PN 02 – IVD-Marktbericht „Münchner Umland“: Wohnimmobilienmarkt größtenteils unbeeindruckt von Corona-Krise

Kaufpreise in Umland-Kreisstädten steigen weiter deutlich an.

Das Marktforschungsinstitut des IVD Süd e.V. hat am 22. Januar 2021 im Rahmen einer Video-Pressekonferenz den traditionellen Spezialbericht für den Wohnimmobilienmarkt im Münchner Umland vorgelegt und die aktuelle Marktlage in den Landkreisen Freising, Erding, Ebersberg, München, Starnberg, Fürstenfeldbruck, Dachau und Bad Tölz-Wolfratshausen analysiert.

„Dämpft die Corona-Krise mit ihren Lockdowns sowohl das Angebot als auch die Nachfrage auf dem Wohnimmobilienmarkt spürbar, so sind weiterhin kaum Auswirkungen auf das Preisniveau festzustellen“, erklärt Prof. Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungsinstituts. „Auch im Zeitraum Frühjahr – Herbst 2020 stiegen die Kaufpreise in den Kreisstädten des Münchner Umlands zum Teil deutlich an. Etwas verhaltener entwickelte sich der Mietmarkt.“

Die bereits seit März 2020 anhaltende Corona-Pandemie beeinflusst auch die Geschehnisse am Wohnimmobilienmarkt. Der IVD-Aktivitätenindex (Anzahl der angebotenen Objekte je 1.000 Einwohner), ein Indikator, der die Tätigkeit am Markt widerspiegelt, ging im Jahresvergleich 2019 – 2020 spürbar zurück. Wurden im Durchschnitt der Kreisstädte des Münchner Umlandes 2019 pro 1.000 Einwohner 8,0 Eigentumswohnungen und 7,3 Häuser angeboten, so waren es 2020 nur noch 6,9 bzw. 5,6 Objekte.

Der Kaufmarkt in den Kreisstädten des Münchner Umlands war im Halbjahreszeitraum Frühjahr – Herbst 2020 weiterhin durch ein ansteigendes Preisniveau geprägt. Im Marktsegment der Eigentumswohnungen stach v.a. die ohnehin teuerste Kreisstadt Starnberg mit einem Plus von 6,0 % hervor, gefolgt von Fürstenfeldbruck und Dachau mit jeweils +4,4 %. Lediglich in Freising und Erding fielen die Teuerungsraten mit +1,1 % bzw. +1,0 % moderater aus. Zum Vergleich: Eine Eigentumswohnung in der Landeshauptstadt München kostete im Herbst 2020 im Schnitt +3,2 % mehr als ein halbes Jahr zuvor (alle Werte in dieser Pressemeldung beziehen sich auf Bestandsobjekte im guten Wohnwert).

Häuser zum Kauf erfuhren im aktuellen Untersuchungszeitraum eine ähnliche Entwicklung. Für Einfamilienhäuser legten die Kaufpreise, jeweils von einem relativ günstigen Basisniveau ausgehend, in Ebersberg (+7,2 %) und Fürstenfeldbruck (+4,5 %) massiv zu. Nur in Freising – der zweitteuersten Kreisstadt in diesem Marktsegment – blieb das Preisniveau im Halbjahresvergleich konstant. Bei Doppelhaushälften wurden in allen Kreisstädten Preisanstiege registriert – Spitzenreiter in dieser Marktsparte war Starnberg (+4,5 %), gefolgt von Ebersberg (+3,8 %). In München verteuerten sich Einfamilienhäuser im Betrachtungszeitraum um +5,6 % und Doppelhaushälften um +3,7 %.

Erfahrungsgemäß etwas verhaltener entwickelt sich das Preisniveau auf dem Mietmarkt: Während die Kaufpreise für Eigentumswohnungen im 5-Jahresfenster (Herbst 2015 – Herbst 2020) im Durchschnitt der Kreisstädte um +55 % nach oben kletterten, so verteuerten sich Mietwohnungen um +23 %. In der kurzfristigen Betrachtung seit Frühjahr 2020 blieben die Mieten in Freising, Erding und Starnberg konstant, in Dachau (+2,2 %), Ebersberg (+1,6 %) und Fürstenfeldbruck (+0,7 %) konnten moderate Preissteigerungen beobachtet werden.

Der Markt in Schlagworten

Ein spürbar günstigeres Kauf- und Mietpreisniveau, ein umfangreicheres Objektangebot sowie z.T. deutlich geringere Gewerbesteuerhebesätze als in der Landeshauptstadt machen die umliegenden Gemeinden gleichermaßen zu einem beliebten Wohnort als auch zu einem begehrten Unternehmensstandort.

