PN 54: IVD-Marktbericht „Münchner Umland“ Frühjahr 2023: Kaufpreisniveau zeigt nach Jahren deutlicher Anstiege erstmalig moderat nach unten

Weiter hoher Nachfragedruck im Mietsegment; die Neubautätigkeit droht angesichts rückläufiger Genehmigungszahlen spürbar abzubremsen.

Das Marktforschungsinstitut des IVD Süd e.V. hat am 20. Juni 2023 den traditionellen RegionalReport für den Wohnimmobilienmarkt im Münchner Umland vorgestellt. Der Bericht analysiert die aktuelle Marktlage in den Landkreisen Freising, Erding, Ebersberg, München, Starnberg, Fürstenfeldbruck, Dachau und Bad Tölz-Wolfratshausen im Frühjahr 2023.

„Seit dem zweiten Quartal 2022 belastet die Kombination aus signifikant gestiegenen Bau- und Finanzierungskosten, restriktiven Kreditvergaben, der hohen Inflation sowie der Unsicherheiten infolge des Ukraine-Krieges die Entwicklung an den Kaufmärkten“, erklärt Prof. Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungsinstituts. „Bereits im Halbjahresvergleich bis Herbst 2022 schwächten sich die zuvor hohen Kaufpreisanstiege in den Kreisstädten des Münchner Umlands spürbar ab, in der aktuellen Halbjahresbetrachtung bis Frühjahr 2023 konnten nun erstmalig seit vielen Jahren – von einem hohen Niveau ausgehend – moderate Preisnachlässe beobachtet werden.“

Die Trendwende am Kaufmarkt ist im Frühjahr 2023 in sämtlichen untersuchten Kreisstädten des Münchner Umlands endgültig angekommen, der Markt hat sich zum Käufermarkt gewandelt. Die in den vergangenen Jahren immer weiter nach oben kletternden Kaufpreise zeigten im Halbjahresvergleich Herbst 2022 bis Frühjahr 2023 nun erstmalig leicht nach unten.

Bei freistehenden Einfamilienhäusern lag der Preisabschlag im Durchschnitt der Umland-Kreisstädte bei -2,2 %, im Halbjahresvergleich bis Herbst 2022 konnte noch ein gedämpfter Zuwachs von +1,7 % beobachtet werden.[1] In den einzelnen Kreisstädten lagen die Rückgänge zwischen -0,4 % in Freising und -4,0 % in Erding. Zum Vergleich: In der Landeshauptstadt München mussten die Preise in der aktuellen Erhebung um -5,7 % nach unten korrigiert werden.

Nichtsdestotrotz verblieben die Kaufpreise für freistehende Einfamilienhäuser auf einem ausgesprochen hohen Niveau. In Starnberg mussten Käufer im Frühjahr 2023 für eine entsprechende Immobilie im Schnitt 1,99 Mio. € und somit nur unwesentlich weniger als in der Landeshauptstadt München (2,08 Mio. €) aufbringen. Lediglich in Fürstenfeldbruck und in Erding lag der durchschnittliche Kaufpreis knapp unter der 1 Mio. €-Marke.[2]

Der Preisabtrieb zeigte sich auch bei Eigentumswohnungen aus dem Bestand. Im Durchschnitt der Umlandkreisstädte standen entsprechende Objekte im Halbjahresvergleich bis Frühjahr 2023 mit 2,4 % im Minus (Herbst 2022: +2,6 %). In den einzelnen Kreisstädten wurden Preiskorrekturen zwischen -3,5 % in Fürstenfeldbruck und -0,8 % in Starnberg vorgenommen, während in der Landeshauptstadt München die Kaufpreise im Schnitt sogar um -10,1 % nachgaben.

Weiterhin mussten Käufer für gebrauchte Eigentumswohnungen im Frühjahr 2023 in sämtlichen Umland-Kreisstädten durchschnittliche Quadratmeterpreise jenseits der 5.000 €-Marke aufbringen. In Starnberg wurde mit 6.570 €/m² der höchste Wert ermittelt, in der Landeshauptstadt München lag der durchschnittliche Kaufpreis für eine entsprechende Wohnung bei 8.500 €/m².

