PN 104 – IVD-CityReport Stuttgart: erhebliche Wertsteigerungen bei Wohnimmobilien zum Kauf

Angebotsdauer für Kaufobjekte verkürzte sich deutlich

Das Marktforschungsinstitut des Immobilienverbandes Deutschland IVD Süd e.V. hat am 19. Oktober 2021 auf einer Video-Pressekonferenz den traditionellen „CityReport Stuttgart Herbst 2021“ vorgestellt. „Seit dem Sommer 2021 mit geringen Inzidenzwerten und einer gestiegenen Impfquote in der Bevölkerung stellt COVID-19 keinen entscheidenden Einflussfaktor für die Preis- und Nachfrageentwicklung am Wohnimmobilienmarkt mehr dar“, resümiert Prof. Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungsinstituts. „Die aktuelle Marktsituation ist durch erhebliche Wertsteigerungen bei Wohnimmobilien, eine angezogene Marktdynamik und deutlich verkürzte Vermarktungszeiten geprägt.“

Wohnimmobilien zum Kauf

Wurde die Dynamik am Stuttgarter Wohnimmobilienmarkt durch strikte Corona-Beschränkungen und Lockdowns bis zum Frühjahr 2021 temporär abgeschwächt, so hat das Marktgeschehen seitdem deutlich angezogen, verstärkte Nachfrage steht hierbei einem nach wie vor kargen Angebot gegenüber.

Die gestiegene Nachfrageentwicklung lässt sich anhand der Angebotsdauer gut darstellen. Die durchschnittliche Angebotsdauer für Eigentumswohnungen verkürzte sich im 1. Halbjahr 2021 gegenüber 2020 spürbar. Wurden Eigentumswohnungen 2020 im Schnitt 9,5 Wochen zum Verkauf angeboten, so betrug die Phase im 1. Halbjahr 2021 nur 8,8 Wochen. Analog verhält es sich mit der Angebotsdauer für Häuser zum Kauf: 2020 wurde dieser Objekttyp durchschnittlich 8,7 Wochen vermarktet, im 1. Halbjahr 2021 verkürzte sich die Vermarktung auf 8,3 Wochen.

In seiner aktuellen Herbsterhebung kann das IVD-Institut ein Abflachen der Preiskurve, das im Herbst 2020 begann, nicht bestätigen. “Im Gegenteil, die Preisdynamik am Kaufmarkt hat sich beschleunigt und erreicht ein beachtliches Niveau“, so Prof. Stephan Kippes.

Für eine Eigentumswohnung/Bestand mit gutem Wohnwert wird im Herbst 2021 ein Quadratmeterpreis von durchschnittlich 5.700 € bezahlt. Für Objekte im oberen Preissegment mit bester Ausstattung werden Kaufpreise ab 11.000 €/m² aufgerufen, wobei festzuhalten ist, dass diese seit einigen Jahren eine gewisse Marktsättigung erfahren.

Für eine neuerrichtete Eigentumswohnung mit gutem Wohnwert werden im Herbst 2021 im Stadtbereich im Schnitt 9.000 €/m² bezahlt. In der Spitze bewegen sich die Kaufpreise für eine neugebaute Eigentumswohnung um die 16.500 €/m².

„Nach wie vor verzeichnet das Marktsegment der Häuser zum Kauf aufgrund des knappen Angebots wenig Dynamik, der Bauflächenmangel beherrscht weiterhin den Eigenheimbereich“, so Cornelia Traub, IVD-Vorstandsmitglied und Geschäftsführerin der Paul Traub KG Immobilien und Hausbau Traub GmbH. Der Kaufpreis für ein freistehendes Einfamilienhaus aus dem Bestand liegt in Stuttgart aktuell bei durchschnittlich 1.310.000 €. Für eine Doppelhaushälfte aus dem Bestand werden 800.000 € bezahlt (jeweils guter Wohnwert).

Der Stuttgarter Grundstücksmarkt zeichnet sich durch einen enormen Mangel an Baugrundstücken aus. Die Preise für Baugrundstücke liegen im Herbst 2021 für Einfamilienhäuser durchschnittlich bei 1.550 €/m² und für Geschossbau bei 2.040 €/m² (jeweils gute Wohnlage).

Wohnimmobilien zur Miete

Die Pandemie sorgte für eine etwas geringere Nachfrage nach Mietwohnungen im mittleren und oberen Preissegment sowie nach Häusern zur Miete, da zahlungsbereite Fachkräfte ausblieben. Ein leichtes Abflachen der Nachfrage im oberen Preissegment konnte bereits vor der COVID-19-Krise registriert werden, als Arbeitnehmer aus der Automobilindustrie zunehmend zurückhaltender agierten. Seit dem Ausbruch der Pandemie ist diese zahlungskräftige Nachfragergruppe vermehrt zurückgegangen.

„Mit dem Zurückdrängen des Coronavirus zieht die Nachfrage allmählich wieder an. Seit dem Pandemieausbruch ist eine spürbare Preissensibilität bei Objekten zu beobachten, die vom gewünschten Standard abweichen, z.B. keinen Balkon oder Aufzug aufweisen. Wurden diese vor der Corona-Krise im sogenannten Sogeffekt noch mitgezogen, finden sie derzeit schwerer Abnehmer“, Jörg Kinkel, IVD-Marktberichterstatter und Geschäftsführer der Kinkel Immobilien e.K. in Stuttgart.

