PN 106 – IVD-Mietmarktbericht Bayern: Mietenanstieg setzt sich nach einer kurzen Verschnaufpause weiter fort

In München folgen die Mieten nicht den rückläufigen Kaufpreisen; Rosenheim, Regensburg und Schweinfurt mit etwas höheren Mietsteigerungen

Das Marktforschungsinstitut des IVD Süd e.V. hat am 18.10.2022 auf einer Video-Pressekonferenz den traditionellen Marktbericht „Wohnimmobilien Mietobjekte Bayern und Landeshauptstadt München Herbst 2022“ vorgestellt. Der Bericht gibt Auskunft über aktuelle Mietpreise sowie Markttrends auf dem bayerischen Mietmarkt und kann auf www.ivd-sued-shop.de erworben werden.

„Während sich das Interesse an Kaufobjekten vor allem bei den Eigennutzern deutlich abgekühlt hat, steigt die Nachfrage nach Mietobjekten in allen Marktsegmenten deutlich an. Viele potenzielle Käufer, denen die massiv gestiegenen Hypothekenkosten den Weg ins Eigenheim verbauen, orientieren sich vorerst in Richtung Mietmarkt“, so Prof. Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungsinstituts. „Die verlangsamten Anstiege des Mietpreisniveaus, die noch im Frühjahr 2022 bayernweit festgestellt wurden, setzten sich im Herbst 2022 nicht weiter fort. Eine deutlich gestiegene Nachfrage, u.a. verstärkt durch die hohe Zuwanderung, sorgt aktuell in allen untersuchten Marktsegmenten für weitere, wenn auch moderate, Mietsteigerungen.“

Eine hohe Nachfrage nach Wohnraum sowie erheblich steigende Baukosten und Kosten für die Instandhaltung bzw. Modernisierung sorgen im Herbst 2022 für ein weiter steigendes Mietpreisniveau in Bayern. Der Mietzuwachs für Wohnungen und Häuser in Bayern hat im Herbst 2022 gegenüber Frühjahr 2022 leicht zugenommen. Lag die durchschnittliche Mietsteigerung im Frühjahr 2022 bei +0,5 %, nahm diese im Herbst 2022 auf durchschnittliche +1,6 %* zu. Neben der Zunahme der Mieten wird es in den nächsten Monaten durch die Kostenanstiege für Energie, zu einem massiven Anstieg der Nebenkosten, d.h. der sogenannten zweiten Miete kommen.

Im Halbjahresvergleich Frühjahr-Herbst 2022 wiesen die Mieten für neuerrichtete Reihenmittelhäuser mit +2,2 %, gefolgt von Doppelhaushälften/Neubau mit +2,0 %, die höchsten Mietsteigerungen im bayerischen Durchschnitt auf. Für Reihenmittelhäuser/Bestand bezahlten Mieter im Herbst 2022 +1,9 % mehr als im Frühjahr 2022. Die Mieten für Doppelhaushälften legten im untersuchten Zeitraum für Bestandsobjekte um +1,6 % zu.

Bei allen untersuchten Objekten wiesen die Wohnungsmieten im Herbst 2022 die niedrigsten Mietanstiege (Altbau +0,9 %; Bestand +0,9 %, Neubau +1,5 %) auf. Generell ist festzustellen, dass die Neubauobjekte sowohl bei den Häusern als auch Wohnungen zur Miete deutlich höhere Preisanstiege zu verzeichnen hatten als die Bestandsobjekte. Hier sorgen vor allem die stark gestiegenen Baukosten für deutlich höhere Mietpreise im Neubausegment.

Die historisch niedrigen Bauzinskonditionen haben die stets steigenden Kaufpreise für Wohnimmobilien in den vergangenen Jahren vielerorts teilweise überkompensiert. Nach dem rasanten Zinsanstieg und gleichzeitig einem sehr hohen Kaufpreisniveau, das aktuell noch keine spürbaren Rückgänge aufweist, wird der Immobilienerwerb für viele potenzielle Eigentümer zunehmend unerschwinglich.

Ob sich der Trend zum Wohnen im Umland, der durch die Corona-Pandemie verstärkt wurde, im Mietbereich weiter fortsetzt, bleibt abzuwarten. Die aktuell sehr hohen Benzinpreise könnten diese Entwicklung wieder auf den Kopf stellen und den Preisvorteil der günstigeren Miete im Umland gerade bei größeren Pendlerradien schnell zunichtemachen.

