PN 22 – IVD-Gewerbebericht Bayern: Ladenmieten im Bayern-Trend deutlich im Minus; leichte Anstiege in Münchner Top-Lagen, moderate Mietrückgänge in Augsburg und Nürnberg

Büromarkt in München zeigt sich auch in Krisenzeiten robust, Mietpreise zeigen in einigen Teilsegmenten sogar weiter nach oben.

Das Marktforschungsinstitut des IVD Süd e.V. hat am 27.03.2023 auf einer Video-Pressekonferenz den Gewerbemarktbericht „Office/Retail und Investment/Rendite“ Frühjahr 2023 vorgelegt. Der Bericht gibt Informationen über aktuelle Preise sowie Markttrends auf dem bayerischen Gewerbeimmobilienmarkt und kann über www.ivd-sued-shop.de erworben werden.

„Die deutsche Wirtschaft sowie auch der Gewerbeimmobilienmarkt in Bayern stehen weiterhin unter dem Einfluss des Krieges in der Ukraine, einer schwächelnden Konjunktur sowie einer anhaltend hohen Inflation mit deutlich steigenden Verbraucherpreisen und Zinsen“, so Prof. Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungsinstituts. „Im Halbjahresvergleich Herbst 2022 zu Frühjahr 2023 zeigten die Ladenmieten im Bayern-Trend spürbar nach unten, die Büromieten gaben im Schnitt leicht nach. Der gewerbliche Vermietungsmarkt am internationalen Top-Standort München zeigt sich hingegen weiterhin sehr robust, gerade in begehrten Lagen stiegen sowohl die Laden- als auch die Büromieten teilweise leicht an.“

Entwicklungen am Retail-Markt
Die Corona-Pandemie mit zwei weitreichenden Lockdowns sowie teils strikten Zutrittsbeschränkungen hatte ab Frühjahr 2020 für große Verwerfungen am bayerischen Retail-Markt gesorgt. Nachdem die letzten bedeutenden Corona-Schutzmaß-nahmen wie die Maskenpflicht im Einzelhandel sukzessive wegfielen, zeigte sich der Retail-Markt zwischenzeitlich wieder gestärkt; die Verschnaufpause blieb jedoch nur von kurzer Dauer. Massive Preissteigerungen dämpfen die Konsumlaune auch im Frühjahr 2023 erheblich.

In den vergangenen rund drei Jahren veränderte sich das Gesicht vieler bayerischer Innenstädte spürbar. Nicht wenige stationäre Händler und Gastronomen mussten den Betrieb einstellen, zahlreiche große Handelsketten dünnten ihr Filialnetz im Zuge einer zunehmenden Fokussierung auf das Online-Geschäft deutlich aus.

Wie stark sich die Einzelhandelslandschaft weiterhin im Wandel befindet, zeigt die kürzlich bekannt gewordene Schließungswelle bei Galeria Karstadt Kaufhof. In zwei Schritten bis Anfang 2024 schließt das letzte große deutsche Warenkaufhaus knapp 50 seiner Standorte, einige davon in Bayern. „Diese Entwicklung hat sowohl für die Immobilienwirtschaft als auch für den örtlichen Handel erhebliche Auswirkungen“, erklärt Prof. Stephan Kippes. „Eine Nachvermietung der üblicherweise mehrgeschossigen Warenhäuser könnte sich durchaus als problematisch erweisen; auch aus Investorensicht verlieren derartige Objekte daher an Reiz. Gerade an kleineren Einzelhandelsstandorten kann der Wegfall eines solch wichtigen Ankermieters, der für gewöhnlich zahlreiche Kunden anzieht, zudem auch umliegende Einzelhändler treffen. Dass es teilweise auch ungewöhnliche Nachvermietungsmöglichkeiten gibt habe ich neulich in London gesehen, wo im Herbst in der bekannten Oxford Street ein großer IKEA in ein großflächiges nicht mehr benötigtes Kaufhaus einziehen wird.“

Insgesamt zeigten die Ladenmieten im Bayern-Durchschnitt in der aktuellen IVD-Halbjahresbetrachtung Herbst 2022 zu Frühjahr 2023 weiterhin über alle Lagen und Ladengrößen hinweg spürbar nach unten. Im Geschäftskern lagen die Abschläge zwischen -7,8 % und -13,3 %, im Nebenkern zwischen -1,1 % und -8,7 %. Trotz aller Verwerfungen war zuletzt insbesondere an den größeren Standorten eine Nachfrage nach Ladenflächen vorhanden; die Vermietungsmärkte präsentierten sich hier relativ intakt.

Auch am sonst so stabilen Einzelhandelsstandort München kam es in den letzten Jahren zu einigen Veränderungen im Ladenbesatz. Im Zuge der Corona-Pandemie wurden vermehrt Incentives bzw. kürzere Vertragslaufzeiten in Mietverträgen implementiert. Das sehr hohe Preisniveau aus der Vor-Corona-Zeit wird bei Weitem nicht mehr erzielt.

