PN 28 – Ladenmieten im Bayern-Trend weiter rückläufig

In Münchner Top-Lagen konstante Ladenmieten sowie deutlich ansteigende Büromieten

Polarisierung des Vermietungsmarktes: Zentrale Top-Flächen sind gefragt, nicht mehr zeitgemäße bzw. dezentrale Büros haben Probleme

Das Marktforschungsinstitut des IVD Süd e.V. hat am 08.04.2024 auf einer Video-Pressekonferenz den Gewerbemarktbericht „Office/Retail und Investment/Rendite“ Frühjahr 2024 vorgelegt. Der Bericht gibt Informationen über aktuelle Preise sowie Markttrends auf dem bayerischen Gewerbeimmobilienmarkt und kann über www.ivd-sued-shop.de erworben werden.

„Die aktuellen Krisen machen der deutschen Wirtschaft weiterhin zu schaffen, dieses Stimmungsbild überträgt sich auch auf die bayerischen Gewerbeimmobilienmärkte“, beschreibt Prof. Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungsinstituts, die aktuelle Lage. „In den meisten untersuchten bayerischen Groß- und Mittelstädten sanken die Ladenmieten im Halbjahresvergleich Herbst 2023 zu Frühjahr 2024 deutlich; die Büromieten erfuhren in der Regel leichte Preiskorrekturen nach oben bzw. unten. In den gefragten Münchner Top-Lagen haben sich die Ladenmieten hingegen auf stabilem Niveau verfestigt, während sich die Mieten für Büros in der aktuellen Erhebung sogar deutlich nach oben bewegten. In Verbindung mit einem wieder verbesserten Finanzierungsumfeld zeigen sich auch die Investmentmärkte in der Landeshauptstadt wieder etwas im Aufwind.“

Entwicklungen am Retail-Markt
Zu Beginn des Jahres 2024 beschäftigen eine noch immer hohe Inflation, eine gedämpfte Konsumlaune sowie auch die Erhöhung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie auf wieder 19 % Händler, Gastronomen und Hoteliers weiterhin. Anders als während der Corona-Pandemie bremsten die neuen Krisen ab 2022 auch den Online-Handel. Die Nachfrage nach Ladenflächen ist derzeit dennoch vorhanden. Gefragt sind insbesondere gut geschnittene Ladeneinheiten in guten, hoch frequentierten Lagen. Die Mieten aus der Vor-Corona-Zeit werden in diesen Top-Lagen in der Regel bei Weitem nicht mehr erzielt. In weniger guten Lagen werden teils Incentives, wie etwa mietfreie Zeiten, gewährt.

Am Beispiel der letzten großen deutschen Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) zeigt sich, welch schweren Stand Kaufhäuser haben. Binnen weniger Jahre hat GKK im Januar 2024, u.a. als Folge der Insolvenz der Signa-Gruppe, zu der die Kaufhausimmobilien gehören, zum dritten Mal selbst Insolvenz beantragt. Im Zuge des vorherigen Insolvenzverfahrens wurden im Sommer 2023 sowie Anfang 2024 bereits mehrere Standorte geschlossen. Mit zwei verbliebenen Bietern sollen nun finale Gespräche über den Verkauf der Warenhauskette geführt werden. Wie viele Filialen unter dem dann neuen Eigentümer erhalten bleiben, hängt insbesondere von den noch andauernden Verhandlungen mit den Vermietern ab. Mindestens 60 der verbliebenen 92 Kaufhäuser sollen nach derzeitigem Stand weiter betrieben werden. „Im Falle derartiger Geschäftsaufgaben gestaltet sich die Nachvermietung dieser mehrgeschossigen Warenhäuser für gewöhnlich äußerst problematisch, vor allem für die oberen Etagen. Insbesondere das Fehlen von Mietern, die solch große Flächen anmieten, die Belichtungssituation, das Thema Brandschutz sowie teilweise auch der Denkmalschutz bereiten Probleme. Gerade an den etwas kleineren Einzelhandelsstandorten trifft der Wegfall eines wichtigen Ankermieters wie GKK auch umliegende Einzelhändler hart“, so Prof. Stephan Kippes.

