In der Region Stuttgart im ersten Halbjahr 2023 -23 % weniger genehmigte Wohnungen als im 5-Jahres-Mittel, größte Rückgänge mit -43 % bzw. mit -37 % in den Regionen Hochrhein-Bodensee und Rhein-Neckar
„Das stark gestiegene Zinsniveau und die weiterwachsenden Anforderungen an Neubauten bremsen den Wohnungsbau in Baden-Württemberg spürbar. Potenzielle Kauf- bzw. Bauwillige ziehen sich vermehrt zurück. Auch bereits genehmigte Projekte werden immer öfter zurückgestellt bzw. ganz gestoppt“, erklärt Prof. Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungsinstituts. „Die Tragik besteht darin, dass der Bedarf an neuem Wohnraum gerade in den prosperierenden Regionen ungebrochen hoch ist und in den kommenden Jahren mit vielerorts steigenden Einwohnerzahlen und tendenziell immer mehr Einpersonenhaushalten weiter zunehmen wird.“
Redaktioneller Hinweis: Das IVD Institut hat diese Analyse für alle Regierungsbezirke, Regionen sowie Stadt- und Landkreise Baden-Württembergs durchgeführt. Im Anhang finden Sie zwei Listen mit allen Stadt- und Landkreisen Baden-Württembergs – sowohl in regionaler Sortierung als auch sortiert nach den höchsten Abschlägen.
Im ersten Halbjahr 2023 wurden in allen vier Regierungsbezirken Baden-Württembergs teilweise deutlich weniger Wohneinheiten in neuen Wohngebäuden zum Bau freigegeben als im 5-Jahres-Mittel der vorangegangenen ersten Halbjahre (2018 – 2022). Besonders hoch fielen die Abschläge im Regierungsbezirk Karlsruhe aus (-31,2 %), gefolgt von den Regierungsbezirken Freiburg (-29,1 %) und Stuttgart (-23,9 %). Einzig im Regierungsbezirk Tübingen zeigte sich der Rückgang mit -2,8 % verhalten.
Von den insgesamt 44 Stadt- und Landkreisen Baden-Württembergs wiesen 39 im ersten Halbjahr 2023 eine niedrigere Anzahl an genehmigten Wohnungen auf als im 5-Jahres-Mittel der vorangegangenen ersten Halbjahre (2018 – 2022), nur in 5 Städten bzw. Landkreisen konnten Anstiege beobachtet werden.
Die mit Abstand größten Abschläge wurden in der Stadt Mannheim mit -72,5 % gemessen, gefolgt von den Landkreisen Konstanz, Bodenseekreis, Calw, Heidenheim und der Stadt Heidelberg mit jeweiligen Rückgängen in der Spanne zwischen -50 % und -58 %. Auch in der einwohnerstärksten Stadt Baden-Württembergs, der Landeshauptstadt Stuttgart, lag der Rückgang bei deutlichen -38,5 %. Die stärksten Zuwächse wurden im Landkreis Tübingen (+123,8 %), der Stadt Baden-Baden (+106,3 %) und dem Landkreis Ravensburg (+97,9 %) registriert.
Insgesamt gilt: Je kleiner der betrachtete Markt, desto höher können die Schwankungen bei den Werten im Zeitverlauf ausfallen. Einzelne größere Bauprojekte können die Halbjahreszahlen spürbar beeinflussen.
Auf Regierungsbezirksebene, also auf einer relativ großen räumlichen Ebene basierend, sind die deutlich abflauenden Genehmigungszahlen wie beschrieben in allen vier Regierungsbezirken Baden-Württembergs sichtbar.
In fast allen 12 Regionen Baden-Württembergs wurden gesunkene Baugenehmigungszahlen in Relation des ersten Halbjahrs 2023 und des 5-Jahres-Mittels der vorangegangenen ersten Halbjahre (2018 – 2022) festgestellt. Die höchsten Abschläge wurden dabei in den Regionen Hochrhein-Bodensee (-43,3 %), Rhein-Neckar (-36,6 %) sowie Ostwürttemberg (-33,7 %) registriert. In der bevölkerungsreichsten Region Baden-Württembergs, der Region Stuttgart, lag der Rückgang der erteilten Baugenehmigungen bei beachtlichen -23,3 %. In zwei Regionen, die zum Regierungsbezirk Tübingen gehören, wurde hingegen eine Zunahme der Baugenehmigungen ermittelt: Neckar-Alb (+3,7 %) und Bodensee-Oberschwaben (+18,4 %).
Gründe für die derzeit starke Zurückhaltung von Bauträgern sind insbesondere die stark angewachsenen Zinsen, strenge Kriterien bei der Kreditvergabe, eine noch immer hohe Inflation, schwer kalkulierbare Projektkosten sowie hohe Anforderungen im Neubau. Es lässt sich bei Neubauvorhaben nur schwer abschätzen, welchen Kaufpreis der Markt bei Fertigstellung einer Immobilie zu zahlen bereit ist. Die Unsicherheiten bremsen die Bauträger enorm aus.
Positiv zu beurteilen ist, dass angesichts der eingebrochenen Neubautätigkeit seitens der Bundesregierung darüber nachgedacht wird, die degressive Abschreibung wieder einzuführen. Diese erlaubt es Investoren, sich durch eine höhere Abschreibung in den Anfangsjahren schneller zu refinanzieren. Negativ bei der angedachten Regelung ist allerdings, dass Eigennutzer hierbei ausgenommen werden sollen. Gerade diese tragen in erheblichem Umfang zur Bautätigkeit bei und leiden ebenso unter den gestiegenen Zinsen. Wenn man die Bautätigkeit spürbar ankurbeln will, sollte man daher auch Eigennutzer mit der degressiven Abschreibung unterstützen.
2023 – PN 105 – Baugenehmigungen BaWü – RegBezirke Regionen SK LK