Steigende Finanzierungs- und Baukosten sowie gesetzliche Regulierungen bremsen dringend benötigten Wohnungsbau zunehmend aus.
„Die in den vergangenen Monaten kontinuierlich angestiegenen Finanzierungs- und Baukosten, eine restriktivere Kreditvergabe der Banken sowie weiterhin wachsende Anforderungen an Neubauten belasten die Immobilienbranche und speziell auch das Baugewerbe erheblich“, erklärt Prof. Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungsinstituts. „Zum Jahresende 2022 spiegelte sich die aktuelle Entwicklung nun endgültig auch in den spürbar rückläufigen Baugenehmigungszahlen wider; laut Berechnungen des IVD Süd lag die Zahl der genehmigten Neubauwohnungen im gerade abgelaufenen Jahr 2022 bei rd. 64.000 Objekteinheiten und somit deutlich unter dem Vorjahresniveau (-6,6 %).“*
In den ersten drei Quartalen 2022 (Januar bis September) genehmigten die Behörden in Bayern laut statistischem Landesamt rd. 52.200 neue Wohneinheiten, gegenüber dem Vorjahreszeitraum entspricht dies lediglich einem marginalen Rückgang von -0,5 %. Die endgültige Trendwende setzte im letzten Quartal 2022 ein: Im Oktober und November lagen die Baugenehmigungszahlen mit rd. 4.100 bzw. 3.700 Objekteinheiten erstmalig in der Jahresbetrachtung 2022 deutlich unter der Marke von 5.000 genehmigten Wohnungen. Im Vergleich Oktober 2021 zu 2022 entspricht dies einem Rückgang von -20 %, im Vergleich November 2021 zu November 2022 sogar von -30 %.
Vermehrt ist zu beobachten, dass sich potenziell Kauf- bzw. Bauwillige zurückziehen. Auch ist zu befürchten, dass immer mehr bereits genehmigte Projekte zurückgestellt bzw. abgestoppt werden. Die Auftragseingänge im bayerischen Bauhauptgewerbe verdeutlichen die prekäre Lage: Im November 2022 beliefen sich diese laut statistischem Landesamt in der Sparte Wohnungsbau auf rd. 361 Mio. €, gegenüber dem Vorjahresmonat bedeutet dies ein markantes Minus von 21,2 %.
2021 wurden bayernweit rd. 53.000 Wohnungen fertiggestellt (-4,4 % gegenüber 2020). Die Fertigstellungszahlen bewegten sich seit 2017 auf einem relativ konstanten, im Vergleich zu den Jahren 2010 bis 2016 sogar hohen Niveau. Trotz dieses augenscheinlich positiven Ergebnisses kann der hohe Bedarf an Wohnungen, insbesondere in den prosperierenden Gegenden in Bayern, nicht gedeckt werden. Der Anteil an preiswertem Wohnraum ist vielerorts zu knapp – stark gestiegene Energiekosten verschärfen die Problematik v.a. für Haushalte mit niedrigem Einkommen immer mehr. Potenzielle Kaufinteressenten, die sich angesichts massiv gestiegener Finanzierungskosten kein Eigenheim mehr leisten können, drängen zudem vermehrt ins Mietsegment. Auch steigende Bevölkerungszahlen – nicht zuletzt durch die zahlreichen Geflüchteten aus der Ukraine – sowie eine wachsende Anzahl an Einpersonenhaushalten treiben den Bedarf an Wohnungen im Freistaat weiter an.
„Wird der Bedarf an adäquaten Wohnungen also auch künftig äußerst hoch bleiben, deuten die aktuellen Genehmigungszahlen in vielen Regionen Bayerns auf erhebliche künftige Wohnungsengpässe hin“, prognostiziert Prof. Stephan Kippes. „Um das ambitionierte Ziel von bundesweit jährlich mindestens 400.000 neuen Wohnungen, an dem die Bundesregierung weiterhin festhält, zu erreichen, müssen dringend umfassende Maßnahmen ergriffen und u.a. Investitionsanreize für den Wohnungsneubau geschaffen werden. Im aktuellen Jahr 2023 wird dieses Ziel auf jeden Fall deutlich verfehlt werden.“
* Dargestellt sind alle genehmigten Wohnungen in neu errichteten Wohngebäuden. Endgültige Zahlen liegen für den Zeitraum Januar bis November 2022 vor.