Gefragt sind derzeit insbesondere gut geschnittene Ladenflächen in den Münchner Top-Lagen. Dies veranschaulicht auch die Preisentwicklung im aktuellen Halbjahresvergleich Herbst 2022 zu Frühjahr 2023: Während die Ladenmieten im 1a-Geschäftskern mit +1,8 % bei kleineren Ladeneinheiten bzw. +2,3 % bei größeren Objekten wieder etwas nach oben zeigten, blieb das Preisniveau im 1b-Geschäftskern durchgängig stabil. Mit dem neuen Flagshipstore von Lego gewann die Kaufingerstraße in der zweiten Jahreshälfte 2022 einen prominenten Mieter hinzu. 2023 wollen u.a. der japanische Bekleidungshändler Uniqlo in der sich derzeit noch im Umbau befindlichen Alten Akademie in der Neuhauser Straße sowie H&M in der Kaufingerstraße neue Flagshipstores in den Münchner Top-Lagen eröffnen. Von der Schließungswelle rund um die Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof ist auch der Münchner Standort am Hauptbahnhof betroffen. Das etwas in die Jahre gekommene historische Kaufhaus soll im Sommer 2023 endgültig schließen; im Rahmen der Neuentwicklung der Schützenstraße war zuvor eine umfassende Revitalisierung bei gleichzeitiger Verkleinerung angedacht.

In den weniger gefragten, aber dennoch sehr hochpreisigen 1a-Nebenkernlagen gaben die Ladenmieten im Frühjahr 2023 gegenüber Herbst 2022 sowohl bei kleineren Läden (-22,1 %) als auch bei größeren Läden (-16,7 %) sehr deutlich nach. Die Nachfrage hat sich u.a. etwas in Richtung Geschäftskern verlagert, da in diesem Bereich die Mieten sowie die allgemeine Nachfrage im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit spürbar geringer sind; die Möglichkeit in Top-Lagen Flächen anmieten zu können, ist wesentlich höher als noch vor wenigen Jahren.

Die Ladenmieten in den anderen bayerischen Großstädten bewegten sich im Frühjahr 2023 größtenteils moderat nach unten. Im Durchschnitt aller Großstädte sank das Preisniveau im Halbjahresvergleich gegenüber Herbst 2022 im Geschäftskern, je nach Lage und Ladengröße, zwischen -2,3 % und -3,3 %. Im Nebenkern lagen die Veränderungen, je nach Lage und Ladengröße, zwischen +0,3 % und -4,4 %. Die beiden Metropolen Nürnberg und Augsburg vermeldeten über alle Lagen und Ladengrößen hinweg Preisnachlässe.

Im Durchschnitt der untersuchten bayerischen Mittelstädte sank das Preisniveau im Geschäftskern, je nach Lage und Ladengröße, zwischen -0,6 % und -2,1 %.

Entwicklungen am Büroimmobilienmarkt
In zahlreichen Unternehmen hat sich Homeoffice auch nach der Corona-Pandemie weitestgehend bewährt, was durchaus etwas dämpfend auf den Büroflächenbedarf wirkt. Insgesamt ist die Nachfrage nach hochwertigen Flächen gerade an den großen Bürostandorten jedoch weiterhin sehr rege, die Büromieten verblieben hier auf einem hohen Niveau. Eine aktuell schwächelnde Konjunktur inklusive der von vielen Experten erwarteten bevorstehenden Rezession trafen die Bürovermietungsmärkte bisher nur bedingt.

„Insgesamt steht gerade für Investoren die ESG-Konformität von Bürogebäuden immer mehr im Vordergrund“, so Prof. Stephan Kippes. „Umweltspezifische (Environment), soziale (Social) und administrative (Governance) Nachhaltigkeitsstandards sind von zentraler Bedeutung. Zu nennen sind bspw. die Nutzung erneuerbarer Energien, entsprechende Grünflächenanteile, Barrierefreiheit sowie sonstige Aspekte, die die Work-Life-Balance fördern.“

Im Bayern-Durchschnitt zeigten die Mieten für Büros im Halbjahresvergleich bis Frühjahr 2023 mit -0,9 % marginal nach unten. In der vorherigen Erhebung im Herbst 2022 bewegten sich die Mietpreise seitwärts (+/-0,0 %), im Frühjahr 2022 stand infolge der wirtschaftlichen Erholung nach der Corona-Pandemie ein leichtes Plus von 1,7 % zu Buche. *

Am internationalen Top-Standort München ist die Nachfrage nach Büroflächen traditionell sehr hoch, was die umfassenden Investitionen bzw. das München-Engagement von Apple und Google eindrucksvoll unterstreichen. In den begehrten City A-Lagen innerhalb des Altstadtrings blieben die Mieten im Frühjahr 2023 auf einem sehr hohen Niveau konstant (+/-0,0 %), während in City B-Lagen innerhalb des Mittleren Rings ein Zuwachs um +3,6 % erfasst wurde. Im Suburb-Bereich legte das Preisniveau in A-Lagen um +2,2 % zu, in B-Lagen wurden die Mieten im Schnitt um -4,5 % nach unten korrigiert.

