PN 60 – BGH zu „Denkmalschutz“ als Kaufmangel einer Immobilie

Urteil vom 19.03.2021 – V ZR 158/19

Amtlicher Leitsatz:

Die Denkmaleigenschaft des Kaufobjekts kann einen Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB begründen.

Zum Sachverhalt:

Der Beklagte als Testamentsvollstrecker verkaufte ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück unter Ausschluss der Haftung für Sachmängel. Im Kaufvertrag wurde zur Rechtsmängelhaftung vereinbart: „Der Verkäufer weist den Käufer daraufhin, dass das Objekt seiner Kenntnis nach nicht auf der Denkmalschutzliste verzeichnet ist, es jedoch aus Sicht des Denkmalpflegers erhaltenswerte Bauelemente gibt.“ Tatsächlich war dem Verkäufer selbst bekannt, dass das Gebäude bereits drei Jahre vor Verkauf als Teil eines Ensembles in das Verzeichnis der erkannten Denkmäler (gem. Hamburgischem Denkmalrecht) aufgenommen wurde, quasi also denkmalschutzrechtlich unter Beobachtung gestellt wurde. Einem Bruder des Beklagten war i.Ü. im Rahmen einer Bauvoranfrage von der Behörde mitgeteilt worden, dass die Unterschutzstellung nach Denkmalschutzrecht angestrebt wird. Nachdem der Käufer dann Baumaßnahmen durchführen wollte, wurde das Gebäude in die Denkmalschutzliste aufgenommen, mit der Folge erheblicher Einschränkungen des Käufers hinsichtlich Umbaumöglichkeiten. Den hieraus resultierenden Schaden macht der Kläger geltend.

Die Entscheidung:

Der BGH hält im Ausgangspunkt und insoweit allgemein für die Grundstückspraxis fest: „Die Denkmaleigenschaft des Kaufobjekts kann einen Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB begründen. Nach dieser Vorschrift muss sich der Kaufgegenstand für die gewöhnliche Verwendung eignen und eine Beschaffenheit aufweisen, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Der Käufer einer Immobilie darf grundsätzlich davon ausgehen, dass das Kaufobjekt nicht unter Denkmalschutz steht, weil Denkmalschutz die Ausnahme von der Regel ist.“ Das Gericht verweist dazu auf die umfangreichen rechtlichen Einschränkungen des Eigentümers eines Denkmals hinsichtlich Umgestaltungsmöglichkeiten und auf die umfangreichen Erhaltungspflichten eines Denkmalseigentümers. Damit eigne sich „… ein unter Denkmalschutz stehendes Kaufobjekt nicht für die gewöhnliche Verwendung und …(weise) … eine Beschaffenheit auf, die bei Sachen der gleichen Art nicht üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache nicht hat erwarten müssen.“ Da im konkreten Fall das Kaufobjekt zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs noch nicht in der Denkmalschutzliste aufgenommen wurde und daher nach Hamburgischem Recht noch nicht konstitutiv zum Denkmal geworden war, lag zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs somit kein Mangel vor. Der BGH lässt offen, ob es sich bei der Einstufung eines Gebäudes als „Beobachtungsfall“ für die Denkmaleigenschaft bereits um einen Mangel handelt, jedenfalls sei dies, so stellt er ausdrücklich fest, ein offenlegungspflichtiger Umstand, der einen Mängelhaftungsausschluss – wenn der Offenbarungspflicht nicht nachgekommen wird – leerlaufen lässt. Mit anderen Worten: Schon behördliche Ankündigungen von Maßnahmen, die die Nutzbarkeit eines Gebäudes – wenn sie dann umgesetzt werden – beeinträchtigen, begründen möglicherweise einen Mangel, stellen aber jedenfalls offenbarungspflichtige Umstände dar.

Praxishinweise:

Insbesondere wenn der Denkmalschutz nicht konstitutiv durch Verwaltungsakt verfügt wird (siehe z.B. Bayerische Regelung, wonach sich Denkmalschutz aus den materiellrechtlichen Bestimmungen ergibt und die Denkmalliste nur fakultativ ist) werden Verkäufer, wenn sie Anhaltspunkte dafür haben, dass ein Gebäude als Denkmal eingeordnet werden könnte, gegenüber Käufern offenbarungspflichtig sein. Es sollte also im Zweifel ein Hinweis an den Kaufinteressenten gehen, dass eine Denkmalseigenschaft in Betracht kommt. Wenn es sich nämlich um ein Denkmal handelt und entsprechende Anhaltspunkte für den Verkäufer gegeben waren (z.B. aufgrund von Kenntnis im Rahmen von Bauvoranfragen o. ä.) wäre die Denkmaleigenschaft jedenfalls ein offenbarungspflichtiger Umstand. Wenn die Offenbarungspflicht nicht erfüllt wird, wird in der Regel Arglist unterstellt werden können und damit ein Mängelhaftungsausschluss leerlaufen.

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