Deutlich zu niedrige Baugenehmigungszahlen werden sich bei steigendem Wohnraumbedarf erst in den kommenden Jahren vollends bemerkbar machen.
„Bereits im letzten Jahresquartal 2022 entwickelten sich die Baugenehmigungen in Bayern spürbar rückläufig. Im gerade abgelaufenen Jahr 2023 wirkten sich die stark gewachsenen Hypothekenzinsen und Kosten für Baumaterialien sowie die strengen Kreditvergabekriterien der Banken nun schließlich in vollen Zügen auf die Genehmigungszahlen aus“, beschreibt Prof. Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungsinstituts, die schwierige Lage in der Wohnungsbaubranche. „Wie bereits vom IVD Süd prognostiziert, war der Rückgang der genehmigten Wohnungen landesweit mit -24,7 % sehr deutlich. Die Landeshauptstadt München lag dank eines außergewöhnlich starken Novembers hingegen mit +22,8 % über dem Vorjahres-Niveau.“
Neben den schwachen Genehmigungszahlen bereitet seit vielen Monaten das Ansteigen des sog. „Bauüberhangs“, d.h. das Abstoppen bzw. Verschieben bereits zum Bau freigegebener Projekte große Sorgen. Angesichts der schon genannten Kriterien in Verbindung mit den sehr hohen Anforderungen an Neubauten, u.a. in energetischer Hinsicht, wurden die Projektkosten für Bauherren immer schwieriger kalkulierbar. Es ist zu befürchten, dass viele Handwerksfirmen ihr Personal aufgrund einer schwachen Auftragslage vorerst abbauen werden. Diese Kapazitäten werden dann kurz- bis mittelfristig fehlen, wenn der dringend benötigte Wohnungsbau wieder anläuft. „Die Gastronomie-Branche musste hier in der Corona-Zeit schon bittere Erfahrung machen, als viele ausgestellte Mitarbeiter nach dem Ende der Pandemie nicht zurückkehrten, sondern in andere Berufe abwanderten und jetzt händeringend Personal gesucht wird. Die Politik sollte jetzt die Bau- und Immobilienbranche unbedingt unterstützen, damit es nicht in eine ähnliche Richtung geht und damit nicht die Baukapazitäten und das Personal fehlen, um die dringend benötigten Wohnungen zu bauen, wenn der Immobilienmarkt wieder anzieht“, erklärt Prof. Stephan Kippes.
Im gerade abgelaufenen Jahr 2023 wurden bayernweit laut statistischem Landesamt rd. 49.200 Wohnungen in neuen Wohngebäuden zum Bau freigegeben. Gegenüber dem Vorjahr 2022, als für rd. 65.300 Wohneinheiten die Baufreigabe erteilt wurde, entspricht dies einem erheblichen Rückgang von -24,7 %.
Im gesamten Jahresverlauf 2023 waren die Genehmigungszahlen schwach, lediglich im Oktober und November wurde für etwas mehr als 5.000 Wohneinheiten die Baufreigabe erteilt. Dieser vermeintliche leichte Aufwärtstrend wurde im Abschlussmonat Dezember 2023 – bedingt unter anderem natürlich auch durch die Weihnachtstage – wieder unterbrochen (3.258 Genehmigungen).
In der bayerischen Landeshauptstadt München wurde 2023 für rd. 8.200 Wohnungen die Baufreigabe erteilt. Gegenüber dem relativ schwachen Jahr 2022 bedeutet dies ein Plus von 22,8 %. Zu beachten ist hierbei jedoch der äußerst starke Monat November 2023, für den das statistische Landesamt insgesamt 2.527 Baugenehmigungen ermittelte. Zum Vergleich: Der zweithöchste Monatswert liegt lediglich bei 982 Baufreigaben (Februar 2023).
Über das gesamte Jahr 2023 wurden somit in München pro Monat im Schnitt 683 Baufreigaben erteilt. Ohne den sehr starken November 2023 stünden hingegen 515 Baufreigaben pro Monat zu Buche – dies würde gegenüber dem Vorjahr wiederum einem durchschnittlichen Rückgang von etwa 60 Genehmigungen pro Monat entsprechen.
„Bremsen auf der einen Seite die deutlich zu geringen Genehmigungszahlen die Wohnungsproduktion erheblich ab, so wächst der Wohnraumbedarf – bedingt u.a. durch eine steigende Zahl an Einpersonen-Haushalten sowie hohe Zuwanderungszahlen – auf der anderen Seite weiter an“, so Prof. Stephan Kippes. „Eine der dringlichsten Aufgaben der Politik bleibt es daher, den Wohnbau schleunigst spürbar anzukurbeln, um den zu befürchtenden Engpässen entschieden entgegenzuwirken.“