PN 59 – Werkswohnungen – es ist höchste Zeit hier aktiver zu werden

Editorial von Prof. Stephan Kippes in der Fachzeitschrift „IMMO PROFESSIONAL“ des IVD Süd (Ausgabe 2/24).

Es ist traurig: Ohne Namen nennen zu wollen, da haben wir große Unternehmen – teilweise sogar im Dax – in München, Stuttgart, aber auch andernorts quer durch die Republik, die immer mal wieder fordern, Land, Stadt oder wer auch immer sollte Wohnungen in den Ballungszentren oder Immobilien-Hotspots schaffen. Teilweise klingen diese Forderungen auch etwas abstrakter, sie lauten dann: Es sollten mehr bezahlbare Wohnungen geschaffen werden – von wem auch immer. Das klingt schön und auch sozial.

Wenn man schaut, welche riesigen Bestände an Werkswohnungen speziell in den 2000er Jahren auf den Markt geworfen wurden, nur um die Börsenwerte nach oben zu treiben und um Shareholder Value zu generieren, entsteht ein völlig anderes und nicht ganz so soziales Bild. Hier wurden zu Zeiten des sogenannten Investment-Hypes großvolumige Wohnungspakete mit einer fünf- und teilweise sechsstelligen Zahl an Wohnungen, die nicht selten aus Werkswohnungen bestanden, versilbert. Und vielfach sind es dann die gleichen Unternehmen, die lauthals bejammern, dass es keinen bezahlbaren Wohnraum gibt. Stadt oder Land sollen das Problem lösen. Das zeugt von gewisser Chuzpe. Indiskutabel!

Es ist scheinheilig, wenn große Konzerne den Staat auffordern, das Wohnungsangebot in diesem Segment zu verbessern, nachdem sie vorher im Rahmen eines fehlgeleiteten und kurzfristigen Shareholder-Value-Denkens ganze Wohnungsbestände paketweise verkauft haben. Und außerdem gilt: Wer beispielsweise im Großraum Stuttgart oder München Mitarbeiter gewinnen oder halten will, wird nicht umhinkommen, im Bereich Mitarbeiterwohnungen Angebote zu schaffen.

Bis zum Jahr 2020 wurden Werkswohnungen auch noch durch den Gesetzgeber beziehungsweise steuerliche Vorschriften erheblich erschwert. Da die Finanzämter sehr genau auf den geldwerten Vorteil abhoben, wurde ein Großteil des eigentlich wünschenswerten Effekts wieder zunichtegemacht. Seit dem Jahr 2020 gibt es jetzt einen Bewertungsabschlag, der den Arbeitnehmern, die die Werkswohnungen belegen, zugutekommt.

Und dann gibt es zum Thema Werkswohnungen ein weiteres Thema. Grundsätzlich ist es schön, wenn sich große Konzerne neu ansiedeln oder expandieren und mit großen Niederlassungen Arbeitsplätze in Großstädte bringen. Aber auch hier gilt, sie sollten sich bitte mit einem substantiellen Angebot an Werkswohnungen an der Lösung der Wohnungsprobleme der jeweiligen Stadt beteiligen bzw. die Probleme sollten durch derartige Expansionen nicht vergrößert werden. Doch leider geschieht dies vielfach nicht oder bestenfalls symbolisch und Stadt und Land haben kaum rechtliche Möglichkeiten entsprechende Forderungen durchzusetzen. Speziell Tech-Unternehmen halten sich hier zurück. Klar, gut bezahlte IT-Spezialisten haben auch auf engen Wohnungsmärkten nicht die großen Probleme, Wohnungen zu finden.

Einen wichtigen Beitrag zu einer gewissen Beruhigung am Wohnungsmarkt könnten aber auch kleinere und mittlere Unternehmen leisten, indem sie gerade für weniger gutverdienendes Personal Mitarbeiterwohnungen anbieten, dies gilt speziell auch für Handwerksbetriebe, die vielfach verzweifelt Mitarbeiter suchen.

Es ist sehr erfreulich, dass jetzt eine Reihe von Firmen aufgewacht sind und wieder in Werkswohnungen investieren. Dies ist allerdings nicht unbedingt nur soziales Umdenken, sondern Ausdruck eines immer schwierigeren Arbeitsmarktes. Die Unternehmen in den Ballungsräumen haben jetzt erkannt, dass gerade Werkswohnungen im Rahmen eines Personalmarketings gegenüber Firmen, die hier nichts anbieten, der absolute Trumpf sind. Insofern sollten Unternehmen hier noch viel aktiver werden, nicht zuletzt, weil es auch hilft, die mühsam gewonnenen Mitarbeiter langfristig an das Unternehmen zu binden.

Grundsätzlich darf man Werkswohnungen nicht als die magische Problemlösung für die Mietwohnungsmärkte ansehen. Derartige Wohnungen sind sehr wichtig und haben den unschätzbaren Vorteil, dass hier im preisgünstigen Bereich Wohnungen entstehen. Es muss aber auch klar sein, dass sich die Probleme nicht durch Einzelmaßnahmen lösen lassen, sondern bestenfalls durch ein Methoden-Mix, der aus unterschiedlichsten Elementen besteht, gehandhabt werden können. Hierbei liegt „handhaben“ noch weit von einer Lösung entfernt.

Wie auch immer, Unternehmen sollten viel stärker Werkswohnungen anbieten, denn dies ist eine der effizientesten Maßnahmen zur Verringerung der Wohnungsprobleme und nicht zuletzt zur Gewinnung und Bindung dringend benötigter Mitarbeiter.

2024 – PN 59 – Editorial IP 2-24 – Werkswohnungen