Im Mietsegment herrscht weiterhin ein sehr hoher Nachfragedruck vor. Anders als im Kaufsegment zeigte das Preisniveau im Halbjahresvergleich Herbst 2022 bis Frühjahr 2023 spürbar nach oben. Neben den klassischen Mietinteressenten treten auch immer mehr eigentliche Kaufinteressenten, die sich angesichts spürbar erschwerter Finanzierungskonditionen den Traum vom Eigenheim derzeit nicht erfüllen können bzw. wollen, als Nachfrager auf.

Im Durchschnitt der Umlandlandkreise verteuerten sich die Mieten für Bestandswohnungen im Halbjahresvergleich bis Frühjahr 2023 um +1,3 %, im Vergleich zur vorherigen IVD-Halbjahreserhebung bis Herbst 2022 (+0,8 %) hat der Preisauftrieb somit nochmals etwas an Fahrt aufgenommen. Während die Mieten in Erding und Dachau auf hohem Niveau konstant blieben (+/-0,0 %), wiesen die übrigen Kreisstädte Steigerungen von bis zu +2,7 % auf. In der Landeshauptstadt München wuchsen die Mieten um +1,6 % an.

Entwicklungen am Wohnimmobilienmarkt

Wie es sich in den vergangenen Monaten bereits zunehmend andeutete, hat die Trendwende an den Wohnimmobilienmärkten nun auch in vollen Zügen die Region um die bayerische Landeshauptstadt München erreicht. Im Kaufsegment herrscht eine spürbare Zurückhaltung vor. Insbesondere die Nachfrage nach älteren Häusern mit einer schlechten Energiebilanz bzw. einem hohen Sanierungsbedarf ist aufgrund der extrem gestiegenen Preise für Erdgas, Öl und Strom sowie der beschlossenen Sanierungspflicht bzw. des aktuell heiß diskutierten Gasheizungsverbots deutlich gesunken.

Die von Verkäuferseite ursprünglich einkalkulierten Preise lassen sich häufig nicht mehr erzielen, weswegen Preisanpassungen vorgenommen werden müssen und sich die Vermarktungszeiten erheblich in die Länge ziehen. Diese ersten leichten Kaufpreisrückgänge können die stark angestiegenen Finanzierungskosten zumeist bei Weitem noch nicht kompensieren. Gerade für potentielle Kaufinteressenten, die nicht über einen hohen Eigenkapitalanteil verfügen, scheint der Traum von der eigenen Immobilie in unerreichbare Ferne gerückt zu sein. „Eigentümer die jetzt verkaufen wollen, sollten preisrealistisch sein und nicht an den Preisvorstellungen von vor anderthalb Jahren festhalten, da sonst sehr lange oder erfolglose Verkaufsbemühungen das Resultat sind“, stellt Prof. Stephan Kippes fest. „Für viele eigentliche Kaufinteressenten bleibt derzeit erst einmal nur der Weg ins Mietsegment.“

Die Verschiebung der Nachfrage vom Kauf- ins Mietsegment erhöht den hohen Nachfragedruck auf den ohnehin angespannten Mietmärkten im Münchner Umland sowie auch in der Kernstadt München noch weiter. Hinzu kommt eine zu erwartende spürbar rückläufige Produktion neuer Wohnungen, die sich in den stark gedämpften Baugenehmigungszahlen seit Ende 2022 bereits andeutet. Erheblich gestiegene Finanzierungs- und Baukosten sowie eine restriktivere Kreditvergabe der Banken gegenüber Bauträgern belasten die Bauwirtschaft erheblich, nicht selten werden Aufträge storniert bzw. bereits genehmigte Vorhaben zumindest temporär gestoppt. Betroffen sind auch die in den vergangenen Jahren in der Region München immer häufiger in Erscheinung getretenen Wohnbaugenossenschaften, die insbesondere den bezahlbaren Wohnraum schaffen sollen, der inzwischen auch im Münchner Umland sehr rar gesät ist.

