In den bayerischen Mittelstädten Wertzunahmen bei fast allen Objekttypen etwas höher als in den Großstädten
Das Marktforschungsinstitut des IVD Süd e.V. hat am 07.04.2022 auf einer Video-Pressekonferenz den traditionellen Marktbericht „Wohnimmobilien Kaufobjekte Bayern und Landeshauptstadt München Frühjahr 2022“ vorgelegt. Der Bericht gibt Informationen über aktuelle Preise sowie Markttrends auf dem bayerischen Kaufimmobilienmarkt und kann über www.ivd-sued-shop.de erworben werden.
„Während auf dem Gewerbeimmobilienmarkt infolge der Covid 19-Pandemie die meisten Objekttypen bis auf Logistikimmobilien deutliche Preiskorrekturen erfuhren, überstand der Wohnimmobilienmarkt die Krise nahezu unbeeinträchtigt,“ so Prof. Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungsinstituts. „Ungeachtet der kontinuierlich steigenden Preise bleibt die Nachfrage auch im Frühjahr 2022 ungebrochen hoch und wird speziell auch durch die immer noch günstigen, aber leicht anziehenden Hypothekenkredite, eine massiv steigende Inflation, Negativzinsen für Spareinlagen und im Gefolge des Ukraine-Krieges volatile Börsenwerte verstärkt. Das Immobilienangebot dünnt sich dagegen zunehmend aus, da für viele Eigentümer ein Verkauf aufgrund der kaum vorhandenen Kapitalanlagealternativen nicht so attraktiv ist.“
Im Zuge der Corona-Krise haben speziell die Umlandgemeinden rund um die strukturstarken Groß- und Mittelstädte an Attraktivität gewonnen. Das Preisniveau liegt hier meistens noch etwas unter dem Niveau der Ballungszentren. Auch das Angebot an größeren familiengerechten Objekten sowie Wohneinheiten mit Garten ist hier deutlich größer.
Trotz pandemiebedingter Veränderung der Arbeitswelt ist davon auszugehen, dass die Ballungsräume vielfach weiterhin von einem Bevölkerungswachstum und somit von einem hohen Wohnungsbedarf geprägt werden. Der Suburbanisierungstrend in zahlreichen Regionen, der durch die Corona-Pandemie beschleunigt wurde, wird nicht nur durch die hohen Preise, sondern auch durch den Angebotsmangel angetrieben. Dies trifft vor allem auf Familien mit Kindern zu, die immer öfter ihren Wohnort aus der Stadt ins Umland verlegen.
Bayern
Im Rückblick auf die vergangenen zwei Corona-Jahre kann festgestellt werden, dass die Dynamik auf dem bayerischen Wohnimmobilienmarkt insgesamt nur unwesentlich von der Pandemie beeinträchtigt wurde. Die 2020 leicht gestiegene Vermarktungsdauer, aufgrund des weitreichenden Lockdowns in Verbindung mit einer allgemein vorherrschenden Verunsicherung, reduzierte sich angesichts der steigenden Nachfrage im darauffolgenden Jahr 2021 wieder deutlich. Fehlende Immobilienangebote und eine sehr hohe Nachfrage prägen nach wie vor die aktuelle Situation auf den Wohnimmobilienmärkten aller bayerischen Groß- und Mittelstädte.
In der gesamtbayerischen Betrachtung wiesen die Kaufobjekte im Frühjahr 2022 in allen Marktsegmenten teilweise deutlich niedrigere Steigerungsraten als noch im Herbst 2021 auf. Die höchsten Preisanstiege im Vergleich Herbst 2021/Frühjahr 2022 verzeichneten dabei freistehende Einfamilienhäuser mit +3,3 % sowie Baugrundstücke für Einfamilienhäuser mit +3,1 %.
Deutlich verlangsamt hat sich der Preiszuwachs bei Grundstücken für den Geschossbau. In der aktuellen Erhebung lag der Anstieg bei +0,8 % (Herbst 2021: +3,9 %).
