PN 59 – IVD-Marktbericht „Münchner Umland“: Hohe Nachfrage nach Wohnimmobilien befeuert Preisniveau auch in Corona-Zeiten

Kaufpreise in Umland-Kreisstädten legen zum Teil kräftig zu – vor allem in Dachau, Erding, Ebersberg und Fürstenfeldbruck deutliche Anstiege.

Das Marktforschungsinstitut des IVD Süd e.V. hat am 12. Juli 2021 im Rahmen einer Video-Pressekonferenz den traditionellen Spezialbericht für den Wohnimmobilienmarkt im Münchner Umland vorgelegt und die aktuelle Marktlage in den Landkreisen Freising, Erding, Ebersberg, München, Starnberg, Fürstenfeldbruck, Dachau und Bad Tölz-Wolfratshausen analysiert.

„Auch in Zeiten der Corona-Krise ist die Nachfrage auf dem Wohnimmobilienmarkt im Münchner Umland immens, ein Abflachen der hohen Preisanstiege ist größtenteils nicht in Sicht,“ erklärt Prof. Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungsinstituts. „Im Zeitraum Herbst 2020 – Frühjahr 2021 stiegen die Kaufpreise vor allem in Dachau, Erding, Ebersberg und Fürstenfeldbruck zum Teil deutlich an.“

Am Kaufmarkt wurden in der jüngsten IVD-Erhebung erneut markante Preiszuwächse beobachtet. Für Eigentumswohnungen aus dem Bestand mussten Käufer im Frühjahr 2021 im Schnitt zwischen 4.680 €/m² in Freising und 6.410 €/m² in Starnberg bezahlen. In sämtlichen Kreisstädten stieg das Preisniveau gegenüber Herbst 2020 an. Am deutlichsten fielen die Zuwächse in Ebersberg (+5,5 %) aus, gefolgt von Erding und Fürstenfeldbruck (jeweils +3,9 %). In Starnberg, der mit Abstand teuersten Kreisstadt, tendierten die Kaufpreise nur marginal nach oben (+0,3 %). In der Landeshauptstadt München betrug der durchschnittliche Quadratmeterpreis für eine Eigentumswohnung aus dem Bestand im Frühjahr 2021 8.150 € (+1,9 %).

Ein ähnliches Bild zeichnete sich bei freistehenden Einfamilienhäusern ab. Lediglich in Starnberg, wo der durchschnittliche Kaufpreis im Frühjahr 2021 bei 1,84 Mio. € lag, wurde mit einem Plus von 0,3 % gegenüber Herbst 2021 nur ein geringfügiger Preiszuwachs beobachtet. Sehr deutlich fiel die Preisentwicklung hingegen in Dachau aus: In der aktuellen IVD-Erhebung wurden im Schnitt 1,09 Mio. € (+6,3 %) für ein entsprechendes Haus veranschlagt. Auch in München, wo Käufer durchschnittlich 2 Mio. € aufbringen mussten, gab es mit +5,3 % einen markanten Anstieg.

In den vergangenen Jahren klaffte die Schere zwischen Kauf- und Mietpreisen immer weiter auseinander: Während die Kaufpreise für Eigentumswohnungen im 5-Jahresfenster (Frühjahr 2016 – Frühjahr 2021) im Durchschnitt der Kreisstädte um +53 % nach oben kletterten, so verteuerten sich Mietwohnungen um +22 %.

In der kurzfristigen Betrachtung Herbst 2020 – Frühjahr 2021 wiesen die Preise am Mietmarkt ein konstantes bis moderat steigendes Niveau auf. In Starnberg lag die Durchschnittsmiete für eine Bestandswohnung bei 17,70 €/m² und damit gleichauf mit der Landeshauptstadt München. In Ebersberg, Freising, Fürstenfeldbruck, Erding und Dachau wurden im Frühjahr 2021 Quadratmetermieten im Schnitt zwischen 12,70 € und 14,20 € bezahlt.

Der Markt in Schlagworten

Der Wohnimmobilienmarkt im Umland der bayerischen Metropole München zeigt sich weiterhin nahezu unbeeindruckt von der Corona-Krise. Zwar dämpften im Frühjahr 2021 die strikten Lockdown-Maßnahmen die Tätigkeiten am Markt vorübergehend erheblich, jedoch stiegen sowohl Angebot als auch Nachfrage mit Lockerung der Maßnahmen wieder sprunghaft an. Insgesamt übersteigt die hohe Nachfrage sowohl nach Kauf- als auch nach Mietobjekten das vorhandene Angebot bei Weitem – das Preisniveau steigt auch in Krisenzeiten unbeirrt weiter an.

