Büromieten bewegen sich im Bayern-Durchschnitt seit Anbeginn der Pandemie tendenziell auf konstantem Niveau.
Das Marktforschungsinstitut des IVD Süd e.V. hat am 01.10.2021 auf einer Video-Pressekonferenz den Gewerbemarktbericht „Office/Retail und Investment/Rendite“ Herbst 2021 vorgelegt. Der Bericht gibt Informationen über aktuelle Preise sowie Markttrends auf dem bayerischen Gewerbeimmobilienmarkt und kann über www.ivd-sued-shop.de erworben werden.
„Die Mietpreise am bayerischen Retail-Markt unterliegen weiterhin einem klaren Abwärtstrend, der vor allem in den höherpreisigen Städten besonders deutlich ausfällt“, erklärt Prof. Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungsinstituts. „In der Spitze lagen die Rückgänge in München in der aktuellen Erhebung bei -16,7 %. Trotz der massiven Verwerfungen fanden sich in der bayerischen Landeshauptstadt mit zunehmenden coronabedingten Lockerungen zuletzt auch wieder neue Mieter ein.“
Entwicklungen am Retail-Markt
Im Frühjahr 2021 verzeichneten die Ladenmieten im Bayern-Durchschnitt, von einem vielerorts sehr hohen Niveau ausgehend, erstmalig einen spürbaren Preisverfall. Diese Entwicklung setzte sich nun auch im aktuellen Halbjahresvergleich Frühjahr bis Herbst 2021 fort. Im Geschäftskern sanken die Ladenmieten, je nach Lage und Ladengröße, zwischen -2,8 % und -4,1 %. Im Nebenkern fielen die Rückgänge, vor allem aufgrund des vergleichsweise günstigeren Preisniveaus, mit einem Minus zwischen 0,3 % und 1,7 % etwas verhaltener aus.
In der Landeshauptstadt München, die im deutschlandweiten Vergleich zu den teuersten Adressen gehört, setzten bereits im Herbst 2020 massive coronabedingte Verwerfungen ein. Die Preisspirale dreht sich seitdem stetig nach unten. Im Geschäftskern brachen die Ladenmieten in der aktuellen IVD-Erhebung in der Spitze um -16,7 % ein, im deutlich günstigeren Nebenkern gingen die Mietpreise innerhalb des letzten halben Jahres immerhin um bis zu -11,4 % zurück. In den Stadtrandlagen fällt die Entwicklung spürbar verhaltener aus, das Minus lag, je nach Ladengröße, zwischen 2,4 % und 3,0 %.
Dort wo Händler und Gastronomen die strikten und langwierigen Lockdown-Maßnahmen nicht überlebten, finden sich auch wieder neue Mieter in der attraktiven Münchner Innenstadt ein. Bereits im Frühjahr 2021 nahm die Burger-Kette Five Guys den Betrieb in ihrer neuen Filiale in der Kaufinger Straße auf, das französische Modelabel Lacoste öffnete einen neuen Flagship-Store im Einkaufszentrum Fünf Höfe. Im September kam nun der erste Flagship-Store von hülsta individual am Maximiliansplatz hinzu. Neben spürbar günstigeren Mietpreiskonditionen sind sog. Corona-Klauseln, die eine Absicherung gegenüber weiteren pandemiebedingten Ausfällen schaffen sollen, selbst an Top-Adressen, wie sie die bayerische Landeshauptstadt bietet, heute nicht mehr wegzudenken.
Auch in den anderen bayerischen Großstädten zeigen die Mieten für Ladenlokale größtenteils eine sinkende Tendenz. Im Geschäftskern betrug das Minus im Durchschnitt der untersuchten Städte in der Erhebung Frühjahr bis Herbst 2021, je nach Lage und Ladengröße, zwischen 2,7 % und 5,9 %. Die markantesten Rückgänge wurden in den – nach München – beiden teuersten Großstädten gemessen: In Nürnberg sanken die Mieten im 1a-Geschäftskern in der Spitze um -10,2 %, in Würzburg sogar um -12,5 %. Lediglich in Augsburg stieg das durchschnittliche Preisniveau in der 1a-Lage, unabhängig der Ladengröße, moderat um +0,5 %. Die drittgrößte bayerische Stadt weist hier jedoch im bayerischen Großstadtvergleich weiterhin relativ günstige Preiskonditionen auf.