Im Marktsegment der Häuser kam es gegenüber Herbst 2021 ebenfalls zu deutlich moderateren Preisanstiegen. In der aktuellen Erhebung verteuerten sich Reihenmittelhäuser/Bestand um +2,9 % (Herbst 2021: +4,3 %) und Reihenmittelhäuser/Neubau um +2,0 % (Herbst 2021: +5,0 %). Die Steigerungsraten bei Doppelhaushälften lagen im Bestand bei +2,8 % und im Neubau bei +2,7 % (Herbst 2021: Bestand +4,0 %, Neubau +4,1 %).
Verzeichneten neuerrichtete Eigentumswohnungen noch im Herbst 2021 mit +6,3 % die höchsten Zuwachsraten bei den untersuchten Objekttypen, entwickelte sich der Preisanstieg im Frühjahr 2022 mit +2,0 % deutlich verhaltener. Bei gebrauchten Eigentumswohnungen lag die Preissteigerung bei +2,5 % (Herbst 2021: +4,0 %).
München
Der Münchner Immobilienmarkt ist weiterhin sehr dynamisch und durch eine anhaltend große Nachfrage bei gleichzeitig geringem Angebot gekennzeichnet. Die Preisspirale dreht sich unaufhaltsam weiter nach oben, allerdings fallen die Anstiege im Frühjahr 2022 bei den meisten Objekttypen deutlich niedriger aus als noch in der vorherigen Erhebung.
Lag die Teuerung bei den untersuchten Objekttypen im Herbst 2021 durchschnittlich bei +8,7 %, reduzierte sich diese im Frühjahr 2022 auf +4,7 %. Die Preiszuwächse im zweistelligen Bereich, die die meisten Objekttypen in München noch im Herbst 2021 aufwiesen, wurden im Frühjahr 2022 nicht mehr erreicht. Die stärksten Zuwächse verzeichneten dabei die neuerrichteten Reihenmittelhäuser mit +5,7 % sowie Eigentumswohnungen/Bestand mit +5,6 %.
Die geringsten Preisanstiege, allerdings auf einem sehr hohen Niveau, wiesen mit +3,2 % Doppelhaushälften aus dem Bestand auf.
München im 10-Jahresvergleich
In den letzten Jahren haben die Kaufpreise für Immobilien in München beachtlich zugelegt. Besonders die Baugrundpreise für freistehende Einfamilienhäuser (+310 %) sind massiv gestiegen. Heute muss man für entsprechende Flächen viermal so viel bezahlen als noch vor 10 Jahren. Die Baugrundstücke für Geschossbau werden im Durchschnitt für das 2,7-Fache dessen verkauft, was sie vor 10 Jahren eingebracht hätten. Unter Berücksichtigung der Inflationseffekte reduzieren sich diese Steigerungen allerdings.
Die Preise für freistehende Einfamilienhäuser (+132 %), Reihenmittelhäuser (+112 %) und Doppelhaushälften (+120 %) haben sich in den letzten 10 Jahren mehr als verdoppelt (jeweils Bestandsobjekte). Der Anstieg bei neugebauten Häusern fiel in den vergangenen 10 Jahren noch etwas höher als bei Bestandsobjekten aus. Die Preise für Reihenmittelhäuser lagen im Frühjahr 2022 bei 135 % und für Doppelhauhälften bei 139 % über den Werten vom Frühjahr 2012.
Auch für Eigentumswohnungen – Bestand oder Neubau – muss deutlich mehr bezahlt werden als noch vor 10 Jahren. Im Frühjahr 2022 lag der Preisanstieg gegenüber Frühjahr 2012 für Eigentumswohnungen/Bestand bei +164 % und Eigentumswohnungen/Neubau bei +144 %.