Bei der Wahl des neuen Zuhauses spielen vor allem die Entfernungen und Anbindungen an Zentren und Arbeitsstellen sowie die infrastrukturellen Gegebenheiten vor Ort, also beispielsweise das Vorhandensein von Schulen, Kitas und Einkaufsmöglichkeiten, eine Rolle. Angesichts einer zunehmenden Bedeutung des Home-Office sind gerade München-Pendler immer mehr dazu bereit, größere Entfernungen zum Arbeitsplatz in Kauf zu nehmen, wenn dadurch Wohnkosten gespart werden können.

Strikte Ausgangsbeschränkungen sowie das Arbeiten in den eigenen vier Wänden wirken sich auch auf die gewünschte Ausstattung der neuen Immobilie aus. Einer steigenden Beliebtheit erfreuen sich Objekte mit eigenem Gartenanteil bzw. Balkon sowie ausreichend Platz, um der Tätigkeit im Home-Office nachgehen zu können. Sind entsprechende Objekte in der Landeshauptstadt rar, so ist im Umland durchaus noch ein vielfältigeres Angebot vorzufinden.

Wie vielerorts ist auch in der Region München zu beobachten, wie die Corona-Krise – insbesondere in Folge verminderter Gewerbesteuereinnahmen – vor allem den kommunalen Haushalten zusetzt. Geplante gemeindliche Bauvorhaben müssen vielerorts, je nach Priorität, zurückgestellt werden. Der Wohnimmobilienmarkt hingegen zeigt sich bisher weitestgehend unbeeindruckt von der Pandemie. Das Preisniveau klettert, v.a. im Kaufsegment, scheinbar ungebremst weiter nach oben.

Inwieweit die für viele Branchen wirtschaftlich schwierige Lage den Wohnimmobilienmarkt über eine längere Sicht beeinflusst, wird sich erst noch zeigen müssen. „Ein durch Jobverlust bzw. Kurzarbeit sinkendes Haushaltseinkommen zahlreicher Arbeitnehmer sowie auch gedämpfte Zuzugsraten von Fachkräften könnten sowohl die Nachfrage als auch die Zahlungsbereitschaft am Wohnimmobilienmarkt im Großraum München künftig zumindest etwas abschwächen und die Zeiten eklatant steigender Preise beenden“, glaubt Prof. Stephan Kippes.

Entwicklungen auf dem Wohnimmobilienmarkt

Während in der Landeshauptstadt München die Flächenpotentiale seit vielen Jahren rar sind, wurden in zahlreichen Umlandgemeinden in der jüngeren Vergangenheit substantielle Wohnquartiere geschaffen. Einem enormen Bevölkerungswachstum ausgesetzt, stehen diese Gemeinden vor der großen Herausforderung, bei der Schaffung einer adäquaten verkehrlichen und sozialen Infrastruktur Schritt zu halten.

Um auch zukünftig großflächigen Wohnraum sowie die nötige Infrastruktur schaffen zu können, gewinnt eine interkommunale Zusammenarbeit sowie auch die Kooperation der Landeshauptstadt München mit ihrem Umland immer mehr an Bedeutung. In Erding und Fürstenfeldbruck stehen auf den derzeit noch militärisch genutzten Fliegerhorst-Arealen mittelfristig enorme Entwicklungsflächen zur Verfügung, über deren Nutzung bereits intensiv diskutiert wird.

Entlang der S-Bahnstrecken bzw. direkt an S-Bahnhöfen schlummern weitere Flächenpotentiale. Hier mischt auch zunehmend die Deutsche Bahn, die Wohnraum für ihre Mitarbeiter schaffen möchte, mit. So wurde in den letzten Jahren die Nachverdichtung durch die Überbauung von Parkplätzen und Supermärkten stetig vorangetrieben. Auch durch die Konversion von ehemaligen gewerblichen Flächen entstehen neue Wohnquartiere.

Neben klassischen Bauträgern und Projektentwicklern, setzen die Gemeinden im Münchner Umland zunehmend auf Genossenschaften, um erschwinglichen Wohnraum zu schaffen. Auch die Vergabe von vergünstigtem Wohnraum im Rahmen von Einheimischen-Modellen wird in mehreren Gemeinden, so bspw. in den Kreisstädten Ebersberg und Starnberg, praktiziert.

Entwicklung in den Kreisstädten des Münchner Umlandes

Dachau

In der Dachauer Altstadt entstehen derzeit an mehreren Plätzen neue Gebäude, während ältere Häuser zum Teil grundlegend saniert werden, so bspw. die historische Schlossbergbrauerei, in der mehrere Wohnungen errichtet werden.