Vor allem während der beiden langfristigen Corona-Lockdowns sind die Gastronomie und Hotellerie, die Veranstaltungsbranche sowie der stationäre Einzelhandel – Geschäfte des alltäglichen Bedarfs ausgenommen – durch steinige Zeiten gegangen. Konzepte für den Einzelhandel wie „Click & Meet“ oder „Click & Collect“ konnten auch in Lockdown-freien Zeiten die Umsätze nicht annähernd auf das Vor-Krisen-Niveau bringen. Der ohnehin starke Wachstumskurs des Online-Handels nahm dagegen weiter an Fahrt auf. In der Gastronomie und Hotellerie wird der derzeitige Erholungsprozess auch durch einen Mangel an Fachpersonal gebremst. Vielfach stellen Gaststätten wie auch Hotels fest, dass Personal in der Lockdown-Zeit in andere Branchen abgewandert ist und angesichts der aufreibenden Arbeitsbedingungen in seiner angestammten Branche erst spärlich zurückkehrt.
Mit steigendem Impf-Fortschritt sowie dem schrittweisen Wegfall von Corona-Einschränkungen stellt sich die Perspektive aktuell wieder deutlich positiver dar, neue strikte Lockdown-Maßnahmen werden seitens der Politik bislang verneint. „Insgesamt präsentierten sich die bayerischen Innenstädte in Bezug auf das Passanten-Aufkommen in den vergangenen Monaten wieder erheblich belebter. Was bei vielen Marktakteuren weiterhin bleibt, ist eine gewisse Verunsicherung hinsichtlich der Corona-Lage mit Blick auf den Herbst und Winter 2021/2022“, fasst Prof. Stephan Kippes die derzeitige Situation zusammen.
Entwicklungen am Büroimmobilienmarkt
Die Büromieten bewegen sich im Bayern-Durchschnitt seit Anbeginn der Pandemie eher seitwärts. Die Marktakteure agieren bei möglichen Neuanmietungen weiterhin mit Zurückhaltung. Entscheidungen bzgl. Standortverlegungen bzw. Flächenanmietungen werden vielfach zurückgesetzt. Zwar ist der Anteil der Beschäftigten im Homeoffice in den vergangenen Monaten stetig gesunken – Ende Juni 2021 fiel die Homeoffice-Pflicht in Deutschland – dennoch möchten zahlreiche Unternehmen ihren Angestellten auch nach der Corona-Krise die Möglichkeit einräumen, zumindest zeitweise von zu Hause zu arbeiten. Die künftigen Anforderungen an Büroräume sowie der sich daraus ableitende Flächenbedarf müssen häufig noch genauer analysiert werden.
In der Landeshauptstadt München zeigt sich der Markt, nach einem Stillstand bei der Entwicklung der Büromieten in den vorangegangenen beiden IVD-Erhebungen, hingegen durchaus schon wieder etwas dynamischer. Begehrt sind vor allem die Top-Standorte. In City A und City B-Lagen stiegen die Büromieten im Halbjahresvergleich sogar um +1,4 % bzw. +2,0 % an, da hier die Nachfrage auf ein sehr geringes Angebot trifft und es in diesen Bereich fast unmöglich ist, das Flächenangebot durch neue Projektentwicklungen substantiell zu steigern. Apple und Google bauen ihre Belegschaft in der bayerischen Landeshauptstadt in den kommenden Jahren umfassend aus und haben sich hierfür bereits entsprechende Flächen in zentralen Lagen gesichert. Im Sommer 2021 konnten zudem zwei Großanmietungen mit einem Flächenvolumen von jeweils deutlich über 10.000 m² im beliebten Werksviertel verzeichnet werden.
Etwas anders stellt sich die Situation in den Münchner Suburb- und Peripherie-Lagen dar. Hier blieb das Preisniveau in der Betrachtung Frühjahr bis Herbst 2021 weiterhin konstant bzw. war mit einem Minus von 4,0 % in der Peripherie B-Lage rückläufig.
Im Durchschnitt der bayerischen Großstädte wiesen die Büromieten (guter Nutzungswert) in der Betrachtung Frühjahr 2021 bis Herbst 2021 keine Veränderungen auf (+/-0,0 %). Blieb das Preisniveau in den meisten der untersuchten Städte konstant, so wiesen Fürth (+1,0 %), Augsburg (+0,8 %) und Nürnberg (-1,7 %) moderate Ausschläge nach oben bzw. unten auf.