Aktuelle Entwicklungen an den Immobilienmärkten ausgewählter Städte
Augsburg
In den letzten Jahren wurden in Augsburg mehrere Areale Schritt für Schritt neu entwickelt und großflächige neue Baugebiete ausgewiesen. Trotz der regen Bautätigkeit reicht das Angebot jedoch nach wie vor nicht aus, um die starke Nachfrage bedienen zu können. Hierbei ist zu beobachten, dass nicht nur Wohnungen in guten und sehr guten Wohnlagen im Fokus der Interessenten stehen. Aufgrund des begrenzten Angebotes werden zunehmend auch Wohnungen in einfacheren Lagen bzw. mit einfacherem Wohnwert am Markt stark nachgefragt.
In den vergangenen 5 Jahren (Frühjahr 2017 – Frühjahr 2022) nahm das Preisniveau in Augsburg spürbar zu. Wohnbaugrundstücke für Einfamilien- und Mehrfamilienhäuser legten mit +81 % bzw. +86 % am deutlichsten zu. Freistehende Einfamilienhäuser stiegen im Betrachtungszeitraum um +70 % und Eigentumswohnungen um +53 % (jeweils Bestandsobjekte) an.
Aschaffenburg
Die Areale, die ehemals von der US-Armee genutzt wurden, konnten in den vergangenen 10 Jahren nach und nach dem Aschaffenburger Immobilienmarkt zugeführt werden. Heute weichen, gerade im Stadtgebiet, Altbestände den modernen Gebäuden. Ehemalige Gewerbegrundstücke werden vielmals für die Wohnbebauung umgewidmet, Kernsanierungen durchgeführt sowie Flächenverdichtungen vollzogen. Bezogen auf die städtischen Wohngebiete und die Stadtteile ist die Nachfrage nach wie vor sehr hoch und gerade das Angebot an finanzierbarem Wohnraum, für die Breite der Bürger, entsprechend gering.
In den vergangenen fünf Jahren nahm das Preisniveau in Aschaffenburg spürbar zu. Die mit Abstand deutlichsten Anstiege erfuhren Eigentumswohnungen/Bestand mit +64 %. Wohnbaugrundstücke für Einfamilienhäuser sowie für Mehrfamilienhäuser verteuerten sich um +40 % bzw. +48 %. Bei den freistehenden Einfamilienhäusern lag der Preisanstieg im betrachteten Zeitraum bei +39 %.
Nürnberg
Insbesondere Wohnbauland sowie Grundstücke für Einfamilienhäuser und Geschossbau verzeichnen in Nürnberg zum Teil massive Preissteigerungen. Wie in vielen prosperierenden Städten besteht auch in Nürnberg eine Diskrepanz zwischen der Nachfrage und dem Angebot. Dem versucht die Stadt mit der Ausweisung von neuem Bauland entgegenzuwirken: So entsteht im Südwesten Nürnbergs bis 2025 das neue Stadtquartier „Tiefes Feld“ für etwa 2.300 Einwohner. Geplant sind zudem Projekte an der „Züricher Straße mit rd. 450 Wohneinheiten und „The Q“/Quelle.
In den vergangenen fünf Jahren nahm das Preisniveau in Nürnberg spürbar zu. Die mit Abstand deutlichsten Anstiege erfuhren Wohnbaugrundstücke für Mehrfamilienhäuser mit +60 % sowie freistehende Einfamilienhäuser mit +57 %. Eigentumswohnungen/Bestand verteuerten sich um +53 % und die Baugrundstücke für Einfamilienhäuser um +42 %.
Rosenheim
Mangels attraktiver Renditen bei Geldanlagen bzw. dem mittlerweile auch vielfach eingetretenen Szenario von Negativzinsen sind Eigentümer teilweise verkaufsunwillig. Aufgrund dieser Situation verlieren Geldanlagen unter Einbeziehung der Inflationsrate an Wert. Immobilien weisen dagegen seit längerer Zeit deutliche Wertzuwächse auf. Deshalb profitieren Eigentümer lieber von den steigenden Preisen und behalten ihre Immobilien. Diese Entwicklung verstärkt die Angebotsknappheit in Rosenheim mit einem daraus resultierenden Verkäufermarkt weiter stark.