Im Bayern-Durchschnitt gingen die Ladenmieten (Neuvertragsmieten) im Untersuchungszeitraum Herbst 2023 zu Frühjahr 2024 über alle Lagen hinweg zurück. In den begehrten 1a-Geschäftskernlagen fiel das Minus mit 7,5 % für kleinere Läden bzw. 6,0 % für größere Läden am deutlichsten aus.

In der Landeshauptstadt München haben sich die Ladenmieten in den noch immer hochpreisigen Top-Lagen inzwischen auf einem konstanten Niveau, das deutlich unter dem aus der Vor-Corona-Zeit liegt, verfestigt. Gegenüber Herbst 2023 kam es hier im Frühjahr 2024 zu keinen weiteren Preiskorrekturen. Insbesondere die Tourismuszahlen sowie die Lauffrequenzen in den Münchner Einkaufsmeilen zeigen sich nach zwischenzeitlichen pandemiebedingten Verwerfungen wieder sehr stark – für internationale Händler ist und bleibt die bayerische Landeshauptstadt das deutschlandweite Expansionsziel Nummer Eins.

Der Münchner Einzelhandelsvermietungsmarkt nahm ab der zweiten Jahreshälfte 2023 wieder an Fahrt auf. In der Kaufingerstraße haben Ende 2023 unter anderem der schwedische Mode-Gigant H&M (Flagship-Store auf 4.000 m² Fläche) sowie das dänische Schmuck-Label Pandora (größter nordeuropäischer Store auf 135 m² Fläche) neue Flagship-Stores eröffnet. Die inzwischen drei Insolvenzen der Kaufhauskette Galeria Karstadt Kaufhof haben in den vergangenen Jahren auch mehrere Warenhäuser aus der bayerischen Landeshauptstadt verschwinden lassen: Von den neun Standorten im Jahr 2020 sind nur noch vier geblieben. Insbesondere die Zukunft des Standorts am Rotkreuzplatz ist ungewiss.

Im Durchschnitt der bayerischen Großstädte (ohne München) sanken die Ladenmieten im Halbjahresvergleich Herbst 2023 bis Frühjahr 2024 im Geschäftskern, je nach Lage und Ladengröße, zwischen -3,4 % und -5,1 %. Anders als in München kam es in allen anderen Großstädten zu Preisabschlägen. Im Durchschnitt der untersuchten bayerischen Mittelstädte reduzierte sich das Preisniveau im Geschäftskern, je nach Lage und Ladengröße, zwischen -1,6 % und -2,0 %.

Entwicklungen am Büroimmobilienmarkt
Neue Arbeitsformen im Zuge von „New Work“, wie bspw. eine Vier-Tage-Woche oder das Arbeiten in Coworking Spaces, führen zunehmend zu einer Neuausrichtung bestehender Bürokonzepte. Homeoffice hat sich in der Arbeitswelt bereits fest etabliert. „Diese Aspekte verändern den Büroflächenbedarf bzw. auch die Anforderungen an Büroflächen spürbar. In Bezug auf strategische Entscheidungen agieren viele Unternehmen in einem konjunkturell eingetrübten Marktumfeld weiterhin zurückhaltend, was sich auch in den schwierigen Bürovermietungsmärkten widerspiegelt“, erklärt Prof. Stephan Kippes.

Die Aspekte Qualität sowie Nachhaltigkeit und Energieeffizienz, also eine hohe ESG-Konformität[1], sind bei Anmietungen heute in aller Regel die entscheidenden Kriterien. Dies führt zunehmend zu einer Polarisierung am Büromarkt: Zentrale Top-Flächen sind gefragt und erzielen steigende Spitzenmieten, während die Vermarktung nicht mehr zeitgemäßer bzw. dezentraler Büros schwierig ist.

