Phase der Stabilisierung am Wohneigentumsmarkt eingeläutet; leichte Belebung der Nachfrage
Talfahrt bei Baugenehmigungen wird den Wohnungsmangel verstärken
Das Marktforschungsinstitut des Immobilienverbandes Deutschland IVD Süd e.V. hat am 14. Oktober 2024 auf einer Video-Pressekonferenz den traditionellen „CityReport Stuttgart Herbst 2024“ vorgestellt und kann im Webshop erworben werden. „Nach einer rund zweijährigen Flaute am Wohneigentumsmarkt mit kontinuierlich sinkenden Kaufpreisen scheint die Bodenplatte erreicht, die Phase der Stabilisierung umfasst alle Segmente bis auf Baugrundstücke für Geschossbau“, beurteilt Prof. Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungsinstituts, die derzeitige Situation. „Der Mietmarkt wurde von den Veränderungen am Kaufmarkt seit 2022 stark beeinflusst und ist von einer noch stärkeren Nachfrage und von Mietanstiegen geprägt.“
Wohnimmobilien zum Kauf
Der Stuttgarter Wohneigentumsmarkt kommt nach einem rund zwei Jahre andauernden Tief langsam in Fahrt. Ursächlich dafür sind die seit dem Jahresauftakt 2024 sinkenden Hypothekenzinsen, die das Potenzial haben, die Stimmung am Wohneigentumsmarkt zu verändern. „Die Zurückhaltung der potentiellen Käufer wandelt sich allmählich in gesteigertes Interesse für den Erwerb der eigenen vier Wände, insbesondere Häuser und Eigentumswohnungen in guter Lage und mit hochwertiger Ausstattung erfreuen sich einer erhöhten Nachfrage“, so Prof. Stephan Kippes.
Das seit Frühjahr 2022 gestiegene Objektangebot spiegelt das veränderte Marktgeschehen inklusive einer schwierigen Vermarktungssituation wider. Nach Analysen des IVD-Instituts auf Basis des IMV-Programms unterliegt das monatliche Objektangebot im Jahr 2024 vergleichsweise großen Schwankungen, speziell im September wurden erneut mehr Objekte (989 Objekte) in Stuttgart angeboten, womit der höchste Wert aus dem Jahr 2022 (941 Objekte im Oktober 2022) überboten wurde.
Der Kaufmarkt bietet heute eine deutlich größere Auswahl an Objekten als vor der Trendwende. Der Kreis der Kaufinteressenten besteht aktuell vorwiegend aus Eigennutzern mit klassischen Kaufmotiven und guter Bonität, die mit Bedacht am Markt agieren. Kapitalanleger sind seit der Trendwende zurückhaltend.
Die wenigen Käufer von Neubauobjekten sind gegenwärtig nicht selten wohlsituierte Senioren, die ausreichend Eigenkapital haben. Junge Familien, die üblicherweise auf eine Fremdfinanzierung angewiesen sind, sind am Neubaumarkt deutlich weniger präsent.
Die Immobilienbranche steht vor erheblichen Herausforderungen, kennzeichnend hierfür sind eine geringe Bautätigkeit und ein fortschreitender Wohnungsmangel. Durch den starken Anstieg der Bauzinsen und die gesunkene Nachfrage der potenziellen Käufer ab dem zweiten Halbjahr 2022 gerieten auch Bauträger unter Druck und fuhren die Bautätigkeit deutlich herunter. Vor der Zinswende wäre eine Zurückhaltung der Bauträger bei der Bevorratung mit Grundstücken kaum vorstellbar, nun haben sie Schwierigkeiten diese bei Bedarf zu veräußern. Die Insolvenz von einigen Bauträgern ist eine ernsthafte Belastung für den Immobilienmarkt, da dringend Wohnraum benötigt wird, aber insbesondere für Bauherren und Käufer, die sich in laufenden Projekten befinden. Die gesunkene Bauaktivität wird sich mittelfristig deutlich in geringen Fertigstellungen widerspiegeln und wird das Wohnraumproblem verschärfen.
Kaufpreise
Nach starken kontinuierlichen Preisrückgängen für Wohnimmobilien in den vergangenen zwei Jahren ist eine leichte Belebung am Markt zu beobachten. Der Trend zu weiteren Preisabschlägen für Wohnobjekte scheint gestoppt, Baugrundstücke für Geschossbau sind allerdings immer noch in der Talfahrt.
Für Eigentumswohnungen/Bestand mit gutem Wohnwert wurde im Herbst wie bereits im Frühjahr 2024 ein Quadratmeterpreis von durchschnittlich 5.000 € veranschlagt. Immobilien mit Makeln (ohne Balkon oder Aufzug, renovierungsbedürftig, schlechte Lage) sind derzeit im Vergleich zur Zeit vor der Trendwende so gut wie unverkäuflich.
Für neuerrichtete Eigentumswohnungen mit gutem Wohnwert wurden im Stadtbereich im Herbst 2024 durchschnittlich 8.000 €/m² bezahlt (unverändert zu Frühjahr 2024).