„Die scheinbar etwas optimistischere Stimmung am Bürovermietungsmarkt beschränkt sich derzeit hauptsächlich auf den Top-Standort München“, erklärt Prof. Stephan Kippes. „Die bayerische Landeshauptstadt gehört auch im internationalen Vergleich zu den beliebtesten Adressen, während an B- und C-Standorten, also in Städten mit eher nationaler bzw. regionaler Bedeutung, das Marktgeschehen weiterhin meist überschaubarer bleibt.“
Entwicklungen im Rendite-Investment-Bereich in München
Die bayerische Landeshauptstadt München steht bei Investoren erfahrungsgemäß hoch im Kurs. Nach einem ruhigen ersten Jahresquartal 2021 hat der Investmentmarkt in München in den Monaten April bis Juni deutlich an Fahrt aufgenommen. Die Renditeobjekte in München wiesen auch im Halbjahresvergleich Frühjahr bis Herbst 2021 steigende Multiplikatoren auf, lediglich bei Cityobjekten/Handels-immobilien konnten, wie bereits in der vorherigen IVD-Erhebung, keine Bewegungen festgestellt werden (+/-0,0 %).
Bei Logistikimmobilien setzte sich der steile Aufwärtstrend fort, wenn auch etwas abgeschwächter als zuletzt. Im aktuellen Untersuchungszeitraum bis Herbst 2021 stiegen die Multiplikatoren um +3,7 %. Die Nachfrage nach Logistikflächen ist weiterhin sehr groß, das Angebot v.a. aufgrund fehlender Neubauflächen jedoch äußerst gering.
Der Investmentmarkt für Büros wurde in München im ersten Halbjahr 2021 durch drei große Transaktionen angetrieben (Highlight Towers, Uptown Munich, Mediaworks). Die Multiplikatoren für Büroobjekte wuchsen im Halbjahresvergleich Frühjahr bis Herbst 2021 um +1,4 % (City A) bzw. +1,5 % (City B).
Im Einzelnen berichtet Prof. Stephan Kippes, Leiter des IVD-Markt-forschungsinstituts, von folgenden marktrelevanten Tendenzen:
- Zahl der Gewerbeanmeldungen weiterhin auf hohem Niveau: Nach einem starken Jahr 2020 war die Zahl der Gewerbeanmeldungen auch im ersten Halbjahr 2021 hoch. Insgesamt wurden zwischen Januar und Juni 67.247 Gewerbebetriebe angemeldet, gegenüber dem Vorjahreszeitraum beträgt das Plus 15,0 %. Die Zahl der Gewerbeabmeldungen liegt mit 44.520 auf einem ähnlichen Niveau wie im ersten halben Jahr 2020 (-0,3 %). Insgesamt wurden also deutlich mehr Gewerbebetriebe an- als abgemeldet.
- Baugenehmigungen für Büro- und Verwaltungsgebäude leicht im Plus: Für die Zahl der 2021 zum Bau freigegebenen Büro- und Verwaltungsgebäude prognostiziert der IVD im Vergleich zum Vorjahr einen leichten Zuwachs von +1,5 % auf bayernweit 407 Objekteinheiten.
- Baugenehmigungen für Handels- und Lagergebäude rückläufig: Ein leichtes Minus von 2,4 % gegenüber 2020 errechnete der IVD hingegen bei der Zahl der genehmigten Handels- und Lagergebäude. Laut Hochrechnung werden 2021 bayernweit 1.958 Baufreigaben erteilt.
- Arbeitsmarkt deutlich im Aufwind: Im August 2021 wurden bayernweit 253.108 Erwerbslose registriert. Die Arbeitslosenquote lag mit 3,3 % deutlich unter dem Vorjahreswert von 4,1 %. Auch die Kurzarbeiterquote ging im Zeitverlauf deutlich zurück: Erreichte der Wert im April 2020 deutschlandweit mit 17,9 % seinen Höchststand, so geht die Hochrechnung der Bundesagentur für Arbeit im Juni 2021 von einer Kurzarbeiterquote von 4,7 % aus.