PN 32 – IVD-Gewerbemarktbericht Bayern: Ladenmieten am Top-Standort München nach Talfahrt konstant bis verhalten ansteigend, Nürnberg und Augsburg vermelden weiterhin Preisabschläge

Büromieten im Bayern-Durchschnitt dank wirtschaftlicher Erholung und steigender Nachfrage im Plus.

Das Marktforschungsinstitut des IVD Süd e.V. hat am 28.04.2022 auf einer Video-Pressekonferenz den Gewerbemarktbericht „Office/Retail und Investment/Rendite“ Frühjahr 2022 vorgelegt. Der Bericht gibt Informationen über aktuelle Preise sowie Markttrends auf dem bayerischen Gewerbeimmobilienmarkt und kann über www.ivd-sued-shop.de erworben werden.

„Nach mittlerweile rund zwei Jahren in der Corona-Pandemie zeigt sich der bayerische Gewerbeimmobilienmarkt im Frühjahr 2022 wieder dynamischer“, erklärt Prof. Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungsinstituts. „Gerade in der Landeshauptstadt München können im Halbjahresvergleich für Büros sowie teilweise auch für Läden wieder moderate Mietpreisanstiege registriert werden. In der gesamtbayerischen Betrachtung liegen die Mieten für Ladenlokale weiterhin im Minus, während die Büromieten auch hier nach oben zeigen.“

Entwicklungen am Retail-Markt

In den beiden IVD-Erhebungen im Frühjahr und im Herbst 2021 verzeichneten die Ladenmieten im Bayern-Durchschnitt einen spürbaren coronabedingten Preisverfall, der sich auch noch im Frühjahr 2022 fortsetzt. In Geschäftskernlagen fallen die Mietpreisrückgänge jetzt im aktuellen Halbjahresvergleich mit – je nach Lage und Ladengröße – zwischen -1,8 % und -3,2 % etwas moderater aus als im Herbst 2021. Im Nebenkern liegen die Preisabschläge im Frühjahr 2022 bei bis zu -1,5 %; für größere Ladeneinheiten in 1b-Lagen bleibt das Mietniveau in der aktuellen Halbjahresbetrachtung unverändert.

In der traditionell sehr hochpreisigen Landeshauptstadt München waren bereits seit Herbst 2020 massive coronabedingte Verwerfungen zu beobachten, die das Preisniveau in der Halbjahresbetrachtung des IVD teilweise im deutlichen zweistelligen Prozentbereich nach unten drückten. Die aktuell durchaus wieder vorhandene Nachfrage nach Ladenflächen am Top-Standort München spiegelt sich auch in der Preisentwicklung im Frühjahr 2022 wider: Im Geschäftskern verharrt das Preisniveau im Halbjahresvergleich durchweg auf konstantem Niveau, im deutlich preiswerteren Nebenkern können nach der coronabedingten Talfahrt erstmalig spürbare Mietpreissteigerungen beobachtet werden, die – je nach Lage und Ladengröße – zwischen +2,7 % und +4,5 % liegen.

Trotz der wiederkehrenden Dynamik am Einzelhandelsvermietungsmarkt hat die Corona-Pandemie in den vergangenen zwei Jahren deutliche Spuren hinterlassen. Zahlreiche Mieter mussten ihre Geschäfte wegen ausbleibender Umsätze schließen bzw. dünnten ihre Filialnetze im Zuge einer weiteren Fokussierung auf den E-Commerce bzw. Online-Shops erheblich aus. Temporäre Leerstände waren selbst in den Top-Lagen der bayerischen Landeshauptstadt zu beobachten. Zu den auffallendsten Veränderungen in der Fußgängerzone zählen u.a. die Schließungen der traditionsreichen Sportgeschäfte Karstadt Sport am Stachus und Sport Münzinger am Rathaus sowie des Büroartikelspezialisten Kaut-Bullinger in der Rosenstraße. Der Elektro-Fachhändler Conrad will seine Filiale im Tal noch in diesem Jahr schließen.

Den zahlreichen Abgängen stehen auch viele neue Mieter gegenüber: Die Modemarken s.Oliver sowie Lacoste eröffneten 2021 in den Münchner Top-Lagen neue Flagship-Stores. Die Tendenz geht eindeutig weg von mehreren Filialen pro Stadt in Richtung weniger repräsentativer Flagship-Stores an den großen Einzelhandels-Standorten. Bei Neuanmietungen werden seit einiger Zeit neben im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit spürbar günstigeren Mietpreiskonditionen häufig kürzere Vertragslaufzeiten sowie Corona-Klauseln, die im Falle pandemiebedingter Ausfälle absichern sollen, gewährt.

