PN 46 – Kündigung DDR-Altmietvertrag wegen Eigenbedarf

BGH, Urt. v. 13.11.2024 – VIII ZR 15/23

Zum Sachverhalt:
Im Juni 1990 vermietete der Kläger eine Wohnung auf dem Territorium der DDR an den Beklagten. Der Mietvertrag sah vor, dass das Mietverhältnis durch Mieterkündigung oder durch gerichtliche Aufhebung endet. Nach der Wiedervereinigung kündigte der Vermieter das Mietverhältnis wegen Eigenbedarf. Der beklagte Mieter wendet dagegen ein, dass auf die Kündigung der zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses geltende § 122 Abs. 1 Satz 1 ZGB anzuwenden sei, der für eine Kündigung wegen Eigenbedarf vorsah, dass der Vermieter die Wohnung „aus gesellschaftlich gerechtfertigten Gründen „dringend“ benötigt“.

Das Amtsgericht hat der Räumungsklage stattgegeben, das Landgericht sie aber abgewiesen, weil es der Auffassung war, dass nur „dringender“ Eigenbedarf zu einer Kündigung berechtige.

Aus den Gründen:
Nein! Nach Auffassung des BGH ist es für das Recht des Vermieters zur Kündigung wegen Eigenbedarfs nicht gem. § 122 Abs. 1 Satz 1 ZGB erforderlich, dass er die Wohnung „aus gesellschaftlich gerechtfertigten Gründen „dringend“ benötigt“. Vielmehr Art. 232 § 2 EGBGB eine spezielle gesetzliche Vorschrift, die auch abweichenden mietvertraglichen Regelungen vorgehe. Der Gesetzgeber wollte mit dem Wirksamwerden des Beitritts die im Beitrittsgebiet bestehenden Mietverträge in das bundesdeutsche Mietrecht der §§ 535 ff. BGB überleiten. Zu diesem Zweck habe er in Art. 232 § 2 Abs. 1 EGBGB ausdrücklich angeordnet, dass für solche Altmietverträge ab diesem Zeitpunkt die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften gelten sollen. Um diese Überleitung sozialverträglich zu gestalten, hat der Gesetzgeber zusätzlich für eine Übergangszeit später mehrfach geänderte besondere Schutzvorschriften geschaffen, die erst mit Wirkung zum 01.05.2004 vollständig entfielen. Die Kündigung wegen Eigenbedarfs war gem. Art. 232 § 2 Abs. 3 Satz 1 EGBGB für eine mehrjährige Übergangszeit bis zum 31.12.1995 grundsätzlich ausgeschlossen. Den Mietern in den östlichen Bundesländern sollte es durch die Wartefrist ermöglicht werden, sich mit dem Inhalt und besonders mit den Schutzvorschriften des sozialen Mietrechts so vertraut zu machen, dass das soziale Mietrecht seine Schutzwirkungen im gleichen Maße wie in den westlichen Bundesländern entfalten kann. Aus diesen Übergangsregeln und den jeweiligen Gesetzesbegründungen ergäbe sich, dass es sich um abschließende gesetzliche Regelungen handelt. Damit sei die Fortgeltung mietvertraglicher abweichender Vereinbarungen nicht vereinbar. Demzufolge sei seit dem Wirksamwerden des Beitritts die vom Gesetzgeber mit Art. 232 § 2 EGBGB i.V.m. §§ 573 ff. BGB getroffenen speziellen Bestimmungen zum Kündigungsrecht des Vermieters zwingend anzuwenden und hiervon abweichende vertragliche Regelungen in DDR-Altmietverträgen unwirksam geworden.

Praxishinweis:
Auch für DDR-Altmietverträge gilt das BGB!

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