Dieser Trend spiegelt sich auch am internationalen Bürostandort München wider: Innerhalb des begehrten und ohnehin hochpreisigen Altstadtrings (City A) kletterten die Büromieten mit +5,0 % weiter empor, innerhalb des Mittleren Rings (City B) lag der Zuwachs sogar bei +6,5 %. Die Anstiege resultieren vor allem aus Vermietungen neu errichteter Flächen in diesen Lagen.[2]

Im Bayern-Durchschnitt zeigten die Büromieten im aktuellen Halbjahresvergleich Herbst 2023 bis Frühjahr 2024 mit einem Minus von 0,8 % leicht nach unten, im Durchschnitt der bayerischen Großstädte stand hingegen ein moderater Anstieg von +1,3 % zu Buche, angetrieben insbesondere durch den Zuwachs in München. Die Preiskorrekturen in den restlichen Großstädten bewegten sich zwischen -1,7 % in Augsburg und +1,5 % in Regensburg. Im Durchschnitt der untersuchten bayerischen Mittelstädte wuchsen die Büromieten um +1,8 %.

Entwicklungen im Investment-Bereich in München
Die Münchner Investmentmärkte erfreuen sich traditionell einer großen Beliebtheit. Im Wohnsegment profitieren Anleger unter anderem von der sehr hohen Nachfrage, die die Mieten seit Jahren nach oben treibt. Auch im gewerblichen Bereich können bei modernen, zentral gelegenen Büros sowie bei gut geschnittenen Ladeneinheiten in Top-Lagen eine vergleichsweise hohe Nachfrage sowie auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten stabile Einzelhandels- bzw. steigende Büromieten festgestellt werden.

Insbesondere die stark gestiegenen Zinsen sowie die konjunkturellen Unsicherheiten haben jedoch auch die Münchner Investmentmärkte für längere Zeit spürbar gehemmt. Ab Ende 2023 kamen wieder einige großvolumige Deals zu Stande, die die Hoffnung schüren, dass die Talsohle nun durchschritten ist. Zu nennen sind hier der Kauf eines Ensembles in der Maximilianstraße sowie des Monachia-Hauses am Stachus. Mit dem Kaut-Bullinger-Haus in der Münchner Rosenstraße hat inzwischen auch die erste Münchner Signa-Immobilie einen neuen Eigentümer gefunden. Die weiteren Immobilien bzw. Grundstücke des insolventen Konzerns, so zum Beispiel die Alte Akademie an der Neuhauser Straße, stehen zum Verkauf.

Ein verbessertes Finanzierungsumfeld könnte in den kommenden Monaten weitere Impulse setzen: Seit September 2023 verblieb der EZB-Leitzins auf konstantem Niveau, ab Mitte 2024 könnte womöglich erstmalig wieder eine Zinssenkung folgen. Deutlich gesunken zu Beginn des Jahres 2024 ist bereits die Inflation; auch die Zinshöhe für Wohnungsbaukredite zeigte im Januar 2024 gegenüber dem Vormonat leicht nach unten.

Bei den Wohnhausmultiplikatoren haben sich die Abschläge gegenüber der letzten IVD-Erhebung im Herbst 2023 leicht abgeschwächt: In der aktuellen Untersuchung Herbst 2023 zu Frühjahr 2024 sanken diese jedoch weiterhin deutlich um -9,5 % (Baujahre vor 1950) bzw. -10,4 % (Baujahre nach 1950).

Auch die Multiplikatoren für gewerbliche Anlageobjekte – also für Cityobjekte/Handelsimmobilien, Büroobjekte sowie Logistikimmobilien – gaben im Halbjahresvergleich abermals erheblich nach.

Bei der Betrachtung der Multiplikatoren ist zu berücksichtigen, dass auf Grund weniger Abschlüsse zuletzt eine geringe Marktevidenz vorlag. Die vom IVD ausgewiesenen Werte können in der Einzelbetrachtung unter Umständen abweichen.

[1] ESG-Konformität (Environmental, Social, Governance): Konformität hinsichtlich ökologischer, sozialer und ethischer Aspekte

[2] Bei den Büromieten handelt es sich in dieser Pressemeldung jeweils um Neuvermietungen im guten Nutzungswert.

2024 – PN 28 – FMB Gewerbe 2024