Auch in einem derzeit schwierigen gesamt- aber auch immobilienwirtschaftlichen Umfeld gehören die bayerische Landeshauptstadt München sowie ihr Umland zu den gefragtesten Wirtschaftsstandorten und Wohngegenden in Deutschland. Die Attraktivität der Umlandgemeinden hängt hierbei insbesondere von der Entfernung zu Arbeitsstätten und Zentren sowie der örtlichen Infrastruktur ab, das sind u.a. ein gutes ÖPNV-Angebot, diverse Kinderbetreuungsmöglichkeiten und Schulen sowie Einkaufsmöglichkeiten in der nahen Umgebung. Gemeinden, die direkt an das S-Bahnnetz des MVV angeschlossen sind, erfreuen sich traditionell einer höheren Nachfrage als Gemeinden ohne eigenen S-Bahnhalt. Im Zuge der Corona-Pandemie ist die Ausstattung mit Terrasse/Garten/Balkon sowie einem eigenen Arbeitszimmer/einer Arbeitsecke vermehrt in den Vordergrund gerückt, sofern dies finanziell umsetzbar ist. Gefragt sind auch Stellplätze mit Lademöglichkeiten. Angesichts markant gestiegener Energiekosten achten sowohl Käufer, als auch Mieter seit einigen Monaten zudem verstärkt auf die energetischen Kennwerte eines Gebäudes.

Entwicklung in den Kreisstädten des Münchner Umlands

Neben einer in der Regel gut ausgebauten sozialen und verkehrstechnischen Infrastruktur sowie einer guten ÖPNV-Anbindung an die Landeshauptstadt haben sich in und um die Kreisstädte des Münchner Umlands oftmals zahlreiche leistungsfähige Betriebe angesiedelt, die ein umfangreiches Arbeitsplatzangebot bieten. Bei Kauf- und Mietinteressenten erfreuen sich diese Gemeinden für gewöhnlich einer besonders hohen Nachfrage.

Dachau

Bis 2033 soll auf dem Areal der ehemaligen MD-Papierfabrik das neue Stadtquartier „Mühlbachviertel entstehen, dass u.a. Wohnraum für mindestens 1.500 Menschen bieten könnte. Derzeit finden Vorbereitungsmaßnahmen statt, Ende 2022 wurde der Mühlbach in ein neu angelegtes Provisorium überführt. Um das Baurecht von der Stadt zu erhalten, soll die Isaria zahlreiche städtische Vorstellungen verpflichtend umsetzen; die Stadt und der Investor haben sich in diesem Zusammenhang im Frühjahr 2023 auf den Einsatz eines Expertengremiums geeinigt, das entsprechende Gestaltungsideen erarbeiten soll. Frühestens 2024 könnten die eigentlichen Bauarbeiten starten.

Am Amperweg konnten inzwischen die 19 Sozialwohnungen, die die stadteigene Wohnungsbaugesellschaft Stadtbau GmbH Dachau errichtet hat, sowie die sich im Haus befindende Kita bezogen bzw. eröffnet werden.

Ebersberg

Im Einheimischen-Baugebiet „Friedenseiche VIII“ hätten bereits 2018 die Baumaßnahmen beginnen sollen. Es kam aufgrund der Anpassung der Vergabekriterien sowie Widerständen angesichts der Bebauungsdichte jedoch mehrfach zu Verzögerungen im Zeitablauf. Nun sieht es so aus, als könnte ab Herbst 2023 endlich mit den Straßenbaumaßnahmen begonnen werden, der Spatenstich für die Wohnbebauung könnte 2024 erfolgen. Im ersten Bauabschnitt sollen sechs Mehrfamilienhäuser mit rd. 60 Wohneinheiten sowie 33 Reihen- bzw. Kettenhäuser entstehen.

Am Kreisklinikum Ebersberg sollen durch die Wohnbaugesellschaft Ebersberg (WBEgKU) weitere Personalwohnungen geschaffen werden.