Für viele Kauf- und Mietinteressenten ist das Münchner Umland während der Pandemie noch weiter in den Fokus gerückt. Die Sehnsucht nach mehr Raum und Natur ist gewachsen, während eine weitere Entfernung zum (regulären) Arbeitsplatz, v.a. dank einer flexibleren Tagesgestaltung im Zuge von Home-Office-Regelungen, in Kauf genommen werden. Vor allem Gemeinden mit einer gut ausgebauten Infrastruktur sowie vielfältigen Kinderbetreuungs-, Bildungs- und Einkaufsmöglichkeiten erfreuen sich großer Beliebtheit.

Auch die Ansprüche an die Wunschimmobilie haben sich verändert: Ein eigener Balkon bzw. Gartenanteil ist ebenso gefragt wie eine entsprechende räumliche Ausgestaltung, die das Arbeiten von zu Hause ermöglicht. Der durchschnittliche 2-Personenhaushalt benötigt statt wie bisher einer großzügigen 2-Zimmerwohnung vielmehr eine kompakte 3-Zimmerwohnung, in der sich ein separates Arbeitszimmer einrichten lässt; dies führt zu einer gewissen Dynamik am Mietmarkt. Für zahlreiche Kauf- und Mietinteressenten scheitert der Erwerb bzw. die Miete derartiger Immobilien jedoch an den finanziellen Rahmenbedingungen – gerade in einer ohnehin exorbitant teuren Region wie München.

Kaufkräftige Interessenten hingegen sind aus Ermangelung von Anlagealternativen auch dazu bereit, Grundstücke bzw. Immobilien über Wert zu erwerben. Während immer mehr Kreditinstitute Strafzinsen auf große Bankeinlagen erheben, erfreuen sich Wohnimmobilien als eine der nachhaltigsten und sichersten Investitionsformen größter Beliebtheit.

Zahlreiche Umlandgemeinden durchleben seit Jahren einen markanten Einwohnerzuwachs. Der Widerstand in der ansässigen Bevölkerung gegen diesen Kurs wird immer lauter. Vielerorts kann der Ausbau der verkehrstechnischen und sozialen Infrastruktur nicht mit den rasant steigenden Einwohnerzahlen mithalten. Fehlende Gewerbesteuereinnahmen in Folge der Corona-Pandemie setzen den Gemeindehaushalten erheblich zu, so dass nötige Investitionen auf den Prüfstand gestellt werden müssen bzw. wichtige Projekte je nach Priorität abgearbeitet werden.

Immer mehr Kommunen streben daher die Ausweisung neuer Gewerbeareale mit dem Ziel an, v.a. nach Corona wieder große Steuerzahler anzuziehen. Nach wie vor ist die wirtschaftsstarke Region um München als Unternehmensstandort gefragt, in vielen Umlandgemeinden liegen die Gewerbesteuerhebesätze deutlich unter denen in der bayerischen Landeshauptstadt. Die Ansiedlung neuer Betriebe wird jedoch auch neue Bewohner anziehen und die Kritik am Wachstumskurs weiter befeuern.

Entwicklungen am Wohnimmobilienmarkt

Während in der Landeshauptstadt München die Flächenpotentiale rar sind, wurden in zahlreichen Umlandgemeinden in der jüngeren Vergangenheit durchaus substantielle Wohnquartiere geschaffen. Trotz reger Bautätigkeiten in den letzten Jahren sehen sich zahlreiche Kommunen weiterhin einem immensen Druck ausgesetzt: Selbst in Corona-Zeiten übersteigt die Nachfrage das vorhandene Angebot deutlich.

Vor allem die Schaffung bezahlbaren Wohnraums stellt eine große Herausforderung dar. Zahlreiche neuerrichtete Wohneinheiten sind in der jüngeren Vergangenheit im gehobenen Preissegment entstanden; gerade für Interessenten mit niedrigem bzw. mittlerem Einkommen wurde das Angebot in Zeiten rasant steigender Preise immer dünner.

Seit vielen Jahren wird versucht, ortsansässigen Bürgern mit Einheimischen-Modellen vergünstigtes Bauland zur Verfügung zu stellen. Der begrenzten Anzahl an zur Verfügung stehenden Parzellen steht häufig ein Vielfaches an Bewerbern gegenüber. Des Weiteren grenzen derartige Modelle externe Interessenten bis zu einem bestimmten Grad aus, so bspw. junge Menschen in der Phase der Familiengründung, die aus München ins preisgünstigere Umland ziehen möchten.

Zunehmend treten Genossenschaften und Wohnungsbaugesellschaften, u.a. auch aus München, als Bauherren auf. In großflächigen Neubauarealen sichern sich die Kommunen selbst Flächen, auf denen bezahlbarer Wohnraum geschaffen wird. „Diese Anstrengungen gehen durchaus in die richtige Richtung,“ erklärt Prof. Stephan Kippes. „Dennoch ist der Anteil an neugeschaffenen Wohneinheiten, die einkommensorientiert vergeben und finanziell gefördert werden, weiterhin deutlich zu gering.“

Die größten Flächenpotentiale für eine künftige Wohnbebauung sind an den S-Bahnlinien, auf nicht mehr genutzten Gewerbearealen sowie künftig, nach Abzug der Bundeswehr, auf den Fliegerhorst-Geländen in Fürstenfeldbruck und Erding zu finden. Aufgrund der allgemeinen Baugrundknappheit werden häufig P&R-Areale und Supermärkte mit Wohnflächen überbaut.