Der aktuellen Erhebung des IVD-Instituts zufolge sind im Durchschnitt folgende monatliche Mieten in Stuttgart im Herbst 2021 gemessen worden: Für Altbauwohnungen müssen 15,50 €/m², für Wohnungen aus dem Bestand 15,40 €/m² und für neu errichtete Mietwohnungen 16,80 €/m² aufgebracht werden (jeweils auf den guten Wohnwert bezogen). Die Mietsteigerungen liegen im Vergleich zum Herbst 2020 mit unter +1 % im moderaten Bereich. Die Mitpreisbremse hat die Mietanstiege in Stuttgart gebremst.

Der Wohnkostenanteil am Haushaltseinkommen, d.h. der Teil des Konsumbudgets privater Haushalte, der für den Bereich Wohnen, Energie und Wohnungsinstandhaltung verwendet wird, liegt in Stuttgart aktuell bei knapp 29 %. Damit rangiert die Landeshauptstadt zusammen mit Mannheim an der Spitze des Groß- und Mittelstädtevergleichs Baden-Württembergs, was die Wohnkostenbelastung anbetrifft.

Gewerbe

Der stationäre Einzelhandelsmarkt hatte in den ersten Monaten 2021 einen Lockdown mit Konzepten von Click&Collect und Click& Meet verkraften müssen. Stationäre Retailer mussten sich strukturellen Veränderungen – in erster Linie dem Ausbau von E-Commerce – unterziehen, um die Corona-Zeit durchstehen zu können.

Dennoch treten in Stuttgart – auch in den Top-Lagen – Leerstände auf. Um diese zu vermeiden und die Innenstadt für Besucher wieder attraktiver zu machen, benötigt die Stadt mehr Kreativität und Eventcharakter. Während wechselnde innovative Concept- und Pop-up-Stores zur Zwischennutzung von Gewerbeflächen mehr Vielfalt und Abwechslung in die Innenstadtlagen bringen würden, könnte die Stadt Veranstaltungen und Events in der Innenstadt fördern, die zur Belebung der Einkaufsstraßen beitragen. Angepasste Ladenschlusszeiten würden dem Kundenwunsch entsprechen.

Die seit dem ersten Lockdown bereits gesunkenen Abschlussmieten bei Ladenlokalen sind weiterhin im Sinken, wenn auch mit abgeschwächter Dynamik.

Büros weisen vor dem Hintergrund der aktuell ungewissen Entwicklung beim Büroflächenverbrauch eine Seitwärtsbewegung auf, die Büromieten sind seit dem Pandemieausbruch tendenziell konstant geblieben. Seit Beginn der coronabedingten (Teil-)Verlagerung der Arbeitszeit ins Homeoffice herrscht eine abwartende Haltung bei den Marktakteuren, der Nachholbedarf staut sich auf. Noch ist es fraglich, inwieweit sich Homeoffice-Regelungen in der Post-Corona-Zeit etablieren werden, die einen reduzierten Büroflächenverbrauch nach sich ziehen könnten. Aktuell konzentriert sich die Nachfrage trotz des sehr knappen Angebots auf die zentralen Lagen und Top-Flächen in Stuttgart.

Im Einzelnen berichtete Prof. Stephan Kippes von folgenden marktrelevanten Tendenzen:

  • Investitionsdynamik am Immobilienmarkt in Baden-Württemberg lässt sich von Corona-Krise nicht einbremsen: Wurde im von der Pandemie geprägten Jahr 2020 mit einem Investitionsvolumen von insgesamt 45,1 Mrd. € bereits eine neue Bestmarke erzielt, so legen die Immobilienumsätze im ersten Halbjahr 2021 weiter zu (+11,2 % gegenüber dem vergleichbaren Zeitraum 2020).
  • Zinssätze stark sinkend: Im August 2021 gab die Deutsche Bundesbank einen vorläufigen durchschnittlichen Zins für grundschuldgesicherte Darlehen heraus. Bei einer Laufzeit von über 10 Jahren lag der Zinssatz im Juni 2021 bei 1,33 % (Vorjahresmonat: 1,28 %). Die Zinshöhe der Kredite mit einer Zinsbindungsdauer von 1 bis 5 Jahren lag bei 1,33 % (Vorjahresmonat: 1,59 %)
  • Arbeitslosenzahlen im Sinkflug: in Stuttgart sank die Arbeitslosenzahl und lag im August 2021 bei 17.822 Erwerbslosen. Gegenüber dem Vorjahresmonat betrug die Veränderung -15,9 %. Somit galten im August 2021 5,1 % der erwerbsfähigen Stuttgarter als arbeitslos, im August 2020 waren es noch 6,0 %. Auf Bundeslandebene wurde mit 3,9 % ebenfalls eine sinkende Arbeitslosenquote registriert (Arbeitslosenzahl fällt um -16,0 % geringer als im Vorjahresmonat).
  • Kosten für regelmäßige Instandhaltung am stärksten gestiegen: Im Vergleich zu 2015 ist der höchste Anstieg der Wohnnebenkosten für die regelmäßige Instandhaltung (+17,9 %) zu verzeichnen, gefolgt von den Kosten für die Wasserversorgung (+12,3 %) und die Müllabfuhr (+11,8 %). Die Kosten für Strom, Gas und andere Brennstoffe (+3,6 %) und für die Abwasserentsorgung (+1,7%) nahmen vergleichsweise moderat zu.

Hier erhalten Sie die PN als PDF-Datei