Auf dem Areal der ehemaligen MD-Papierfabrik schreiten die Abbrucharbeiten voran. Ein neues Stadtquartier mit Gewerbeflächen, Museumsforum und einem Hotel soll auch mit Wohnraum für bis zu 2.000 Menschen aufwarten.

Ebersberg

Im Einheimischen-Baugebiet „Friedenseiche VIII“ werden im ersten Bauabschnitt etwa 75 Wohneinheiten errichtet. Die Vergabe erfolgt im Einheimischen-Modell unter Einbezug des Einkommens der Interessenten.

Im Augrund könnten zeitnah etwa 80 Wohnungen, verteilt auf neun Häuser, entstehen. Durch Nachverdichtung und Baulückenschließung werden sonst meist kleinere Wohnbauprojekte verwirklicht.

Erding

Im Poststadl entstehen mehrere Hunderte Wohnungen sowie zahlreiche Häuser. Auch im Thermengarten, wo im Herbst 2020 65 Sozialwohnungen zur Vermietung freigegeben wurden, soll weiter großflächig Wohnraum geschaffen werden.

Bis zu 3.500 Menschen könnten künftig auf dem Fliegerhorstgelände Erding ein Zuhause finden. Im Zuge des S-Bahn-Ringschlusses soll u.a. auch ein neuer Bahnhof entstehen. Die Auflösung des Bundeswehr-Standortes soll bis Jahresende 2024 von statten gehen.

Fürstenfeldbruck

Auch in Fürstenfeldbruck bietet das beheimatete Fliegerhorstgelände mittelfristig enormes Entwicklungspotential. Nach Abzug der Bundeswehr – nach derzeitigem Plan im Jahr 2026 – sollen Tausende Wohn- und Arbeitsplätze geschaffen werden. Bei den Planungen bahnt sich mehr und mehr ein Konflikt zwischen der Kreisstadt und den Anrainer-Gemeinden, u.a. bzgl. der künftigen Verkehrsbelastung, an. Die Nachbar-Kommunen möchten insgesamt mehr in die Planungen für das Großprojekt einbezogen werden.

Freising

Im ehemaligen Gewerbegebiet an der Angerstraße soll ein neues Stadtquartier mit mehreren Hunderten Wohnungen entstehen. Auch Kinderbetreuungsangebote sowie Einkaufsmöglichkeiten sind angedacht.

Im neuen Stadtquartier „Steinpark“, auf dem früheren Gelände der General-von-Stein-Kaserne, sind bereits zahlreiche Wohnungen und Häuser entstanden. Neben großzügigem Wohnraum für etwa 1.000 Menschen entsteht u.a. ein Schulzentrum.

Starnberg

Die Bautätigkeiten beschränken sich fast ausschließlich auf Substitutionen oder Nachverdichtungen. Die Ausweisung von neuem Bauland, welches das Preisniveau evtl. senken oder stabilisieren könnte, findet weiterhin nicht statt.

Für das viel diskutierte Einheimischen-Modell „Am Wiesengrund“ gibt es dreimal mehr Bewerber für die Reihenhäuser, als dass es Häuser selbst gibt. Steigende Erschließungskosten, Pannen bei der Vergabe sowie zahlreiche Zeitverzögerungen haben das Projekt immer wieder in die Schlagzeilen gebracht.

Bad Tölz

Auch wenn der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen nicht direkt an den Stadtkreis München angrenzt, so befindet sich die Kreisstadt Bad Tölz im Einzugsbereich der Landeshauptstadt. Entsprechend hoch sind sowohl die Nachfrage als auch das Preisniveau.

Einen starken Wandel erlebt seit einigen Jahren der Bad Tölzer Badeteil. Während Kurhotels und Bade- und Gesundheitseinrichtungen schlossen, entstanden zahlreiche Wohneinheiten. Zu den größeren Bauvorhaben in der Kurstadt gehört das Projekt „Hintersberg II“ am nördlichen Ortsrand. Auf 37 Parzellen sollen hauptsächlich Doppelhäuser entstehen.

 

Weitere ausführliche Informationen über die aktuellen Preise der Wohnimmobilien können dem „Marktbericht Münchner Umland Herbst 2020“ entnommen werden. Dieser kann im IVD-Onlineshop unter www.ivd-sued-shop.de oder beim IVD-Institut (Gabelsbergerstr. 36, 80333 München, Tel. 089/29082020, infoivd-institut.de) erworben werden.

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