Erding

Am Poststadl werden insgesamt rd. 200 Wohneinheiten im Geschossbau sowie über 60 Reihenhäuser errichtet. Die ersten Reihenhäuser wurden bereits im August 2021 bezogen. Im Südlichen Thermengarten, wo ebenfalls bereits großflächig Wohnraum entstanden ist, hat die gemeinnützige Siedlungsgesellschaft Oberbayerische Heimstätte bis Anfang 2023 86 Wohnungen errichtet. Weitere Wohneinheiten werden in den kommenden Jahren in dem Quartier folgen.

Bis Ende 2024 soll die Bundeswehr den Fliegerhorst Erding endgültig verlassen. Ab 2025 könnte auf dem Areal mit den ersten Vorbereitungsmaßnahmen für die Errichtung eines komplett neuen Stadtquartiers für bis zu 6.500 Bewohner begonnen werden. Im Zuge des S-Bahn-Ringschlusses wird hier zudem ein neuer Bahnhof errichtet.

Fürstenfeldbruck

Die endgültige Schließung des Fliegerhorsts Fürstenfeldbruck soll 2026 vonstattengehen. Auch auf diesem derzeit noch militärisch genutzten Areal sehen die Planungen ein komplett neues Stadtviertel mit u.a. bis zu 1.600 neuen Wohneinheiten vor.

Mittelfristig für etwas Entlastung könnte ein neues Baugebiet am Hochfeld sorgen. Auf dem rd. 6 ha großen südlichen Teil des Grundstücks zwischen Polizeiinspektion und B471 könnten etwa 330 Wohneinheiten geschaffen werden, der ca. 2 ha große nördliche Teil des Areals bietet weitere Potentiale.

Freising

Auf dem ehemaligen Gewerbeareal an der Angerstraße wird großflächig neuer Wohnraum errichtet. Das Wohnquartier „Am Angerbogen“, in dem rd. 250 Wohnungen errichtet werden, bildet den Auftakt. Der erste Bauabschnitt mit 111 Wohneinheiten sowie einer Kita konnte inzwischen fertiggestellt werden. Im direkt angrenzenden „Anger Quartier“ entstehen weitere 118 Eigentumswohnungen.

In zentrumsnaher Lage, auf dem Gelände der früheren General-von-Stein-Kaserne, wurden bereits zahlreiche Wohneinheiten im neuen Stadtquartier SteinPark errichtet. Die letzten freien Flächen wurden an die Wohnbaugenossenschaft wagnis eG mit der Initiative FREISAM vergeben. Bis Ende 2026 sollen rd. 100 bezahlbare Wohnungen am nördlichen Rand des SteinParks errichtet werden.

Starnberg

Werden in der teuersten Umland-Kreisstadt traditionell meist kleinere, oftmals private Wohnbauvorhaben umgesetzt, so steht mit dem neuen Quartier „Moosaik“ eines der größten städtischen Wohnbauvorhaben seit vielen Jahren in den Startlöchern. Auf dem derzeitigen Gewerbeareal zwischen Moosstraße und Petersbrunner Straße könnten in 17 Gebäuden u.a. rd. 320 Wohnungen entstehen.

Bad Tölz

In den vergangenen Jahren nahm die Wohnnutzung im Badeteil spürbar zu. Während die Stadt weiterhin eine vorwiegend touristische Nutzung vorsieht, möchte die Jodquellen AG auf ihrem Grundbesitz gerne vorwiegend Wohnraum schaffen.

Auf dem Areal der sogenannten Zwickerwiese sollen auf 38 Parzellen hauptsächlich Doppelhäuser entstehen. Das Vergabeverfahren für 14 der insgesamt 23 städtischen Parzellen wurde bereits abgeschlossen. Die Erschließungsarbeiten in dem neuen Wohngebiet sind im Gange.

[1] In den Durchschnitt der Umland-Kreisstädte fließen die Städte Dachau, Ebersberg, Erding, Freising, Fürstenfeldbruck und Starnberg ein.

[2] Alle in dieser Pressemeldung genannten Preise beziehen sich, sofern nicht explizit anders erwähnt, auf den guten Wohnwert.

2023 – PN 54 – Umlandbericht F2023