Das Preisniveau hat in Rosenheim in den vergangenen 5 Jahren deutlich angezogen. Die mit Abstand stärksten Anstiege erfuhren freistehende Einfamilienhäuser mit +61 %. Preise für Wohnbaugrundstücke für Mehrfamilienhäuser stiegen im Zeitraum Frühjahr 2017-Frühjahr 2022 um +55 %, gefolgt von Eigentumswohnungen/Bestand mit +54 %. Wohnbaugrundstücke für Einfamilienhäuser verteuerten sich um +50 %.
Passau
Nach wie vor steht einer großen Nachfrage in Passau ein immer knapper werdendes Angebot gegenüber. Immobilien werden aktuell nur aus wichtigem Grund verkauft. Besonders schwierig stellt sich die Situation für Familien dar, die in Passau bleiben oder sich ansiedeln wollen. Die Neubautätigkeit im Bereich des Geschosswohnungsbaus konzentriert sich speziell auf Wohnungen für Singles oder kinderlose Paare. Große familiengerechte Wohnungen werden dagegen selten angeboten.
Die hohe Nachfrage macht sich deutlich in den Preissteigerungen über die vergangenen fünf Jahre bemerkbar. Am deutlichsten fielen die Zuwächse für Eigentumswohnungen mit +60 % und für freistehende Einfamilienhäuser mit +41 % aus (jeweils Bestand). Die Preisanstiege bei Wohnbaugrundstücken für Mehrfamilienhäuser lagen bei +38 % und für Einfamilienhäuser bei +37 %.
Im Einzelnen berichtet Prof. Stephan Kippes, Leiter des IVD-Markt-forschungsinstituts, von folgenden marktrelevanten Entwicklungen:
– Anstieg der Immobilienumsätze in Bayern ungebremst: Mit einem bayernweiten Umsatzvolumen von insgesamt 72 Mrd. € wurde im Jahr 2021 eine neue Bestmarke erreicht. Im Vergleich zum Vorjahr stiegen die Immobilienumsätze 2021 um beachtliche +11,9 %. (Berechnungen des IVD-Instituts auf Grundlage der Grunderwerbsteuerstatistik)
– Baugenehmigungen 2021: bayernweit leicht im Plus; in München deutlicher Rückgang: Nach Angaben des Statistischen Landesamtes wurden in Bayern im Jahr 2021 (Hochrechnung) insgesamt 68.559 Wohnungen zum Bau freigegeben. Somit sind die Zahlen im Vergleich zum Vorjahr um +1,6 % gewachsen. In der Landeshauptstadt München war die Zahl der zum Bau freigegebenen Wohnungen 2021 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um voraussichtlich rund -24 % (vorläufige Berechnung: Baugenehmigungszahl 2021: 7.760) rückläufig.
– Wohnflächenverbrauch steigt: Die Wohnfläche pro Person betrug bayernweit 2020 rein rechnerisch im Durchschnitt 48,7 m² und lag damit um +17 % höher als im Jahr 2000. In der Landeshauptstadt München fiel die beanspruchte Wohnfläche 2020 mit 39,6 m² pro Person deutlich niedriger aus. Im untersuchten Zeitraum 2000-2020 lag der Anstieg hier bei lediglich +1,4 %. (Quelle: Bay. Landesamt für Statistik)
– Anstieg der Inflation setzt sich fort: In der zweiten Hälfte 2021 stieg die Inflation in Deutschland stark an und lag im Dezember 2021 bei 5,3 %, im März 2022 sogar bei 7,3 %. Im Jahresdurchschnitt 2021 betrug die Inflationsrate bundesweit 3,1 %. (Quelle: Statista)
– Leicht steigendes Zinsniveau: Bei einer Laufzeit von über 10 Jahren lag der Zinssatz im Januar 2022 bei 1,37 % (Vorjahresmonat: 1,15 %). Die Zinshöhe der Kredite mit einer Zinsbindungsdauer von 1 bis 5 Jahren lag bei 1,35 % (Vorjahresmonat: 1,34 %). (Quelle: Deutsche Bundesbank)