Bei der Preisermittlung am Häusermarkt ist festzustellen, dass die Kaufobjekte die Bodenplatte erreicht haben und nun eine Seitwärtsbewegung gegenüber Frühjahr 2024 aufweisen, gut gelegene Häuser mit sehr guter Ausstattung konnten sogar bis zu +3 % zulegen. Objekte mit schlechten Energiebilanzen sind gegenwärtig äußerst schwer zu verkaufen.
Die Preise für freistehende Einfamilienhäuser aus dem Bestand mit einem guten Wohnwert lagen im Herbst wie bereits im Frühjahr 2024 im Durchschnitt bei 1.130.000 €, Doppelhaushälften bei 720.000 €. Das Angebot an Reihenmittelhäusern ist in Stuttgart traditionell eher dünn, daher zieht es die wenigen aktuellen Interessenten vielmehr in die benachbarten Städte wie Ludwigsburg oder Reutlingen. Dort kann die Nachfrage bei größerer Auswahl besser befriedigt werden.
Der Stuttgarter Grundstücksmarkt zeichnete sich vor der Trendwende durch einen enormen Mangel an Baugrundstücken aus. Seit der Krise werden die Grundstücke kaum verkauft. Es herrscht eine getrübte Stimmung unter den Bauträgern, sie befinden sich im Abwartemodus und verzichten weitgehend auf Grundstückskäufe und Bevorratung, in der Hoffnung auf weiter sinkende Grundstückspreise, um künftige Bauvorhaben – trotz höherer Baukosten aufgrund gesetzlicher Vorgaben und gestiegener Materialpreise – lohnend realisieren zu können. Andere versuchen – eher erfolglos – ihre Grundstücke zu verkaufen.
Bei den Preisabschlägen am Grundstücksmarkt ist zu beobachten, dass die Grundstücke für den Geschossbau weniger an Wert verloren, je besser deren Wohnlage war. Grundstücke für Ein- und Zweifamilienhäuser sind im Halbjahresvergleich preislich stabil geblieben.
Die Preise für Baugrundstücke für Einfamilienhäuser in guter Wohnlage lagen im Herbst wie bereits im Frühjahr 2024 durchschnittlich bei 1.330 €/m², es ist kaum Bewegung bei den Privatkäufern zu vermerken. Der Grundstücksmarkt für Geschossbau befindet sich nach wie vor im Abwärtstrend. Die Preise für Baugrundstücke für Geschossbau lagen im Herbst 2024 bei 1.520 €/m² und verloren gegenüber Frühjahr 3 % im Wert.
Wohnimmobilien zur Miete
Die Pandemie- und die anschließenden Jahre schwächten die Dynamik am Mietmarkt durch das Ausbleiben zahlungskräftiger Fachkräfte, die bis dahin die Nachfrage nach Wohnungen und Häusern zur Miete im gehobenen Segment stark mitbestimmten, deutlich ab.
Mit der Trendwende am Kaufmarkt hat sich auch der Mietmarkt gedreht. Nachdem sich die traditionelle Kaufklientel vom Wohneigentumsmarkt infolge hoher Hypothekenzinsen weitgehend zurückgezogen hat, orientierte sie sich hin zu den Mietobjekten.
Insbesondere sanierte Mietobjekte aus dem Bestand werden von Mietinteressenten seit dem rasanten Anstieg der Energiekosten bevorzugt, daher ist deren Vermarktungsdauer relativ gering. Große, gut ausgestattete Neubauwohnungen mit Top-Energiebilanzen hingegen schaffen es aufgrund des hohen Mietpreisniveaus nicht in die engere Auswahl.
Der aktuellen Erhebung des IVD-Instituts zufolge sind alle Segmente von steigenden Mieten betroffen. Die Mietpreise in Stuttgart im Herbst 2024 liegen wie folgt: Altbauwohnungen kosten 16,30 €/m², Wohnungen aus dem Bestand 16,20 €/m² und neu errichtete Mietwohnungen 17,60 €/m², die Mieten für Wohnungen sind im Halbjahresvergleich um jeweils gut +1 % gestiegen.
Generell lässt sich festhalten, dass die Mietpreisbremse die Mietanstiege in Stuttgart gedämpft hat, aber auch die Investoren abgeschreckt hat, neuen Wohnraum zu schaffen. Aktuell bewegen sich die Mietpreise am oberen Bereich des Mietspiegels.
Bei der Betrachtung der Preisentwicklung seit 2010 wird sichtbar, dass das Preisniveau in Stuttgart spürbar zunahm, wobei die Preise für Kaufobjekte im Jahr 2022 ihren Höchstpunkt hatten und seit der Trendwende abnahmen. Zwischen 2010 und 2024 wiesen der Baugrund im Geschossbau einen Preisanstieg von +121 % und Eigentumswohnungen einen Zuwachs von +104 % auf. Die Mietpreise haben sich von der Entwicklung am Wohneigentumsmarkt abgekoppelt und zogen im besagten Zeitraum mit +63 % zwar kontinuierlich, jedoch deutlich verhaltener an (jeweils Bestandsobjekte mit gutem Wohnwert). Die Trendwende am Markt für Wohneigentum verkleinerte die Schere zwischen den Preissteigerungen für Kaufimmobilien und Mietobjekte, wobei diese im Jahr 2022 am größten war.