Massiv steigende Energie- und Verbraucherpreise sorgen derzeit für eine deutliche Verunsicherung. Insbesondere im Hinblick auf die kommende Heizperiode bringen die stark zunehmenden Wohnkosten immer mehr Haushalte an ihre finanziellen Belastungsgrenzen. Da die auf Basis des Verbrauchs in den vergangenen Jahren errechneten Vorauszahlungen die deutlich angezogenen Kosten nicht decken können, müssen Mieter mit hohen Nachzahlungen rechnen. Somit wächst die Sorge, dass sich viele Mieterhaushalte die rasant steigenden Nebenkosten nicht mehr leisten können.

Die Bundesregierung bereitet derzeit eine Reihe von Entlastungsmaßnahmen für Unternehmen und Verbraucher vor. Viele davon sind langfristig ausgelegt wie beispielsweise die geplante Strom- und Gaspreisbremse, eine Wohngeldreform, die Erhöhung des Kindergelds bzw. Kindergeldzuschlag für einkommensschwache Haushalte sowie Steuerentlastungen (Erhöhung des Freibetrags ab 2023). Einige Maßnahmen wie der Heizkostenzuschuss für Wohngeldberechtigte oder die Energiepauschale sind als Einmalzahlungen gedacht. Außerdem wird die zum 1. Januar 2023 geplante Erhöhung des CO2-Preises um ein Jahr verschoben. Darüber hinaus laufen derzeit die Verhandlungen über ein Nachfolgeangebot des 9-Euro-Tickets.

Angesichts der gestiegenen Baukosten aufgrund des Baustoffmangels, gestörter Lieferketten, des Fachkräftemangels sowie einer Reduzierung der Neubauförderung drohen deutliche Einbrüche beim Neubau, hier wiederum insbesondere im preisgünstigen Segment. Die Zielmarke der Bundesregierung mit 400.000 neuerrichteten Wohnungen in den nächsten Jahren wird unter diesen Umständen kaum zu halten sein. Ohne eine deutlich höhere Wohnungsproduktion ist jedoch eine Entspannung auf den Mietwohnungsmärkten kaum vorstellbar. Es ist davon auszugehen, dass der Nachfragedruck vor allem auf die Groß- und Mittelstädte weiter steigt. Mit dem Wegfallen der meisten Reisebeschränkungen sowie im Hinblick auf einen stark steigenden Fachkräftemangel in Deutschland ist davon auszugehen, dass der Zuzug von Fachkräften zunehmen wird. Zusätzlich wird die aktuelle Mietmarktsituation vor allem in den Ballungszentren durch die hohe Nachfrage nach Wohnraum seitens der Geflüchteten aus der Ukraine verschärft.

Die Landeshauptstadt München
Im Herbst 2022 erlebt der Münchner Wohnimmobilienmarkt den Beginn einer Trendwende. Der Aufwärtstrend bei den Kaufpreisen in München wurde auf einem sehr hohen Niveau zumindest vorübergehend ausgebremst, bei allen untersuchten Objekttypen wurde ein stagnierendes bzw. leicht rückläufiges Preisniveau verzeichnet. Infolge sprunghaft angestiegener Bauzinsen sowie der deutlichen Unsicherheiten im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg kam es zu einer spürbaren Zurückhaltung der Kaufinteressenten.

Zwar beeinflussen sich der Kauf- und Mietmarkt gegenseitig, allerdings laufen die Entwicklungen hier aufgrund der teilweise unterschiedlichen Einflussfaktoren nicht immer parallel. Auch im Herbst 2022 bleibt das Mietpreisniveau auf dem Münchner Mietmarkt, anders als im Kaufsegment, stabil bis leicht steigend. Eine deutlich gestiegene Nachfragedynamik nach Mietobjekten hat in München bereits im Herbst 2021 eingesetzt. Aufgrund der schlagartigen Veränderung des Zinsniveaus hatten zudem viele potenzielle Käufer in den vergangenen sechs Monaten ihre Kaufabsichten aufgegeben und sich verstärkt in Richtung Mietmarkt orientieren müssen. Steigende Einwohnerzahlen, u.a. durch eine hohe Zuwanderung, sowie die aufgrund der rückläufigen Neubautätigkeit zunehmende Lücke zwischen Angebot und Nachfrage werden auch zukünftig die Spannungen auf dem Münchner Mietmarkt weiter verschärfen.