In den bayerischen Groß- und Mittelstädten entwickelten sich die Büromieten insgesamt mit moderaten Ausschlägen nach oben bzw. nach unten. Im Durchschnitt der bayerischen Großstädte lagen die Mietpreise für Büroimmobilien im Halbjahresvergleich bis Frühjahr 2023 mit 0,5 % leicht im Minus, im Durchschnitt der bayerischen Mittelstädte stand ein leichter Zuwachs von +0,4 % zu Buche. Augsburg und Nürnberg vermeldeten mit -1,9 % bzw. -0,8 % jeweils moderate Mietpreisnachlässe.

Entwicklungen im Investment-Bereich in München
Trotz der ungebrochen hohen Attraktivität bei Investoren, nicht zuletzt aufgrund intakter Vermietungsmärkte, bremsen die konjunkturellen Unsicherheiten sowie deutlich gestiegene Finanzierungskosten den Investmentmarkt in der bayerischen Landeshauptstadt auch im Frühjahr 2023 spürbar aus. Das IVD-Institut geht von weiteren Zinsanstiegen seitens der EZB in den kommenden Monaten aus, die Anleger auch weiterhin vor große Herausforderungen stellen. Man befindet sich derzeit noch immer in einer Phase der Preisfindung.

In den vergangenen Jahren trieb der hohe Nachfragedruck in der Landeshauptstadt sowohl die Immobilienpreise als infolgedessen auch die Wohnhausmultiplikatoren unaufhaltsam nach oben. Angesichts der deutlichen Zinsanstiege und einer erheblich gedämpften Nachfrage zeigten die Kaufpreise am Wohnimmobilienmarkt in der bayerischen Landeshauptstadt ab Herbst 2022 erstmalig nach unten. Im Frühjahr 2023 verstärkte sich dieser Abwärtstrend weiter. In einem sich verändernden Marktumfeld lagen die Wohnhausmultiplikatoren bereits im Herbst 2022 moderat im Minus. Im aktuellen Halbjahresvergleich bis Frühjahr 2023 fielen die Rückgänge mit -4,5 % (Baujahre vor 1950) bzw. mit -11,6 % (Baujahre nach 1950) nun sehr beachtlich aus.

Die Multiplikatoren für gewerbliche Anlageobjekte – also für Cityobjekte/
Handelsimmobilien, Büroobjekte sowie Logistikimmobilien – gaben im Halbjahresvergleich bis Frühjahr 2023 durchgängig spürbar nach, Im Herbst 2022 fielen die Abschläge noch moderater aus.

Unter anderem berichtete Prof. Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungsinstituts, von folgenden marktrelevanten Tendenzen:

  • Geschäftsklima leicht im Auftrieb: Der Krieg in der Ukraine, eine schwächelnde Konjunktur sowie eine anhaltend hohe Inflation dämpfen die Geschäftslage und die Geschäftserwartungen in der deutschen Wirtschaft weiterhin spürbar. Nach 84,4 Punkten jeweils im September und Oktober 2022 (Indexwerte, 2015 = 100, saisonbereinigt) ist der ifo Geschäftsklimaindex in den folgenden Monaten kontinuierlich angewachsen auf 91,1 Punkte im Februar 2023 (Februar 2022: 98,6 Indexpunkte) (ifo-Institut).
  • Verbraucherstimmung erholt sich etwas: Im Oktober 2022 zu Beginn der Heizperiode erreichte das Konsumklima in Deutschland mit -42,8 Punkten einen historischen Tiefpunkt. Zuletzt wieder gesunkene Energiepreise sorgen wieder für etwas Optimismus. Für März 2023 prognostizierte die GfK einen weiteren Anstieg des Konsumklimas gegenüber dem Vormonat um +3,3 Punkte auf nunmehr -30,5 Punkte. Trotz leichter Steigerungen verbleibt der Indikator auf niedrigem Niveau (GfK).
  • Gewerbeanmeldungen auf niedrigem Niveau: Insgesamt wurden 2022 bayernweit 113.311 Gewerbeanmeldungen registriert (-8,5 % gegenüber 2021). In der 10-Jahresbetrachtung entspricht dies dem schwächsten Ergebnis. Dem gegenüber stehen 92.948 Gewerbeabmeldungen (+1,3 %) (Statistisches Landesamt).
  • Dynamik am Arbeitsmarkt schwächt etwas ab: Im Februar 2023 lag die Arbeitslosenquote in Bayern mit 3,6 % deutlich unter dem Deutschland-Schnitt von 5,7 %. Eine schwächelnde Konjunktur sowie die Erfassung ukrainischer Kriegsflüchtlinge hat die Arbeitslosigkeit zuletzt leicht anwachsen lassen; im Vorjahresmonat betrug die Arbeitslosenquote im Freistaat 3,3 % (Bundesagentur für Arbeit).
  • Gewerbliche Baugenehmigungen rückläufig: Bayernweit wurden 2022 389 Büro- und Verwaltungsgebäude sowie 2.022 Handels- und Lagergebäude zum Bau freigegeben (Hochrechnung). Gegenüber 2021 entspricht dies Rückgängen von -2,5 % bzw. -11,3 % (Statistisches Landesamt).

* Die Büromieten in dieser Pressemitteilung werden jeweils im guten Nutzungswert dargestellt

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