Entwicklung in den Kreisstädten des Münchner Umlandes

Dachau

Auf dem Areal der ehemaligen MD-Papierfabrik soll die Sanierung des Baufelds bis 2023 abgeschlossen werden. Neben Gewerbeflächen, einem Hotel und einem Museumsforum soll Wohnraum für rund 2.000 Menschen entstehen.

Die stadteigene Wohnungsbaugesellschaft Stadtbau GmbH Dachau errichtet mehrere Sozialwohnungen, die u.a. im Einheimischen-Modell vergeben werden.

Ebersberg

Im Einheimischen-Baugebiet „Friedenseiche VIII“ sollen im ersten Bauabschnitt 40 Wohnungen sowie 24 Reihen- und neun Kettenhäuser entstehen.

Rund um die Kreisklinik Ebersberg werden in den kommenden Jahren zahlreiche Wohnungen, zu großen Teilen für Klinikmitarbeiter geschaffen. Unter anderem tritt die WohnBaugesellschaft Ebersberg (WBEgKU) als Bauherr auf.

Erding

Die Bauarbeiten im Poststadl schreiten voran. Die ersten Häuser sollen noch im Sommer 2021 bezugsfertig werden. Neben 60 Reihenhäusern sind 200 Wohnungen geplant. Rege Bautätigkeiten finden zudem im Thermengarten statt.

Bis zu 3.500 Menschen könnten künftig auf dem Fliegerhorstgelände in Erding ein Zuhause finden. Im Zuge des S-Bahn-Ringschlusses soll u.a. auch ein neuer Bahnhof entstehen. Die Auflösung des Bundeswehr-Standortes soll bis Jahresende 2024 vonstattengehen.

Fürstenfeldbruck

Tausende Wohn- und Arbeitsplätze sollen mittelfristig auf dem Fliegerhorstgelände in Fürstenfeldbruck entstehen. Die Bundeswehr könnte den Standort, nach mehrfachen Verzögerungen, bis 2026 endgültig auflösen. Umfangreiche Planungen laufen bereits. Die Anrainer-Gemeinden möchten mehr in das Großprojekt eingebunden werden, heiß diskutiert wird unter anderem die künftige Verkehrsbelastung.

Freising

Im ehemaligen Gewerbegebiet an der Angerstraße soll ein neues Stadtquartier für insgesamt rund 1.500 Menschen entstehen. Die staatliche Wohnungsbaugesellschaft Bayern-Heim GmbH errichtet 33 Wohneinheiten für Haushalte mit geringem Einkommen.

Im neuen Stadtquartier „Steinpark“, auf dem früheren Gelände der General-von-Stein-Kaserne, sind bereits zahlreiche Wohnungen und Häuser entstanden. Neben großzügigem Wohnraum für etwa 1.000 Menschen entsteht u.a. ein Schulzentrum, das im September 2022 seinen Betrieb aufnehmen könnte.

Starnberg

Starnberg ist die mit Abstand teuerste Kreisstadt im Münchner Umland. Die zum Teil durchaus regen Bautätigkeiten beschränken sich auf Substitutionen oder Nachverdichtungen. Die dringend benötigte Ausweisung von neuem großflächigem Bauland findet nicht statt.

Bad Tölz

Auch wenn der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen nicht direkt an München angrenzt, so befindet sich die Kreisstadt Bad Tölz dennoch im Einzugsbereich der Landeshauptstadt. Entsprechend hoch sind sowohl die Nachfrage als auch das Preisniveau.

Im Badeteil fand in den vergangenen Jahren ein spürbarer Wandel statt. Während Kurhotels und Bade- und Gesundheitseinrichtungen schlossen, entstanden bereits zahlreiche Wohneinheiten. Auf dem Areal der sogenannten Zwickerwiese („Hintersberg II“) werden 23 der insgesamt 38 Parzellen von der Stadt veräußert. Im Herbst 2021 sollen diese unter rund 400 Bewerbern vergeben werden.

Weitere ausführliche Informationen über die aktuellen Preise der Wohnimmobilien können dem „Marktbericht Münchner Umland Frühjahr 2021“ entnommen werden. Dieser kann im IVD-Onlineshop unter www.ivd-sued-shop.de oder beim IVD-Institut (Gabelsbergerstr. 36, 80333 München, Tel. 089/29082020, info@ivd-institut.de) erworben werden.

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