In den anderen bayerischen Großstädten zeigen die Mieten für Ladenlokale im Frühjahr 2022 weiterhin meist moderat nach unten. Im Durchschnitt der untersuchten Großstädte sinkt das Preisniveau im Halbjahresvergleich im Geschäftskern, je nach Lage und Ladengröße, zwischen -1,9 % und -3,7 %. Im Nebenkern liegen die Preisabschläge in 1a-Lage, je nach Ladengröße, bei -1,0 % bzw. -1,2 %; in der günstigeren 1b-Lage bewegen sich die Mieten eher seitwärts (-0,3 % bzw. +/-0,0 %). In den beiden bayerischen Metropolen Nürnberg und Augsburg können vor allem im Geschäftskern spürbare Mietpreisabschläge beobachtet werden.

„Insgesamt befinden sich der stationäre Einzelhandel, die Gastronomie, die Hotellerie sowie die Veranstaltungsbranche im Frühjahr 2022 nach rund zwei Pandemiejahren durchaus im Aufbruch“, beschreibt Prof. Stephan Kippes die derzeitige Lage. „Zugangsbeschränkungen und Maskenpflicht wurden aufgehoben, Großveranstaltungen dürfen stattfinden, die Menschen strömen bei schönem Frühlingswetter wieder vermehrt in die Innenstädte.“

Entwicklungen am Büroimmobilienmarkt

In den vergangenen IVD-Erhebungen bewegten sich die Büromieten im Bayern-Durchschnitt eher seitwärts. In Zeiten der Corona-Pandemie reagierten die Akteure am Bürovermietungsmarkt sehr verhalten. In den letzten Monaten bis vor dem Krieg in der Ukraine befand sich die deutsche Wirtschaft in einer spürbaren Phase der Erholung, die sich auch in der Entwicklung der Büromieten niederschlägt: Im Frühjahr 2022 beobachtet der IVD im Bayern-Durchschnitt im Halbjahresvergleich einen spürbaren Anstieg von +1,7 % in Folge einer wieder gestiegen Nachfrage nach Büroflächen.[1] Die weiterhin hohe Relevanz von Homeoffice dämpft den Flächenbedarf einiger Unternehmen. Auch nach Wegfall der Homeoffice-Pflicht im Sommer 2021 setzen viele Arbeitgeber auf flexible Arbeitszeitmodelle mit der Möglichkeit, zumindest zeitweise von zuhause zu arbeiten. In den politischen Diskussionen bleibt ein Homeoffice-Recht für Arbeitnehmer nach der Pandemie Thema.

In der Landeshauptstadt München zeigte sich der Büroimmobilienmarkt bereits in der letzten IVD-Erhebung im Herbst 2021 im Aufwind. Als internationaler Top-Standort erfreut sich München traditionell einer großen Beliebtheit, u.a. bauen Apple und Google ihre Belegschaft in der bayerischen Landeshauptstadt in den kommenden Jahren weiter aus. Gerade in der zweiten Jahreshälfte 2021 konnte am Münchner Bürovermietungsmarkt eine gestiegene Nachfrage beobachtet werden. Im Halbjahresvergleich steigt das Preisniveau im Frühjahr 2022 in den begehrten City-Lagen deutlich um +4,3 % (City A, d.h. innerhalb des Altstadtrings) bzw. +3,8 % (City B, d.h. innerhalb des Mittleren Rings). In der Suburb A-Lage liegt der Anstieg bei +2,3 %, in der Suburb B-Lage bleibt das Preisniveau im Vergleich zu Herbst 2021 konstant.

Die wieder positivere Grundstimmung am Büroimmobilienmarkt spiegelt sich auch in der Preisentwicklung in den anderen bayerischen Großstädten wider. Im Durchschnitt der bayerischen Großstädte liegen die Büromieten im Frühjahr 2022 mit 2,0 % im Plus. Neben München weisen auch Augsburg (+2,8 %), Nürnberg (+1,9 %) und Würzburg (+1,7 %) im Halbjahresvergleich spürbare Preissprünge auf.

