PN 107 – Transparenz dringend notwendig – Anmerkungen von Prof. Stephan Kippes zum geballten Kauf von Großimmobilien im Münchner Stadtkern

Eine seriöse Kommunikationspolitik ist angesichts der traurigen Benko-Erfahrungen in München sowohl im Interesse der Bevölkerung als auch im Interesse des Investors.

In München hat eine erhebliche Anzahl von Großimmobilien im Stadtkern den Eigentümer gewechselt, so in der Rosenstraße das ehemalige Kaut-Bullinger-Haus und das Gebäude, in dem Sport Schuster beheimatet ist, sowie das Hirmer Haus in der Kaufingerstraße. Darüber hinaus wird Seitens des neuen Eigentümers Erich Schwaiger bzw. verbundener Unternehmen versucht, in Form des ehemaligen Hertie und späteren Karstadt am Hauptbahnhof und der Alten Akademie in der Neuhauser Straße weitere namhafte und stadtbildprägende Immobilienkomplexe zu erwerben. Bezüglich der Alten Akademie, die vormals als Statistisches Landesamt diente, wird allerdings in der Presse berichtet, dass die Thiele-Familienstiftung und die Hammer AG in den Verhandlungen die Nase vorn haben. Die Bündelung von Münchner Großimmobilien führt bereits seit geraumer Zeit zu heftigen Spekulationen in der Branche wie auch in der Bevölkerung, wer die Kapitalgeber hierfür sein könnten und wie die dahinterstehende Strategie ist.

Es ist grundsätzlich erfreulich, dass es bei Immobilien wieder vorangehen könnte, bei denen lange hinter hohen und verlotterten Bauzäunen Stillstand herrschte, wie etwa dem ehemaligen Karstadt am Hauptbahnhof. Hierbei liegt die Betonung allerdings auf dem Wort „könnte“, beziehungsweise dem Konjunktiv. Viele Münchner werden an einem erfolgreichen Abschluss bei den hängengebliebenen und fast schon zum festen Stadtbild geworden Signa-Projekten frühestens dann glauben, wenn die ersten Mieter eingezogen sind. Außerdem wäre es überraschend, wenn kurzfristig wieder großangelegte Arbeiten an den Bauruinen aufgenommen würden. Große Immobilienprojekte ziehen nach derartigen Transaktionen vielfach umfängliche Umplanungen und damit verbunden Genehmigungs-Themen nach sich und die anschließenden eigentlichen Bauzeiten sind nicht zu unterschätzen.

Welche negative Wirkung Bauruinen auf die Innenstadt beziehungsweise ganze Einzelhandelslagen haben können, zeigt die aktuelle IVD-Passantenfrequenzzählung vom Sommer 2025. Der Stachus, in der Vergangenheit zeitweise sogar die Lage mit der höchsten Passantenfrequenz in der Münchner Innenstadt, landete abgeschlagen auf dem vierten Rang. Das Passanten-Aufkommen liegt hier bei weniger als der Hälfte im Vergleich zur Kaufingerstraße, die den ersten Platz erzielt. 2019 belegte der Stachus noch den ersten Platz. Ein bedeutender Grund für die scheinbar schwindende Attraktivität des Platzes war die Schließung des Galeria Kaufhofs im Herbst 2022 mit anschließendem Leerstand. Ein weiterer Grund ist die benachbarte Schützenstraße, die seit der Signa-Pleite im Herbst 2023 immer mehr verkommt: Sie hätte eigentlich zu einer attraktiven Verbindung zwischen Hauptbahnhof und der am Stachus beginnenden Münchner Hauptfußgängerzone umgestaltet werden sollen, strahlt aber im derzeitigen Zustand negativ auf den Stachus aus. Anders ausgedrückt: Der Stachus wurde doppeltes „Signa-Pleite-Opfer“.

Grundsätzlich wirft die neue Situation erhebliche Fragen und Bedenken auf. München hat in den letzten Jahren bereits einmal die traurige Situation erleben müssen, dass mit René Benko und seiner Signa-Gruppe ein großer Investor eine beachtliche Anzahl von Großobjekten in Spitzenlagen zusammengekauft hat – einige sagen sogar wild zusammengekauft hat – und dann krachend scheiterte und Bauruinen hinterließ, von denen niemand weiß, ob und wann die Projekte abgeschlossen werden. Die Lehre für München war eindeutig: viele große Immobilien in einer Hand ziehen ein Cluster-Risiko nach sich, was zu einem besonders großen Problem wird, wenn der Investor scheitert.

Wer erfolgreich Immobilienprojekte durchführen will, muss sich mit den wichtigsten Anspruchsgruppen – neudeutsch Stakeholdern – auseinandersetzen, deren Bedenken und Anregungen mitnehmen und mit ihnen tragfähige Lösung entwickeln.

Bei großen Immobilien-Deals besteht teilweises Interesse Stillschweigen zu vereinbaren, etwa bis zum Vertragsabschluss. Ein Stillschweigen bei Einzelprojekten wäre für die Stadt, die Anwohner, den umliegenden Einzelhandelsbesatz sowie sonstige wichtige Anspruchsgruppen nicht erfreulich, aber noch eher hinzunehmen wie in diesem Fall, wo es um ein ganzes Bündel von Objekten in Spitzenlagen in der Münchner Innenstadt geht bzw. um Immobilien, die für München Landmark-Charakter haben, und gäbe es die traurigen Erfahrungen der Benko/Signa-Insolvenz nicht.

Das heißt, Transparenz ist notwendig und angebracht und sie sollte auch im Interesse des Investors und der hinter ihm stehenden Kapitalgeber sein, nicht zuletzt, weil hierdurch Ängste und bizarre Gerüchte, wie sie derzeit kursieren, vermieden werden. Ein konsequentes Nicht-Kommunizieren macht Immobilienprojekte immer wesentlich schwieriger – von der Genehmigung bis hin zu der wichtigen Akzeptanz dieser Projekte in der Bevölkerung.

Prof. Stephan Kippes