Bereits im Frühjahr 2022 konnte in München eine leichte Abschwächung der Preisanstiege festgestellt werden, die sich im Herbst 2022 weiter fortsetzen. So wurde im Vergleich Frühjahr 2022 – Herbst 2022 in allen Segmenten ein stabiles Mietpreisniveau festgestellt. Lediglich die Mieten für Altbau- sowie Bestandswohnungen wiesen einen leichten Preisanstieg von jeweils +0,5 % auf. Das Mietniveau bei Neubauwohnungen wies gegenüber der Vorperiode keine signifikanten Veränderungen auf.

Verzeichneten Häuser zur Miete, sowohl im Bestand als auch Neubau, im Frühjahr 2022 gegenüber der Vorperiode noch leichte Preiszunahmen zwischen +1,0 % und +2,0 %, blieb das Preisniveau im Herbst 2022 in allen Segmenten stabil.

Die Verschnaufpause, die das Münchner Mietpreisniveau gerade einlegt, ist durch die allgemeine wirtschaftliche Verunsicherung zu erklären und wird voraussichtlich lediglich temporär sein. Die Zusammensetzung der Faktoren mit hohen Kaufpreisen, steigenden Bauzinsen sowie schrumpfenden Einkommen aufgrund der sehr hohen Inflation machen einen Immobilienerwerb derzeit schwierig. Es ist davon auszugehen, dass die geänderten Rahmenbedingungen vermehrt die Nachfrage vom Kauf- ins Mietsegment umleiten. Der Rückgang der Neubautätigkeit wird das künftige Angebot reduzieren und somit bei einer ohnehin hohen Nachfrage den Druck auf dem Münchner Mietmarkt aufrechterhalten.

Entwicklung in ausgewählten bayerischen Groß- und Mittelstädten
Im Herbst 2022 sind in den bayerischen Groß- und Mittelstädten bei allen Objekttypen moderat steigende Mieten festgestellt worden. Hatten sich die Mietpreiszuwächse bereits in der vorherigen Erhebung im Frühjahr 2022 spürbar verlangsamt, so setzte sich dieser Trend im Herbst 2022 fort. Insgesamt fielen die Steigerungsraten in den großen bayerischen Mittelstädten im Schnitt etwas höher aus als in den Großstädten. Die einzige Ausnahme stellen Reihenmittelhäuser – sowohl im Bestand als auch im Neubau – dar: Hier stieg das Preisniveau in den Großstädten im Schnitt etwas deutlicher an.

Augsburg
Augsburg erfreut sich aufgrund einer guten Infrastruktur, des hohen Freizeitwerts sowie der guten Arbeitsmarktsituation großer Beliebtheit und hat in den letzten Jahren stetigen Zuzug erfahren. Nicht zuletzt profitiert die Fuggerstadt auch von der Nähe zur Landeshauptstadt München. Die Anspannung am Mietwohnungsmarkt in der Stadt hat sich in den letzten Jahren weiter verstärkt. In Augsburg und den umliegenden Gemeinden mit guter Anbindung nach München ist ein Anstieg der Neuvertragsmieten festzustellen.

Bamberg
Als starker Wirtschaftsstandort sowie attraktiver Wohnort ist die oberfränkische Universitätsstadt Bamberg sehr beliebt. Auf dem Mietmarkt sorgen die steigenden Studentenzahlen, insbesondere in preiswerteren Marktsegmenten, zusätzlich für eine Verknappung. Die Nachfrage übersteigt hier das Angebot deutlich, was zu kontinuierlichen Preissteigerungen führt. Aufgrund der nur wenigen möglichen Neubauprojekte wird sich dies auch in den kommenden Jahren kaum ändern. Das neue Stadtquartier auf dem Gelände der ehemaligen LAGARDE-Kaserne könnte ab 2023 die angespannte Lage am Mietmarkt zumindest etwas entschärfen.

Fürth
Am Fürther Mietwohnungsmarkt herrscht ein spürbarer Nachfrageüberhang. Sind die Wohnungsmieten in Fürth zwar günstiger als in den benachbarten Großstädten Nürnberg und Erlangen, so ist auch hier vor allem der Anteil an preiswerten Wohneinheiten für Mieter mit niedrigen Einkommen zu gering. Stark steigende Wohnnebenkosten infolge massiv anziehender Energiekosten stellen zusätzlich eine große finanzielle Herausforderung dar.