„Befand sich die deutsche Wirtschaft zuletzt spürbar im Aufwind, so zeigen sich derzeit die ersten Verwerfungen in Folge des Kriegs in der Ukraine“, erklärt Prof. Stephan Kippes. „In welchem Ausmaß sich diese Einschnitte letztendlich auch am Büroimmobilienmarkt bemerkbar machen, wird sich erst noch zeigen.“ Ausfallende Zulieferungen aus der Ukraine und Russland dämpfen die ökonomischen Aktivitäten bereits jetzt deutlich, massiv ansteigende Energiepreise trieben die Inflation laut statistischem Bundesamt auf ein 40-Jahre-Hoch von 7,3 % im März 2022. Insgesamt ist die Stimmung in der deutschen Wirtschaft im März 2022 getrübt, der Geschäftsklimaindex des Münchner ifo Instituts erfuhr im Vergleich zum Februar 2022 einen markanten Einbruch von 98,5 Punkten auf 90,8 Punkte.[2]

Entwicklungen im Rendite-Investment-Bereich in München

Die bayerische Landeshauptstadt München steht bei Investoren erfahrungsgemäß hoch im Kurs. Nach einem ruhigen ersten Jahresquartal hat der Investmentmarkt in München bis zum Jahresende 2021 deutlich an Fahrt aufgenommen.

Im Frühjahr 2022 zeigen die Wohnhausmultiplikatoren im Halbjahresvergleich mit einem Plus von 2,3 % (Baujahr vor 1950) bzw. 2,4 % (Baujahr nach 1950) weiterhin deutlich nach oben. Die hohe Nachfrage nach Immobilien gepaart mit einem geringen Angebot spiegelt sich in den seit Jahren steigenden Immobilienpreisen in München wider. Im Dreijahresvergleich gegenüber Frühjahr 2019 stiegen die Wohnhausmultiplikatoren für die entsprechenden Baujahre um +15,6 % bzw. +17,6 %.

Die Nachfrage nach Logistikimmobilien ist weiterhin sehr hoch. Im Frühjahr 2022 liegen die Multiplikatoren mit 5,4 % im Halbjahresvergleich bzw. 34,1 % im Dreijahresvergleich weiterhin deutlich im Plus.

Im Einzelnen berichtet Prof. Stephan Kippes, Leiter des IVD-Markt-forschungsinstituts, von folgenden marktrelevanten Tendenzen:

  • Deutlich mehr Gewerbeanmeldungen als -abmeldungen: Insgesamt wurden bayernweit 2021 123.787 Gewerbeanmeldungen registriert. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet dies ein spürbares Plus von 4,4 %. Mehr Gewerbeanmeldungen als im abgelaufenen Jahr konnten letztmalig 2014 verzeichnet werden. Mit bayernweit insgesamt 91.745 Gewerbeabmeldungen (-2,8 % gegenüber 2020) wurde 2021 der niedrigste Wert im 10-Jahres-Vergleich ermittelt (Quelle: Statistisches Landesamt).
  • Baugenehmigungen für Büro- und Verwaltungsgebäude leicht rückläufig: Bayernweit wurden 2021 399 Büro- und-Verwaltungsgebäude zum Bau freigegeben (Hochrechnung). Gegenüber dem Vorjahr entspricht dies einem marginalen Rückgang von -0,5 % (Quelle: Statistisches Landesamt).
  • Baugenehmigungen für Handels- und Lagergebäude deutlich im Plus: Die Zahl der in Bayern zum Bau freigegebenen Handels- und Lagergebäude lag 2021 bei 2.778 Objekteinheiten (Hochrechnung). Gegenüber 2020 entspricht dies einem deutlichen Plus von 13,5 % (Quelle: Statistisches Landesamt).
  • Arbeitsmarkt weiter im Aufwind: Bayern zeichnet sich im deutschlandweiten Vergleich durch sein breit gefächertes Arbeitsplatzangebot sowie seine verhältnismäßig hohe Beschäftigungsquote aus. Die im März 2022 erfasste Arbeitslosenquote lag mit 3,0 % deutlich unter dem Deutschlandschnitt (5,1 %) und sogar etwas niedriger als im März 2020 (3,1 %). Im März 2021 lag die Arbeitslosenquote bei 3,9 % (Quelle: Bundesagentur für Arbeit).

[1] Die Büromieten in dieser Pressemitteilung werden jeweils im guten Nutzungswert dargestellt
[2] Indexwerte, 2015 = 100, saisonbereinigt

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