jedenfalls das Hinzusetzen eines entsprechenden Vertretungszusatzes. Das OLG hat also einen Schriftformverstoß i.S.d. § 550 BGB angenommen. In der Folge kommt es zu dem Ergebnis, dass dann eine – die gesetzlichen Kündigungsfristen überschreitende – Verlängerungsklausel ebenfalls nicht wirksam ist, soweit auch sie sonst zu einer Bindung über ein Jahr hinaus führen könnte.
Anmerkungen und Tipp:
Bei langfristigen Mietverträgen bleibt das Schriftformthema zu beachten. Mehrere Personen auf der einen oder anderen Seite des Mietvertrags sind gut beraten, entweder die Unterschrift von allen beteiligten Personen unter die Vertragsurkunde zu setzen oder im Falle der Vertretung durch einen von ihnen durch Vertretungszusatz kenntlich zu machen, dass er die anderen vertritt um, z.B. die GbR, vertraglich zu binden.