Regensburg
Aufgrund der kontinuierlichen Angebotsverknappung sind zwischenzeitlich auch Häuser und Wohnungen im direkten Umfeld von Regensburg sehr begehrt. Aufgrund eines deutlichen Nachfrageüberhangs hat sich das Preisniveau immer weiter nach oben bewegt. Durch die generelle Knappheit am Immobilienmarkt tritt derzeit auch ein Substitutionseffekt von anderen Städten ein. Regensburg ist beliebt und das Preisniveau deutlich geringer als z. B. in München.

Rosenheim
Rosenheim gehört dank der Nähe zur Landeshauptstadt München sowie der landschaftlich reizvollen Lage im Alpenvorland zu einem der gefragtesten Wohnorte in Bayern mit einem dementsprechend hohen Preisniveau. Am Mietwohnungsmarkt wird dringend neuer Wohnraum benötigt, insbesondere in preiswerteren Segmenten. Die Entscheidung der Bayerischen Staatsregierung, den Sitz der Regierung von Oberbayern mit 500 Arbeitsplätzen nach Rosenheim zu verlegen, wird den Bedarf an Wohnraum zusätzlich befeuern und die Preise in Rosenheim weiter steigen lassen. Somit steht Rosenheim, wie viele andere Städte, vor der großen Herausforderung, neuen Wohnraum zu schaffen.

Im Einzelnen berichtete Prof. Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungsinstituts, von folgenden marktrelevanten Tendenzen:

– Nominaler vs. inflationsbereinigter Anstieg der Mieten: Bei den Mieten für Bestandswohnungen mit einem guten Wohnwert konnte in Bayern seit 2000 ein nominaler (also nichtinflationsbereinigter) Anstieg von +92 % gemessen werden. Inflationsbereinigt lag der Mietanstieg bei +45 %. In München fiel die nominale Mietsteigerung für Wohnungen/Bestand in besagtem Zeitraum mit +79 % niedriger als im bayerischen Durchschnitt aus. Der inflationsbereinigte Mietanstieg betrug +29 %.

– Baugenehmigungen: Einer IVD-Hochrechnung zufolge wurden landesweit im 1. Halbjahr 2022 rund 35.300 Wohnungen zum Bau freigegeben. Gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum liegt somit die Veränderung bei +0,7 %. In München wurden im untersuchten Zeitraum voraussichtlich rund 3.800 Wohnungen (Veränderung: -29 %) genehmigt. (Quelle: Bay. Landesamt für Statistik)

– Die Inflation in Deutschland: Nach einer Verschnaufpause im Juni und Juli 2022 setzt sich der Anstieg der Inflationsrate weiter fort. So lag die Inflation in Deutschland im August 2022 bei 7,9 %; im September kletterte der Wert auf beachtliche 10%. (Quelle: Destatis)

– Den stärksten Anstieg unter den Wohnungsnebenkosten haben seit 2015 die Kosten für Strom, Gas und andere Brennstoffe erfahren. Gegenüber 2015 lag die Verteuerung im August 2022 in dieser Kategorie im Durchschnitt bei beachtlichen +57 %, wobei einzelne Untergruppen (flüssige Brennstoffe wie z.B. leichtes Heizöl +163 %, Gas +101 %) noch höhere Zunahmen aufwiesen. (Quelle: Bay. Landesamt für Statistik)

– Die Wohnfläche pro Person betrug bayernweit 2021 rein rechnerisch im Durchschnitt 49 m² und lag damit um +18 % höher als im Jahr 2000. In der Landeshauptstadt München fiel die beanspruchte Wohnfläche mit 39,9 m² pro Person deutlich niedriger als im gesamtbayerischen Durchschnitt aus. In den vergangenen 21 Jahren hat der Wohnflächenverbrauch hier lediglich um +2,1 % zugelegt, was auf das hohe Mietniveau sowie ein begrenztes Flächenangebot zurückzuführen ist. (Quelle: Bay. Landesamt für Statistik)

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*Alle in dieser Pressemeldung genannten Werte beziehen sich auf den guten Wohnwert